Moonshadow - Das Schwert des grauen Lichts
Lehrer Mantis allein gegen sie kämpfen und sie besiegen können. Beinahe musste er lächeln. Aber natürlich wäre Mantis’ Rat jetzt gewesen, auf alle Fälle Ärger zu vermeiden: Schlage einen sanften Ton an und zeige Geduld.
»Zeige Bescheidenheit und Repekt, auch wenn sie das Gegenüber nicht verdient«, hatte Mantis ihm viele Male gesagt. »Denn so zügelst du die Wut, selbst bei heißspornigen Jugendlichen … wie dir!« Er stellte sich die scharfen, aber melancholischen Augen seines Schwertkampflehrers vor und nickte.
Er blickte auf die Straße, die vor ihm lag. Keine Spur von seinem unerwünschten Leibwächter, der sicher noch eine Weile seinen Teerausch ausschlafen würde. Moon gelobte, sich in Zukunft vor Fremden noch mehr in Acht zu nehmen, um seine Mission vor allen Verzögerungen oder Ablenkungen zu schützen. Seine Anweisungen waren schließlich einfach und dringender Natur: Begib dich in das Versteck von Siberwolf. Finde und stiehl die Pläne, die er gerade erworben hat, Plä ne für ei nen neuen Waffentyp, und neutralisiere so ihre Gefahr für den Shogun. Er ging auf die Schranke zu und griff nach den Papieren in seiner Jacke.
»Halt!«, brüllte eine raue Stimme. Moon hörte, wie ein Schwert aus der Scheide gezogen wurde, und blieb stehen. Er schloss die Augen, wie jeder verschreckte Pilgerjunge es getan hätte. Eine Schneide zischte zu seiner Rechten durch die Luft, und er fühlte, wie sich die Schwertspitze seinem Hals näherte. Er konnte den Wächter, der das Schwert hielt, und einen zweiten in seinem Rücken spüren. Ein dritter Kämpfer, der sein Schwert halb herauszog und dabei viel Getöse machte, stand zu seiner Linken.
»Wir sagen dir, wann und wie du deine Papiere herausholst!
Verstanden, Junge?«, donnerte der Samurai hinter ihm.
»Ja, Sir«, nickte Moon schnell. Er öffnete ein Auge.
Der Wachmann rechts zog langsam sein Schwert zurück und steckte es wieder in seine Scheide. »Dann lass mal sehen!«, grunzte er. »Nur mit der linken Hand.« Moonshadow befolgte den Befehl und zog langsam seine Ausweispapiere aus der Jacke. Jeder der Wachposten prüfte das Dokument sorgfältig, las die Beschreibung des jungen Pilgers und musterte ihn daraufhin, um zu prüfen, ob sie übereinstimmten.
»Hmm. Ich denke, er ist es. Alles scheint in Ordnung zu sein«, sagte ein Wächter lässig. Er starrte Moon zornig an. »Aber ich hasse fromme Bettler. Lasst ihn uns trotzdem umbringen.« Die anderen nickten.
Moon dachte blitzschnell nach, während er den Blick in dem versteinerten Gesicht des Mannes erwiderte. Diese Wächter waren verrückt! Wenn sie auf ihn losgingen, musste er den nächsten angreifen und dann los rennen. Viel leicht würden sie ihn in Ruhe lassen, wenn er um Gnade flehte? Er versuchte, verletzlich auszusehen. »Aber, Sirs, bitte, ich habe doch nichts getan!«
»Ach ja«, grinste der mit dem Steingesicht plötzlich. »Das stimmt ja.« Er sah sich um und kicherte hämisch. »Wie sind noch mal die Regeln? Oh ja, jetzt hab ich’s. Wir sollen nur die Schuldigen umbringen! Ich fürchte, wir müssen ihn doch am Leben lassen.«
Er schlug sich auf den Oberschenkel und gab ein hohes Gackern von sich.
Die anderen Wächter lachten auch. Einer schlug Moon auf den Rücken. »Hast du sein Gesicht gesehen? Warum sind diese Pilger alle so leichtgläubig?« Er schnaubte, dann brach er in schallendes Gelächter aus. Er lachte so ekelerregend durch die Nase, dass Moon am liebsten auf ihn losgegangen wäre.
»Es ist, weil er noch ein Kind ist«, gähnte der dritte Samurai, der jetzt offensichtlich das Spiel leid war. Er stopfte Moon die Papiere in die Hand und winkte ihn durch das Tor. »Geh nur, hei liger Knabe, mach, dass du wegkommst! Mögen die Götter dir helfen, es bis zum See zu schaffen. Die Banditen treiben es hier bunt diesen Monat.«
Moon machte sich hügelabwärts davon und grummelte wütend vor sich hin. Er hasste es, wenn man ihn leichtgläubig nannte, wahrscheinlich weil das eine Lieblingsspöttelei von Groundspider war. Einen schönen Sinn für Humor hatten diese Wachen! Ohne die Weis heit von Eag le und Mantis hätte er schon zwei mal überreagiert, gleich an sei nem ersten Tag auf der Straße, und die ganze Mission verdorben. Aber warum fin gen alle immer wieder von den Banditen an? Wie der Ro nin, den er hat te betäuben müssen, hatten doch auch diese Wachen sicher gelogen und ihn nur aufgezogen.
Dann richtete sich sein Blick nach vorn und erfasste die Landstraße. Über ihm
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