Monument 14: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
war eigentlich ganz lustig, aber jetzt sagten wir nicht mal mehr Hi, wenn wir uns sahen.
Fragt mich nicht warum. Die Highschool veränderte die Leute irgendwie.
Der Einzige, der mich überhaupt wahrgenommen hatte, schien Niko Mills zu sein. Niko beugte sich rüber und zeigte auf meinen Schuh. Er sagte nichts – dafür war er wohl zu cool –, er zeigte nur. Und er hatte recht: Meine Schnürsenkel waren offen. Ich band den Schuh neu und bedankte mich, doch dann schob ich mir sofort die Ohrstöpsel rein und konzentrierte mich auf mein Minitablet. Ich hatte Niko nichts zu sagen und er mir offenbar auch nicht. Sonst hätte er nicht so auf meinen Schuh gedeutet.
Soweit ich wusste, wohnte Niko mit seinem Großvater in einem Blockhaus am Fuß des Mount Herman. Die beiden jagten sich ihr Essen selbst und hatten keinen Strom, und als Klopapier benutzten sie wild wachsende Pilze. Oder so ähnlich.
In der Schule wurde Niko nur » tapferer Jägersmann « genannt, und der Spitzname passte wirklich wunderbar zu seiner perfekten Haltung, seiner dünnen, drahtigen Statur und seiner ganzen Kombination aus brauner Haut, braunen Augen und braunem Haar. Niko hatte etwas Steifes, Stolzes an sich – wie die meisten Leute, mit denen keiner redet.
Ich ignorierte den tapferen Jägersmann und versuchte, mein Minitab hochzufahren. Aber das Teil war tot, was echt seltsam war. Ich hatte es gerade erst vom Ladedock geholt, bevor ich aus dem Haus ging.
Da hörte ich ein leises Geräusch: Dingdingding . Ich nahm die Ohrstöpsel raus und lauschte auf die kleinen Dings . Sie klangen wie Regen, nur metallischer.
Plötzlich verwandelten sich die Dings in DINGS , aus den DINGS wurde Mr. Reeds Schrei: » Verdammte Scheiße! « , und im nächsten Moment dellte sich das Dach ein – WUMM, WUMM, WUMM . Spinnennetzartige Risse schossen durch die Windschutzscheibe. Mit jedem WUMM verwandelte sich die Scheibe wie bei einer Diashow. Je mehr Risse durchs Glas zuckten, desto undurchsichtiger wurde sie.
Ich blickte aus dem Seitenfenster.
Hagelkörner prasselten auf den Asphalt, in allen Größen, von winzig klein bis das-kann-doch-kein-Hagel-mehr-sein.
Autos rutschten über die komplette Straße. Doch im Gegensatz zu den anderen Fahrern stieg Mr. Reed nicht auf die Bremse, sondern aufs Gas. Er war ein geborener Raser.
Unser Bus schlingerte über eine Kreuzung, quer über den Mittelstreifen und auf den Parkplatz des Greenway-Superstores. Der war noch ziemlich leer, weil es gerade mal Viertel nach sieben oder so war.
Als ich mich umdrehte, nach hinten, zu Astrid, schaltete die Welt gleichzeitig auf Zeitlupe und Zeitraffer. Der Bus schlitterte auf dem Eis, brach seitlich aus und geriet ins Schleudern, immer schneller und schneller, bis es mir den Magen in den Hals drückte. Ungefähr drei Sekunden lang wurde mein Rücken gegen das Fenster gepresst wie in einem heftigen Karussell, dann krachten wir gegen eine Straßenlaterne. Ein grässliches metallisches Knirschen.
Ich wollte mich noch an die Lehne vor mir klammern, aber da schmiss es mich schon durch die Luft. Auch ein paar andere flogen durch die Gegend. Ich hörte keine Schreie. Nur Grunzlaute und ab und zu einen dumpfen Aufprall.
Obwohl es mich seitlich weggeschleudert hatte, knallte ich gegen das Dach. Wie war das möglich? Kurz darauf kapierte ich es – der Bus war umgekippt. Er kreischte auf der Seite über den Asphalt. Und kam bebend zum Stillstand.
Der Hagel, der bisher das Dach gnadenlos eingedellt hatte, dellte jetzt uns gnadenlos ein.
Denn jetzt lag der Bus auf der Seite, und die Fensterreihe über uns hämmerte der Hagel sofort durch. Viele meiner Mitschüler wurden zugleich vom Hagel und vom Scherbenregen getroffen.
Aber ich hatte Glück. In meiner Nähe hatte sich ein Sitz gelöst, den ich über meinen Kopf zerren konnte wie ein kleines Dach.
Es hagelte Eisklumpen in allen Größen. Manche waren klein und rund wie Murmeln, manche waren riesige knollige Teile, in denen Kies und anderes graues Zeug steckten.
Überall wurde geschrien und gebrüllt. Jeder versuchte, sich möglichst schnell unter einem lockeren Sitz zu verkriechen oder aufzustehen und sich an die Wand zu pressen, also ans ehemalige Dach.
Ein Lärm, als wären wir in einem Sturzbach aus Steinen und Felsblöcken gefangen. Das Hämmern nahm kein Ende. Als würde jemand mit einem Baseballschläger auf den Sitz über meinem Kopf einprügeln.
Ich beugte mich noch weiter vor, um aus den Überresten der Windschutzscheibe zu
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