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Moorehawke 02 - Geisterpfade

Moorehawke 02 - Geisterpfade

Titel: Moorehawke 02 - Geisterpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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kindisches Betragen um Verzeihung bitten. Wo ich herkomme, sind Frauen sehr … sehr zurückgezogen. Ich bin an solche Offenheit nicht gewöhnt. Ich benötige Euren Tee nicht, Hallvor, aber ich danke Euch sehr für Eure Güte. Allerdings würde ich gern zum Fluss gehen und einige Dinge auswaschen. Sollten die Frauen in diese Richtung gehen, würde ich sie gern begleiten. Ich könnte Euch helfen, Nahrung zu sammeln, und Ihr könntet mir Gesellschaft und Schutz bieten.«
    Christopher übersetzte ruhig, und Hallvor nickte, die ernste Miene warm und verständnisvoll. Mit einem Schlag wurde Wynter bewusst, dass sich ihr Vater unter solchen Umständen – wenn keine gemeinsame Sprache zur Verfügung stand – ganz genauso verhalten hätte. Wie Hallvor den Blick unablässig auf Wynter gerichtet hielt statt auf den Übersetzer, wie sie als Einleitung zu ihrem Gespräch eine Gemeinsamkeit gesucht hatte, ihre Geduld – all das hatte Wynter schon erlebt, wenn Lorcan im Norden seine Verhandlungen im Namen des Königs führte. Wynter musste feststellen, dass diese sehnige Frau – schmutzig und schweißbedeckt, die Arme mit Dreck beschmiert – eine umsichtigere und behutsamere Botschafterin war, als sie ihr jemals zugetraut hätte.
    Sobald Christopher geendet hatte, verneigte sich Hallvor abermals und erklärte Wynter, dass sie vorhatte, in Kürze zum Fluss zu gehen. Wynter nickte, und die Heilerin kehrte zu ihren eigenen Leuten zurück, nicht ohne Christopher im Gehen auf die Schulter zu klopfen.
    Christopher blickte ihr nach, dann rieb er sich erschöpft mit den Händen über das schmale Gesicht. Unter dem Schatten ihres Huts hervor musterte Wynter ihn bedächtig. Sein blasser Körper war immer noch mit blauen Flecken übersät, die Augen angeschwollen vor Schlafmangel. Dankbar dachte sie an Úlfnaors Beharren, die Feuer anzuzünden. Heute Nacht täte es Christopher gut, behaglich in ihrem flackernden Schein zu sitzen und, bitte lieber Gott! , mit vollem Bauch schlafen zu gehen.
    Als spürte er ihren Blick im Rücken, drehte sich Christopher zu ihr um.
    »Wie geht es dir?«, fragte sie sanft.
    Er beäugte sie. »Sind wir wieder Freunde?«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich denke schon«, befand sie, »in Ermangelung eines besseren Kandidaten.«
    Christopher verdrehte die Augen, und Wynter musste grinsen – sie fand die ganze Angelegenheit plötzlich erheiternd.
    »Du bist ein elender Plagegeist, Frau«, sagte Christopher, wider Willen lächelnd. »Ich weiß nie, was unter diesen roten Haaren eigentlich vorgeht.«
    Wynter sah an ihm vorbei zu den Merronern, und Christopher folgte ihrem Blick. Die Männer hatten sich ihre Langbogen über die Schultern geschlungen und banden sich das Haar zurück.
    »Ich sollte wohl besser gehen«, meinte er und bückte sich nach seiner Armbrust und dem Köcher. »Ich soll sie auf die Jagd begleiten.«

    Wynter hob ihrerseits ihr Waschzeug und das Leinen auf. »Und ich schließe mich artig unseren mörderischen Schwestern an.« Bei diesen Worten sah sie ihn geradeheraus an, und er nickte. Er verstand, dass nichts vergessen war.
    Mit einem misstrauischen Seitenblick auf Razi schlang sich Christopher den Köcher über den Rücken und schulterte seinen Bogen. Wynter rechnete mit Razis Widerstand dagegen, dass sie sich trennten, mit Einspruch dagegen, den Merronern offen Vertrauen zu zeigen. Doch er stand nur reglos neben seinem Pferd, die Striegel locker in der Hand, die Miene undurchdringlich.
    »Úlfnaor hat es nicht leicht mit seinen Leuten«, sagte Christopher da sehr ruhig. »Sie glauben, dass man dir nicht trauen kann, Razi. Sie glauben, du wirst uns die Kehlen aufschlitzen, sobald sich die Gelegenheit dazu ergibt, Shirkens Papiere stehlen und damit das Weite suchen. Sie glauben, du wirst sie an die Kavallerie verraten und Úlfnaor dann foltern lassen, bis er den Prinzen ausliefert.«
    Razis dunkle Augen verengten sich leicht, und seine Mundwinkel wölbten sich kaum merklich nach oben. Beim Anblick des Glitzerns in seinen Augen musste Wynter schlucken; sie argwöhnte, dass sich die Merroner in der Einschätzung seiner Absichten nicht sonderlich im Irrtum befanden. Sobald der Königssohn keine Verwendung mehr für sie hätte, würden die Merroner, vermutete Wynter, rasch die wahre Tiefe seines Zorns kennenlernen.
    Christopher war kein Narr, auch ihm musste das bewusst sein; dennoch sprach er weiter. »Dass Úlfnaor dich hier mit Sólmundr und den Dokumenten allein lässt, soll sein Vertrauen

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