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Moorehawke 02 - Geisterpfade

Moorehawke 02 - Geisterpfade

Titel: Moorehawke 02 - Geisterpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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die Krüge auf dem Tisch abstellte. »Meine Ehrerbietung, Mäuse-Verderben.« In diesen Tagen ließ man sich besser nicht dabei ertappen, mit einer Katze zu sprechen, daher flüsterte sie. »Wo sind die Menschen, die hier leben?«
    Verächtlich blinzelte die Katze, verdrehte die Augen und machte mit dem Kopf eine ruckartige Bewegung zur halb geöffneten Hintertür. Wynter reckte den Hals, um durch den Spalt zu sehen; die Tür führte beinahe unmittelbar in den Wald. Gewiss hatte der Wirt seine Töchter doch nicht mit nach draußen genommen? Sie sah wieder nach der Katze, doch die war bereits davongeschlichen.
    Ich schätze, ich könnte mir wohl einen Schluck zu trinken nehmen , überlegte Wynter und leckte sich die trockenen Lippen beim Anblick der Fässer voller Most und Fruchtsirup. Die Versuchung war stark, doch es wäre zu schrecklich, wenn
der Wirt hereinkäme und sie beim Stehlen erwischte. Also schluckte sie ihren Durst herunter und tapste tiefer in die stille, tropfende Dunkelheit.
    »Hallo?«, rief sie erneut. Unwillkürlich tastete ihre Hand nach dem Griff ihres Dolchs. Neben einem verschlossenen Schrank tat sich eine weitere Tür auf, der goldene Schein einer Lampe zeichnete einen trüben Keil auf den Erdboden, und es roch nach Pferd und Stroh. Ganz eindeutig führte diese Tür in die Stallungen.
    Als sie näher herankam, vernahm Wynter Stimmen, die sich leise und eindringlich auf Merronisch unterhielten. Sie drückte sich zurück in die Dunkelheit.
    In der Scheune standen Sólmundr und Wari, umgeben vom flackernden Lichtkreis einer Laterne. Wari hielt Sólmundrs Handgelenk fest umklammert und sprach hastig und beschwörend auf ihn ein, wobei er sich leicht bückte, um dem anderen Mann ins Gesicht sehen zu können. Sólmundr runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. Wynter schnappte das Wort Tabiyb auf. Sie erstarrte und horchte angestrengt. Verzweifelt zeigte Wari auf Sólmundrs Bauch und sagte abermals etwas von Tabiyb, doch Sólmundr gab sich weiterhin abweisend und entwand dem anderen seinen Arm. Plötzlich schreckten die beiden Männer auf und drehten sich mit argwöhnischen Mienen um.
    » Cé hé sin? «, knurrte Wari.
    Ein leises Geräusch draußen vor der Hintertür lenkte Wynter kurz ab, und sie trat einen Schritt zurück, um in die Nacht hinauszuspähen. Als sie sich wieder zur Scheune umdrehte, waren Wari und Sólmundr verschwunden. Da ertönte abermals das Geräusch, deutlicher nun, und Wynter bekam eine Gänsehaut, als sie ein menschliches Wimmern erkannte. Sie zog ihren Dolch aus dem Gürtel, drückte sich mit dem
Rücken gegen die Wand und gab der Hintertür einen kleinen Schubs, so dass sie vollständig aufschwang.
    Am Waldrand, etwa zwanzig Fuß von Wynter entfernt, stand die jüngere Tochter des Wirts. Das Mädchen war kreidebleich und starrte wie betäubt in die Küche, die Augen schreckgeweitet. Ihr Mieder war aufgerissen und hing ihr von der Schulter herab, wodurch das Unterhemd entblößt wurde. Ihre Haube fehlte ebenso wie ein Schuh.
    Wie heißt sie? , dachte Wynter mit rasendem Herzschlag. Ich weiß genau, ich habe ihren Vater sie rufen hören . Sie schob sich näher an die Tür heran und suchte die Bäume hinter dem Kind ab. Laura? , überlegte sie, Linnet? Lorraine? Elaine! Genau, Elaine!
    »Elaine«, zischte sie und schlich Schritt für Schritt in das Rechteck, das der Mondschein durch die geöffnete Tür warf. Immer noch ruhte ihr Blick forschend auf den reglosen Bäumen. »Elaine.« Sie streckte die Hand aus. »Komm her, mein Schätzchen. Komm herein.«
    Die Augen der Kleinen wanderten nach links und füllten sich mit Tränen; ihre Händchen begannen zu zittern. Wynter kam noch näher zur Tür und spähte in das Zwielicht hinter dem Kind. Dann steckte sie den Kopf um den Türrahmen. Da war nichts, nur eine vom Mond beleuchtete Stallwand und ein Pfad, der in den Innenhof führte. Erneut bot Wynter dem Mädchen die Hand. »Elaine!«, befahl sie nun. »Komm hierher.«
    Doch das Kind legte sich nur die Hand auf den Mund, den Blick immer noch unbeweglich auf die Schwärze am Fuße der Wand neben der Tür geheftet. Zu Wynters Entsetzen machte sie einen Schritt rückwärts in den Wald.
    »Nein!«, rief Wynter. »Komm her!«
    Endlich sah Elaine Wynter an – da löste sich unvermittelt
ein Schatten aus den Bäumen und verschluckte sie zur Gänze.
    Vor Schreck und Furcht schrie Wynter laut auf und schalt sich sofort eine Närrin, als sie in der Finsternis einen großen Mann

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