Moorehawke 02 - Geisterpfade
Aber letztlich sind es nur Waffen. Ich würde lieber …« Er räusperte und schüttelte sich kurz. »Genau«, sagte er mit Nachdruck. »Sie sind prachtvoll. Die Männer, die sie schmiedeten, waren wunderbare Handwerker.«
Mit einem Seitenblick auf Razi schwang Úlfnaor das Schwert um die Schulter, ließ es mit großer Geschicklichkeit und Beherrschung durch die Luft gleiten. Er machte ein anerkennendes Geräusch und fuhr mit dem Daumen vorsichtig über die Kante.
»Die Südländer sind sehr stark mit Waffen«, sagte er. »Ich habe gehört. Hier gibt es viel mächtige Waffen.«
Sowohl Wynter als auch Razi merkten bei dieser Äußerung auf. »Wir sind in der Tat ein starkes Land«, sagte Razi bedächtig. »Trotz unserer Schwierigkeiten in jüngster Zeit wird unser König sehr geliebt. Seine Armeen sind gut ausgebildet.«
»Und gut bewaffnet?«, fragte Úlfnaor. »Sein Sohn ist ein großer Krieger, ich höre. Er besitzt Waffe von großer Macht.«
»Das ist eine gute Geschichte«, murmelte Christopher wie beiläufig und nur mäßig neugierig. »Wer hat Euch das erzählt?«
»Jemand. Oben im Norden. Nicht es stimmt? Er ist kein Krieger, dieser Prinz? Er hat keine Waffe?«
»Machen die Merroner das oft, unsere königliche Familie am Lagerfeuer erörtern?«, fragte Wynter betont heiter, obwohl ihre Brust wie zugeschnürt war.
»Ich sage nicht, dass es war ein Merroner. Ich sage, nur, jemand hat erzählt.« Úlfnaor tat das Thema mit einer Handbewegung ab. »Spielt keine Rolle. Ich kann irren. Manchmal ist es schwierig zu verstehen, was jemand redet.«
Sólmundr stieß ein kurzes Lachen durch die Nase aus.
»Stimmt«, sagte er. »Besonders, wenn er nicht weiß, dass du lauschst.«
Úlfnaor zuckte die Achseln. »Kann ich doch nichts dafür, wenn manche Leute glauben, Merroner sind dumm wie Hunde. Selbst schuld, wenn sie glauben, wir verstehen nichts.« Er grinste Sól an; ein überraschender Ausdruck auf dem sonst so ernsten Gesicht des Aoire, gleichzeitig liebenswert und finster und unerwartet schalkhaft.
»Wer war es, der Euch das erzählt hat?«, fragte Wynter. »Und was genau hat er gesagt?«
Doch Úlfnaor winkte nur ab. »Nur Gerede«, meinte er. »Halbes Gerede, halb verstanden. Ist den Atem nicht wert.«
Wynter suchte Razis Blick. Eine starke Waffe im Besitz des Prinzen. Hatte dieses Gerücht sogar die Nordländer erreicht?
Kaum merklich schüttelte er den Kopf: Später.
»Coinín, gebt Ihr mir den Krug?« Sólmundr deutete auf den Fruchtsirup.
Christopher kam der Bitte nach, stellte aber fest, dass der Krug leer war. Er sah sich nach dem Wirt um. Wynter entdeckte den kleinen Mann an einem Tisch am anderen Ende des Raums, wo er leeres Geschirr abräumte. Gleichzeitig behielt er mit besorgter Miene seine Töchter im Auge.
Die scheuen Mädchen mit dem sanften Blick füllten Olivenschalen auf und sammelten herum stehende Teller ein. Keine von beiden konnte älter als dreizehn sein, und die Merroner beachteten sie nicht weiter, doch Wynter konnte die Sorge des Vaters nachvollziehen. Inzwischen hatte sich die Stimmung zusehends erhitzt; die Tänze wurden ungeniert lustvoll, die Bewegungen um einiges sinnlicher, als es dem üblichen Anstand entsprach, und Wynter musste zugeben, dass sie die Mädchen, wären sie ihre eigenen Töchter,
schnurstracks in ihre Gemächer verfrachtet und die Türen abgeschlossen hätte.
Plötzlich brüllte eine Handvoll Männer an der Tür auf und brach in lautes Gelächter aus. Die kleinere Bedienung zuckte zusammen, obwohl sie nicht einmal in der Nähe war, und der Wirt, die Arme voller leerer Krüge, bedachte seine Gäste mit einem misstrauischen Blick. Er pfiff nach seinen Töchtern, und sie ließen alles stehen und liegen und folgten ihrem Vater, der sich mit dem Ellbogen einen Weg durch den Gastraum in die Küche bahnte.
»Wyn?« Sie erschrak, als sie Razi neben sich in die Hocke gehen und einen Arm um ihren Schemel legen sah. Mit geröteten Wangen und runden Augen sah er sie hoffnungsvoll an.
Wynter musste schmunzeln und drückte ihm einen Finger auf die Nase. »Du, mein lieber Bruder, siehst aus, als wolltest du mir Geld abschwatzen!«
Razi errötete. »Tja«, druckste er herum. »Die Merroner … die Merroner bleiben über Nacht, und ich …« Ein Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln, aber er war zu verlegen, um ihm nachzugeben. »Hättest du …« Auf seiner Stirn stand in dicken, fetten Lettern bitte . »Hättest du Lust, heute Nacht in einem Bett zu schlafen,
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