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Moorehawke 02 - Geisterpfade

Moorehawke 02 - Geisterpfade

Titel: Moorehawke 02 - Geisterpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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teilen würde. Einen Moment lang hatte sie in die Dunkelheit gestarrt, sich ihrer eigenen Nacktheit überaus bewusst, zugleich verängstigt und aufgeregt. Sie wusste noch, dass sie gedacht hatte: Ich kann mir kein schöneres Hochzeitsbett vorstellen als dieses . Dann hatte sie das Gesicht der Zeltwand zugewandt und mit heftig pochendem Herzen gewartet und gewartet und war schließlich eingeschlafen. Nun war es Morgen, und mit einem Stich des Bedauerns stellte Wynter fest, dass Christopher die ganze Nacht nicht zu ihr unter die Pelze geschlüpft war.
    Auf der anderen Seite des Zelts stieß Razi jäh ein Keuchen aus und setzte sich mit einem Ruck senkrecht auf. Kurz darauf schob er ächzend die Decke von den Beinen und legte den Kopf in die Hände. Wynter drehte sich zu ihm um; er war nicht mehr als eine schemenhafte Gestalt in der Dunkelheit. Auch er war am Vorabend ins Zelt getaumelt, hatte sich ausgezogen und war wortlos unter die Felle auf Emblas Lager gekrochen. Der arme Mann hatte gar keinen Trank mehr gebraucht, um einzuschlafen, seine Augen waren bereits zugefallen, ehe sein Kopf auf das Kissen traf. Wynter konnte sich nicht vorstellen, dass ein so kurzer Schlaf ihn ausreichend erfrischt hatte – erst recht nicht, wenn man bedachte, welche Aufgabe vor ihm lag.
    »Wynter?«, flüsterte er heiser.
    »Ich bin wach.« Sie beobachtete, wie sich sein dunkler
Umriss streckte und dehnte, während er seine Kleider zusammensuchte.
    »Mach dich bereit«, sagte er. »Es wird Zeit.«
    Schweren Herzens tastete sie nach ihren Sachen und zog sich unter der Decke an.
    »Wo ist Christopher?«, wollte Razi wissen, während er seine Hose anzog.
    »Ich bin hier«, kam die Antwort. Christopher duckte sich ins Zelt. »Es ist noch sehr früh. Bist du sicher, dass du schon so weit bist?« Im Schein des Feuers war Christophers Profil einen Augenblick lang deutlich zu erkennen, bevor die Zeltklappe wieder herabfiel.
    »Wie geht es Sólmundr?«, fragte Razi.
    »Hallvor hat ihm die ganze Nacht über die Opiumtinktur verabreicht, genau wie du ihr aufgetragen hast. Er ist viel ruhiger.«
    Kopfschüttelnd band sich Razi den Stiefel zu. »Es wird nicht ausreichen, um den Schmerz zu dämpfen, der ihm bevorsteht. Ich wünschte, wir könnten die Kräuter benutzen, von denen sie sprach, damit er während der Tortur schlafen kann.«
    »Ja, das stimmt. Aber Hallvor hat recht, Razi – sie würden den armen Mann umbringen. Diese Kräuter sind zu stark für jemanden, der so geschwächt ist wie Sól.«
    Christophers Körperhaltung verriet tiefe Erschöpfung. »Du bist nicht zu Bett gekommen«, sagte Wynter leise und versuchte, sein Gesicht zu erkennen.
    Razi hielt inne und musterte Christopher ebenfalls. »Hast du überhaupt geschlafen?«
    »Ich habe mich ausgeruht.«
    »Ich brauche dich hellwach, Chris. Das weißt du.«
    »Ich bin hellwach genug«, gab er ruhig zurück. Er legte
seinen Umhang auf Wynters Schlaflager, und sie sah, dass es eine der Felldecken war, die sie eigentlich hätten teilen sollen. Er musste sie vom Bett genommen haben, während sie geschlafen hatte. »Alles, was du angeordnet hattest, ist erledigt worden«, sagte Christopher. »Bist du bereit?«
    Razi antwortete nicht sofort, sondern beugte sich vor und zog den anderen Stiefel an. »Ist es Morgen?«
    »Fast. Bis du alles vorbereitet hast, wirst du reichlich Licht haben. Sie haben Sólmundr auf ein schmales Lager gebettet, wie du gebeten hast, und die Spitze des Zelts geöffnet, um Licht und Luft hereinzulassen.«
    »Sehr gut«, sagte Razi. Er stand auf, atmete tief durch, fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht und schob die schweren Locken aus den Augen. »Gehen wir.« Damit trat er hinaus ins Lager.
    Wie Razi sie angewiesen hatte, banden sich Wynter und Christopher die Haare dicht am Kopf zusammen und zogen keine Oberteile an. Wynter fühlte sich seltsam, als sie nur in Hose und Brusttuch durch die Menge schweigender Merroner schritt, doch als sie Hallvor in ähnlichem Aufzug am Waschtisch warten sah, holte sie tief Luft und konzentrierte sich auf das, was vor ihr lag.
    Unverzüglich begann Razi, sich sauber zu schrubben, Arme und Brust mehrere Male einzuseifen und abzuspülen, bis er endlich zufrieden war. Dann reinigte er sich Hände und Nägel mit großer Sorgfalt. Wynter und Christopher taten es ihm gleich, wie auch eine etwas verwunderte Hallvor. Die anderen Merroner standen um den Ring aus hellem Feuerschein herum und folgten jedem Handgriff, als wäre es Zauberei.

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