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Moorehawke 02 - Geisterpfade

Moorehawke 02 - Geisterpfade

Titel: Moorehawke 02 - Geisterpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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voran, und Razi bildete das Schlusslicht.
    Christopher war sehr still – vielleicht hatte er ein schlechtes Gewissen, weil er die Schenke vorgeschlagen hatte. Verbissen schaukelte er voran, vornübergebeugt im Sattel sitzend, umschwirrt von einer Wolke schwarzer Insekten. Unzählige Fliegen ließen sich auf seinen Schultern und seinem Ranzen nieder, krabbelten ihm träge über den Rücken. Sein Pferd schlug gereizt mit dem Schwanz auf das zusammengerollte Bettzeug und die Satteltaschen. Wynter wusste, dass es hinter ihrem Rücken vermutlich genauso aussah; unwillkürlich
zuckten ihre Schulterblätter. Christopher setzte sich im Sattel um, sein Reisegürtel rutschte auf die Hüften, das Messer schob er in eine bequemere Position.
    Da legte Wynter plötzlich den Kopf schief. »Ich stelle gerade fest, meine Herren«, sagte sie laut, »dass ihr beide im Vergleich zu eurer Abreise aus dem Schloss mit sehr leichtem Gepäck unterwegs seid. Wo sind eure Habseligkeiten?«
    Christopher drehte sich zu ihr um. »Ich habe meine ganzen Sachen bei diesem al-Attar in der Stadt gelassen«, erklärte er. »Wir haben uns im Wald getroffen, und er hat mir alles abgenommen. Razi? Er passt doch gut darauf auf, oder? Er lässt die Truhe meines Vaters ja wohl nicht im Feuchten stehen oder so etwas?« Razi musste eine beschwichtigende Geste gemacht haben, denn Christopher hob wenig überzeugt das Kinn und wandte sich wieder nach vorn.
    »Welcher Attar?«, wollte Wynter wissen. »Jahm? Meint er Jahm al-Attar?« Sie drehte den Kopf nach hinten zu Razi, der nickte und die Fliegen verscheuchte, die sein halb bedecktes Gesicht umschwärmten.
    »Genau«, sagte er.
    Zweifelnd runzelte Wynter die Stirn. Jahm al-Attar war der Schlossapotheker. Er war ein enger Freund von Razis Lehrer St. James gewesen, und sowohl Lorcan als auch Razi hielten ihn für einen Mann von edler Gesinnung. Dennoch war sie überrascht, dass Razi überhaupt einem Menschen genug vertraut hatte, um ihn in seine Pläne einzuweihen.
    »Und inzwischen«, fuhr Razi verschmitzt fort, »sorgt Shuqayr ibn-Jahm dafür, dass meine blaue Robe ohne allzu viele Risse und Flecke nach Padua gelangt.«
    Es dauerte einen Augenblick, bis Wynter begriff, doch dann riss sie heftig an Ozkars Zügeln und drehte sich mit großen Augen zu Razi um. Grinsend brachte auch er sein
tänzelndes Pferd zum Stehen. Wynter hörte Christopher vor sich hin schnaufen, als er ebenfalls anhielt.
    Shuqayr! Der älteste Sohn des Apothekers! Aber natürlich, er war in Razis Alter, hatte genau seine Größe und auch die schlanke Statur.
    »Razi.« Man hörte Wynter an, wie erschrocken sie über die Gefahr war, in die sich alle begeben hatten. »Das warst gar nicht du auf deinem Pferd, oder? Das war Shuqayr, in deinen Kleidern.«
    Lachend nickte Razi. »Ich bin einfach auf meinen eigenen zwei Beinen mit Umm-Shuqayr Muhayya, ihren Töchtern und den anderen Söhnen aus dem Schloss spaziert. Den Wachposten habe ich Shuqayrs Papiere gezeigt und bin dann unbeschwert in den Wald marschiert.« Unversehens verlor sich die Heiterkeit aus Razis Blick, Besorgnis nahm ihren Platz ein. »Ich hoffe nur, dass Simon gut auf ihn achtgibt«, sagte er leise. »Es ist eine lange Reise. Was, wenn …«
    »Razi, wie in drei Teufels Namen soll Shuqayr es schaffen, Simon den ganzen Weg lang zum Narren zu h… Ach so.« Kalte Erkenntnis dämmerte in ihr herauf. »Simon weiß Bescheid.«
    Erneut nickte Razi, und Wynter ärgerte sich plötzlich darüber, wie viele Menschen er ins Vertrauen gezogen hatte, während sie selbst und Lorcan im Dunkeln gelassen wurden. » Simon , Razi?«, rief sie unwillkürlich. »Du hast Simon eingeweiht, nicht aber …« Sie biss sich auf die Lippe und wandte den Blick kurz gen Himmel. Nein. Diesen Streit würde sie jetzt nicht vom Zaun brechen. Das Gleiche könnte man auch ihr vorwerfen. Also holte sie tief Luft und zählte rückwärts von zehn bis eins. Ihre Bemühungen in Sachen Selbstbeherrschung wurden von Razis tiefer Stimme unterbrochen, und immerhin besaß er den Anstand, beschämt zu klingen.

    »Ich weiß, dass er ein unpassender Verbündeter zu sein scheint, Schwester. Aber glaub mir, Simon möchte das Königreich ebenso wenig im Chaos versinken sehen wie du oder ich.« Spöttisch breitete er die Hände aus. »Das würde ihm weder wirtschaftlich noch politisch zum Vorteil gereichen.«
    Wynter machte ein abschätziges Geräusch, doch sie musste zugeben, dass es eine fabelhafte List gewesen war. Jenseits der

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