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Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6

Titel: Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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mich an Zeichnungen, die uns unsere Lehrerin in der dritten Klasse gezeigt hat. Zeichnungen von frühen Höhlenmenschen.«
    »Oje«, wisperte Kevin. »Habt ihr seine Hände gesehen?«
    »Ja«, erwiderte Candace. »Was ist denn mit seinen Händen?«
    »Der Daumen«, flüsterte Kevin. »Er ist anders als bei einem Schimpansen. Er ist den anderen Fingern deutlich entgegengestellt.«
    »Du hast recht«, entgegnete Melanie. »Das bedeutet, daß er unter Umständen imstande ist, gezielt zu greifen.«
    »Oh, mein Gott!« stöhnte Kevin. »Die Hinweise summieren sich. Wenn die für anatomische Veränderungen notwendigen und somit auch für den aufrechten Gang zuständigen Entwicklungsgene sich auf dem kleinen Arm von Chromosom sechs befinden, ist es absolut vorstellbar, daß auch die für die Ausprägung der Hand mit dem entgegenstellbaren Daumen zuständigen Gene sich dort befinden.«
    »Um seine Taille baumelt eine Liane«, stellte Candace fest. »Das kann ich jetzt deutlich erkennen.«
    »Laßt uns noch etwas näher herangehen«, schlug Melanie vor.
    »Ich weiß nicht«, entgegnete Kevin. »Wir sollten es nicht zu weit treiben. Es wundert mich sowieso, daß er nicht längst Reißaus genommen hat. Vielleicht sollten wir uns einfach eine Weile hier hinsetzen und ihn beobachten.«
    »Hier in der glühenden Hitze verharre ich auf keinen Fall«, weigerte sich Melanie. »Es ist nicht einmal neun Uhr. Das heißt, es wird noch viel heißer. Wenn wir uns irgendwo niederlassen und ihn beobachten wollen, sollten wir uns wenigstens ein Schattenplätzchen suchen. Unsere Provianttasche hätte ich eigentlich auch ganz gerne hier.«
    »Melanie hat recht«, stimmte Candace ihr zu.
    »Diese Antwort habe ich erwartet«, klagte Kevin. »Es hätte mich auch wirklich überrascht, wenn du einmal anderer Meinung als Melanie gewesen wärst.« Er hatte es allmählich satt, daß Candace jedem Vorschlag von Melanie zustimmte. Schließlich hatte er sich mit den beiden Frauen schon einigen Ärger eingehandelt.
    »Das ist aber nicht nett, was du da gerade gesagt hast«, sagte Candace beleidigt.
    »Tut mir leid«, entschuldigte sich Kevin. Er hatte Candace nicht verletzen wollen.
    »Ich gehe jetzt näher ran«, verkündete Melanie. »Jane Goodall hat es schließlich auch geschafft, in die unmittelbare Nähe ihrer Schimpansen zu gelangen.«
    »Stimmt«, stellte Kevin fest. »Allerdings erst, nachdem die Affen sich monatelang an sie gewöhnt hatten.«
    »Ich versuche es trotzdem«, sagte Melanie. Kevin und Candace ließen Melanie ein paar Schritte vorgehen, dann sahen sie sich an, zuckten mit den Achseln und folgten ihr.
    »Von mir aus könnt ihr auch dableiben«, flüsterte Melanie.
    »Ich gehe jetzt so nah an mein Double heran, bis ich seinen Gesichtsausdruck erkenne«, flüsterte Kevin zurück. »Ich will ihm in die Augen sehen.«
    Schweigend marschierten sie langsam und entschlossen auf den Bonobo zu. Als sie sich ihm bis auf sieben Meter genähert hatten, blieben sie wieder stehen.
    »Das ist ja wirklich unglaublich!« wisperte Melanie, ohne den Blick von dem Gesicht des Tieres abzuwenden. Daß der Bonobo überhaupt lebendig war, ließ er nur dadurch erkennen, daß er hin und wieder mit den Augen blinzelte und sich seine Nasenlöcher mit jedem Atemzug blähten.
    »Seht euch mal seinen Oberkörper an«, flüsterte Candace. »Er sieht aus, als hätte er die meiste Zeit seines Lebens im Fitneßstudio verbracht.«
    »Woher er wohl diese Narbe hat?« fragte Melanie. Über die linke Gesichtshälfte des Bonobos verlief eine dicke Narbe, die fast bis zu seinem Mund reichte. Kevin beugte sich ein wenig vor und starrte dem Tier in die Augen. Sie waren braun, genau wie seine eigenen. Da der Bonobo mit dem Gesicht zur Sonne stand, waren seine Pupillen klein wie Stecknadelköpfe. Krampfhaft suchte Kevin in den Augen des Tieres nach irgendeinem Hinweis auf Intelligenz, doch er konnte kein eindeutiges Zeichen erkennen. Ohne die geringste Vorwarnung klatschte der Bonobo plötzlich so kräftig in die Hände, daß vom Waldrand ein Echo widerhallte. Dazu brüllte er: »Atah!«
    Kevin, Melanie und Candace fuhren vor Entsetzen zusammen. Sie hatten allenfalls befürchtet, daß der Bonobo jeden Augenblick die Flucht ergreifen würde; daß er sie womöglich attackieren würde, hatten sie nicht im Traum in Erwägung gezogen. Sein ungestümes und heftiges Händeklatschen und sein wilder Schrei hatten sie in helle Panik versetzt. Sie fürchteten, daß das Tier jeden Moment auf

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