Montgomery u Stapleton 06 - Crisis
gut, dass es jemand war, der seinen Zeitplan für den Abend völlig über den Haufen werfen konnte.
Jack zog das Handy aus der Gürtelhalterung und sah auf das Display. Genau wie er befürchtet hatte, war es Allen Eisenberg. Allen war einer der Assistenzärzte aus der Pathologie, die vom rechtsmedizinischen Institut dafür bezahlt wurden, sich nach Dienstschluss um diejenigen Routinefälle zu kümmern, bei denen der diensthabende forensische Ermittler der Ansicht war, dass ein Arzt hinzugezogen werden sollte. Wenn sich der Assistenzarzt mit dem Problem überfordert fühlte, rief er den Rechtsmediziner an, der gerade Bereitschaft hatte. Und an diesem Abend war das Jack.
»Tut mir leid, dass ich Sie anrufen muss, Dr. Stapleton«, sagte Allen, und seine Stimme klang jammernd und kratzig.
»Was gibt es denn?«
»Einen Selbstmord, Sir.«
»Na und, wo ist das Problem? Könnt ihr das nicht alleine erledigen?« Jack kannte Allen nicht besonders gut, wohl aber Steve Marriott, den forensischen Ermittler der Abendschicht, und Steve hatte genügend Erfahrung.
»Es ist ein heikler Fall, Sir. Die Verstorbene ist die Frau oder Freundin eines iranischen Diplomaten. Er brüllt hier schon die ganze Zeit rum und droht damit, den iranischen Botschafter anzurufen. Mr Marriott hat mich als Unterstützung gerufen, aber ich habe das Gefühl, ich stecke bis zum Hals im Schlamassel.«
Jack antwortete nicht. Es war unausweichlich. Er würde zum Schauplatz des Geschehens fahren müssen. Solche brisanten Fälle zogen unweigerlich politische Verwicklungen nach sich, und das war der Teil seines Berufs, den Jack hasste. Er hatte keine Ahnung, ob er es schaffen würde, zu Allen und Steve zu fahren und trotzdem noch um acht im Restaurant zu sein, was sein Unbehagen zusätzlich steigerte.
»Sind Sie noch da, Dr. Stapleton?«
»Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, schon«, erwiderte Jack.
»Ich dachte, wir wären vielleicht unterbrochen worden«, sagte Allen. »Wie auch immer, wir sind hier in den United Nations Towers an der 47th Street, Apartment 54-J.«
»Hat jemand die Leiche bewegt oder angefasst?« Jack zog seine braune Cordjacke an und klopfte dabei unbewusst sacht auf den viereckigen Gegenstand in seiner rechten Tasche.
»Ich und der forensische Ermittler nicht.«
»Was ist mit der Polizei?« Jack ging den Flur entlang auf die Fahrstühle zu. Der Gang war menschenleer.
»Ich glaube nicht, aber ich habe noch nicht gefragt.«
»Und was ist mit ihrem Mann oder Freund?«
»Da sollten Sie die Polizei fragen. Der zuständige Detective steht gerade neben mir und will mit Ihnen reden.«
»Dann geben Sie ihn mir!«
»Hey, Kumpel!«, dröhnte eine laute Stimme, die ihn zwang, das Handy vom Ohr wegzuhalten. »Schwing deinen Arsch hier rüber!«
Jack erkannte die raue Stimme von Detective Lieutenant Lou Soldano von der Mordkommission der New Yorker Polizei, mit dem er seit zehn Jahren befreundet war. Lou kannte er fast genauso lange wie Laurie. Sie war es gewesen, die sie einander vorgestellt hatte.
»Das hätte ich mir ja denken können, dass du dahintersteckst!«, beklagte sich Jack. »Ich hoffe, du hast nicht vergessen, dass wir um acht bei Elio’s sein sollen.«
»Hey, ich such die Termine für solchen Mist auch nicht aus. Wenn es passiert, dann passiert’s eben.«
»Was machst du überhaupt bei einem Selbstmord? Glaubt ihr etwa, es könnte etwas anderes sein?«
»Teufel noch mal, nein! Es ist eindeutig Selbstmord, mit einer Schusswunde durch eine aufgesetzte Waffe an der rechten Schläfe. Ich bin nur auf besonderen Wunsch meines geliebten Captains hier, in Anbetracht der beteiligten Personen und des Wirbels, den sie womöglich veranstalten könnten. Kommst du jetzt endlich, oder was?«
»Bin schon unterwegs. Ist die Leiche bewegt oder angefasst worden?«
»Nicht von uns.«
»Wer schreit denn da so im Hintergrund?«
»Das ist der Diplomat. Ihr Mann oder Freund, das haben wir noch nicht geklärt. Nur ein kleiner Wichtigtuer, aber ziemlich krakeelig, und wenn ich ihn so sehe, weiß ich den still vor sich hin trauernden Typ so langsam echt zu schätzen. Seit wir hier angekommen sind, brüllt er ununterbrochen und versucht uns herumzukommandieren, als wäre er Napoleon.«
»Was hat er denn für ein Problem?«, fragte Jack.
»Er will, dass wir seine nackte Frau oder Freundin zudecken, und ist stinksauer, weil wir darauf bestehen, nichts zu verändern, bis ihr euch den Schauplatz angesehen habt.«
»Moment mal!«, hakte
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