Monty Vampir
wir dich allein lassen können?«, fragte seine Mutter.
»Ich bin doch nicht allein. Lu…« Er biss sich auf die Zunge. Beinahe hätte er doch tatsächlich verraten, wen er erwartete! »Lu…stig ist es auch, mit Taranta zu spielen oder Großvater zu besuchen«, erklärte er schnell.
Seine Mutter sah alles andere als überzeugt aus, aber sein Vater zog sie einfach mit sich. »Komm schon, Jolande, die Nacht ist kurz«, sagte er und bleckte lächelnd seine strahlend weißen Zähne.
Monty atmete erleichtert auf, als seine Eltern endlich Hand in Hand aus dem offenen Fenster ins Dunkel flogen. Er musste sich beeilen. Er war schon spät dran. Das fehlte noch, dass Luzi in dieser grusligen Gegend ohne ihn herumirrte.
Als er die Treppe hinablief, hörte er plötzlich ein Knurren und blieb erschrocken stehen. Hatte sich ein Hund hierher verlaufen? Manchmal kamen ahnungslose Menschen an der Fabrik vorbei, um mit ihren Vierbeinern Gassi zu gehen. Das Knurren grollte noch einmal durchs Haus und es klang eindeutig nicht nach einem Dackel.
Monty beugte sich über das Treppengeländer und sah zwei funkelnde, gelbe Augen, die lauernd zu ihm hinaufstarrten. Schnell zog er sich zurück. Ein Wolf? Aber wie sollte ein Wolf …
Plötzlich hörte er Stimmen. Natürlich! Da hätte er ja auch gleich draufkommen können. Sein Bruder kam mit seiner Freundin nach Hause. So kurz nach Vollmond war sie wahrscheinlich noch mehr Wolf als Mensch. Eigentlich hatte er keine Lust, seinem Bruder jetzt zu begegnen, aber ihm fehlte die Zeit für den längeren Weg durch den Hinterausgang. Und außerdem hatte das Wolfsmädchen ihn gesehen. Monty rannte wie selbstverständlich die Stufen hinab.
»Hi«, sagte er zu Morenound seiner Begleiterin, als wäre nichts. Er gab sich Mühe, das Mädchen nicht neugierig anzustarren, trotzdem sah er, dass sie Haare wie Fell hatte und ihre Augenbrauen zusammengewachsen waren. Es kam ihm vor, als würde sie mit ihrem Raubtierblick prüfen, ob er eine lohnende Beute wäre.
»Monty, was machst du denn hier?«, fragte Moreno verblüfft.
»Sport«, antwortete Monty knapp. »Ich trainiere für die Vampirolympiade.«
»Aso«, sagte sein Bruder, der manchmal so redete, wie er im Internet chattete, »dann wollen wir dich nicht länger aufhalten.«
»Willst du mich nicht vorstellen?«, knurrte seine Freundin da aber. Sie schob sich dicht an Monty heran und schnupperte an ihm. Hoffentlich sprang sie ihn nicht noch an.
»Klaro, Schatz. Das ist mein Bruder und tja, das ist Ilva Zenta Victoria von Reptilantus.«
Monty biss sich auf die Zunge, um nicht laut zu prusten. Eine Werwölfin mit einem Reptiliennamen. So jemand konnte sich auch nur sein Bruder anlachen.
»Und äh … wir möchten übrigens nicht gestört werden.«
»Geht klar«, sagte Monty lässig und rannte jetzt so schnell er konnte die Treppe hinab.
Natürlich war der Bus schon weg. Und Luzi stand nicht an der Haltestelle und wartete auf ihn. Verdammter Riesenmodder! Gerade wollte er kehrtmachen, als er eine Bewegung im dichten Gestrüpp wahrnahm. War ihm die Werwölfin etwa gefolgt? Vielleicht hatte sie ja gerochen, dass er ein Mensch war? Das fehlte ihm noch, dass sie ihn biss und in ein Raubtier verwandelte! Plötzlich sprang etwas mit einem schnellen Satz auf ihn zu und er schrie erschrocken auf.
»Waaa!«, machte Luzi und lachte.
Monty legte die Hand auf die Brust und spürte sein wummerndes Herz.
»Mensch!«, stieß er keuchend hervor.
»Selber!«, rief Luzi übermütig. »Los, nun zeig mir dein Schloss und deine blutgierige Verwandtschaft!«
»Na ja, ein Schloss ist es nicht direkt«, murmelte Monty, aber eigentlich wusste Luzi schon Bescheid. Er hatte ihr bereits einiges über sein Zuhause erzählt.
Sie grinste ihn nur an und warf ihm etwas zu. »Hier, für dich!«
Monty drehte den rosafarbenen Samtstoff ratlos in den Händen.
»Was ist das?«
»Na, das Luzi-Kleid, das du gleich tragen wirst!«
Auch das noch! Monty unterdrückte gerade so ein Stöhnen. Ihm blieb auch wirklich nichts erspart!
Graf Aurelius
Das Kellergewölbe, in dem Graf Aurelius hauste, war der grusligste Ort in der ganzen Fabrik. Es wimmelte nur so von Ungeziefer und Ratten, die so hungrig waren, dass sie sogar an den ältesten Särgen nagten. Kein noch so schwacher Lichtschein drang in die Finsternis und man konnte die Hand kaum vor Augen sehen, jedenfalls nicht, wenn man ein Mensch war.
Zum Glück hatte Monty seine Fähigkeit, im Dunkeln zu sehen, behalten, und so
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