Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Moonshadow - Das Schwert des grauen Lichts

Titel: Moonshadow - Das Schwert des grauen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Higgins
Vom Netzwerk:
trafen sich die Baumwipfel und bildeten ein natürliches Gewölbe. Der Wald darunter war der bisher dunkelste Wegabschnitt.
Eine weiße Steinmarkierung am Straßenrand weckte seine Aufmerksamkeit. Er blieb stehen, als er bei ihr angekommen war, und kniete sich hin, um die In schrift unter der dicken grünen Moosschicht zu lesen.
    Es handelte sich um eine Liste von Namen, anscheinend mehrere Mitglieder einer Familie. Unten auf einer Seite des klei nen Mahnmals stand, dass sie alle ermordet worden waren.
    Von Banditen. In diesem Wald.
    Er stand auf, den Blick fest auf das Monument gerichtet. Die Inschrift war erst ein paar Wochen alt. Moon lief weiter den Berg hinab und blickte in den Baldachin aus Blättern. Er wandte seinen Kopf nach links, dann nach rechts, und lauschte.
    Es stimmte. Plötzlich hatten alle Vögel des Waldes zu singen aufgehört.

SECHS
    WALDR ÄUBER
    Hundert Schritte weiter bergab drückte sich an einer Spitzkehre eine große Gruppe Bauern aneinander.
    Moon beobachtete sie genau. Es waren rund zwei Dutzend Männer und Frauen, in ungefähr gleicher Anzahl. Vielleicht kamen sie aus demselben Dorf oder wenigstens aus derselben Gegend; es gab alles, von alten, gebeugten Eheleuten bis zu einer Handvoll Jugendlicher.
    Sie drückten sich aneinander, Rücken an Rücken, Schulter an Schulter. Die Bauern schielten in die Baumwipfel, genau so wie Moon es getan hatte. Die bedrohliche Stille des Waldes hielt an. Eine ältere Frau drängte die Gruppe mit geflüsterten Worten, sich still zu verhalten und Ruhe zu bewahren.
    Moon zog das Kinnband seines Strohhutes fester. Er legte einen Zahn zu, um zu der Gruppe Reisender aufzuschließen, aber als er unter dem vollkommen dunklen Gewölbe weiterlief, überlegte er sich diesen Schritt noch einmal.
    Was genau wollte er tun, wenn er diese Leute erreichte? Von ihm wurde erwartet, dass er in Fushumi unerkannt blieb und nicht von Feinden des Shoguns entdeckt wurde. Und jetzt erwischte er sich bei dem,
was Spione einen offenen Kampf nannten - seine Fähigkeiten in der Öffentlichkeit zu nutzen -, und das war strengstens verboten, es sei denn, ihm blieb keine andere Wahl.
    Was könnte er diesen armen Bauern schon nutzen? Er war nicht verpflichtet, sie zu beschützen. Tatsache war, dass er, sollten sie angegriffen werden, ihnen gar nicht helfen durfte.
    Von ihm wurde erwartet, dass er den einfachen Weg wählte: Flucht. Was mit diesen wehrlosen Leuten passierte, war schlichtweg nicht sein Problem. Vielmehr halfen sie ihm, indem sie die Aufmerksamkeit der Banditen auf sich zogen, während er sich davonmachen konnte. Im Ver lauf des Chaos, wenn die Banditen ihre Opfer ausraubten oder sie als Sklaven verschleppten, konnte er durch den Wald verschwinden und seine Mission verfolgen. Warum zog er es überhaupt in Erwägung, ihnen zu helfen? Hatten Mantis und seine endlosen Grundsätze über Buddhas Mitgefühl seine Sinne verwirrt?
    In dem Versuch, sich selbst zu überzeugen, sagte er laut: »Nicht mein Problem.«
    Als er sich der Gruppe näherte, blickte Moon auf und sah ein vertrautes Gesicht.
    Sie war es.
    In den großen Augen des Bauernmädchens leuchtete freudiges Wiedererkennen auf. Er blin zelte, als er noch einmal bemerkte, wie hübsch sie war. Und wieder wurde er rot.
    Moon war noch zehn Schrit te von dem Mädchen entfernt, als der erste Reiter aus dem Dickicht hervorbrach.
Die Bauern drängten sich erschrocken zusammen. Der Boden grollte. Zweige knackten, Ästchen brachen und flogen in die Luft, als noch drei Reiter aus ihren Verstecken hervorstürzten. Moon drehte sich ein mal um sei ne eigene Achse, um die Angreifer zu mustern. Zwei waren Bogenschützen, die anderen Speerwerfer. Alle vier Briganten trugen Rüstungen, aber bei kei nem von ih nen passten die Teile zusammen. Höchstwahrscheinlich hatten sie sie von Toten auf irgendeinem Schlachtfeld gestohlen. Während sie um die schreienden, betenden Bauern herumritten, schienen die Reiter wie aus zufälligen bunten Schilden zusammengesetzt.
    Während die anderen sich aneinanderdrängten, stand das Mädchen gerade da, hielt ih ren Stock wie ein Schwert und blickte die Reiter mit kalter Verachtung an. Moon schüttelte den Kopf. Er bedeutete ihr, sich der Grup pe anzuschließen. Sie ig norierte ihn. Ohne nachzudenken, lief er auf sie zu. Im selben Moment wurde einer der Reiter langsamer, unterbrach das Kreisen und trottete auf das Mädchen zu.
    Moon zögerte. Seine Gedanken überschlugen sich.
    Seine Mission … halte sie

Weitere Kostenlose Bücher