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Moorehawke 02 - Geisterpfade

Moorehawke 02 - Geisterpfade

Titel: Moorehawke 02 - Geisterpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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Über den schwarzen Baumkronen füllte sich der Himmel allmählich mit rosigem Licht.
    Als Christopher den Kopf nach unten beugte, um sich den
Nacken einzuseifen, sah Wynter auf. Zwar schrubbte sie sich weiter die Fingernägel, wandte aber den Blick nicht von ihm ab, während er die Seife über die Schultern hinunter bis auf die Arme verteilte. Er war übersät von Schrammen und blauen Flecken, jede Bewegung geriet steif. Wynter wusste, dass sie ähnlich aussehen musste. Immer noch beschwerte sich ihr Körper mit Nachdruck bei jeder Regung. Als sich Christopher nun Brust und Achseln wusch, hob er den schläfrigen Blick und streifte zufällig Wynters Gesicht. Sofort senkte sie den Kopf und wandte sich wieder emsig ihren Händen zu. Die losen Enden des wollenen Armbands lockerten sich und wogten im Seifenwasser wie Seetang.
    Als sie schließlich abermals aufblickte, hatte sich Christopher von ihr abgewandt und sah in den Wald, die tropfenden Hände hingen seitlich herab. Die Kratzspuren auf seinem Rücken und den Schultern bildeten einen grausigen Kontrast zu seiner blassen Haut. Wynter stellte sich neben ihn und schüttelte die nassen Arme. Einen Moment lang standen sie beide nur da und blickten in die Finsternis jenseits des Feuers, ohne zu sprechen. Dann brach die Morgenröte in plötzlicher Pracht über den Bäumen hervor, ergoss flüssiges Gold über ihre feuchten Leiber und ließ das Licht der Flammen in einer magischen Woge verbleichen. Gleichzeitig atmeten Christopher und Wynter ein, schlossen die Augen und wandten sich der Sonne zu.
    »Sind wir so weit?«, fragte Razi.
    Alle nickten, woraufhin er zwei Männern, die neben dem Feuer standen, ein Zeichen gab. Auf seine Aufforderung hin hoben sie den Kessel mit dem siedenden Wasser, in dem seine Instrumente lagen, vom Haken und trugen ihn hinter ihm her in das Zelt, in dem Sólmundr lag.

     
     
    Drinnen kniete sich Razi an Sólmundrs Lager und begrüßte ihn lächelnd auf Hadrisch. »Hallo, Sól.«
    Matt schlug der Kranke die Augen auf und sah ihn an. »Ich werde Euch nun vorbereiten, wenn ich darf?«
    Ashkr ließ Sólmundrs Hand los und zog sanft die Decke fort. Nackt und bloß lag Sól auf dem schmalen Bett aus Kiefernzweigen und Fellen, den Körper immer noch um seine Faust herum gekrümmt wie schon am Abend zuvor. Er schwitzte und zitterte, wenn auch das Opium den Schmerz stark gelindert zu haben schien.
    Razi beugte sich vor, um ihm in die Augen sehen zu können. »Ihr versteht jetzt, Sól, was wir gleich tun werden? Erinnert Ihr Euch, worüber wir gestern redeten?« All das übersetzte Christopher ins Merronische, während er, Wynter und Hallvor die ihnen zugewiesenen Plätze um das Krankenlager einnahmen.
    Sólmundr nickte nur ein Mal, die Augen voller Furcht und Schmerz. Die beiden Helfer setzten den Kessel mit den Instrumenten neben Razi ab, und beim Blick darauf beschleunigte sich Sólmundrs Atem. »Seht nicht hierher, Sól.« Razi drehte den Kopf des Kranken sanft herum. »Seht nur Ashkr an. Sonst nichts. Immer nur ihn.« Immer weiter sprach Razis beruhigende Stimme, während eine weitere Schüssel neben ihm abgestellt wurde, diese mit heißem Wasser und Seife gefüllt. Christopher übersetzte in demselben sachten, besänftigenden Tonfall. »Wir werden Euch nun auf den Rücken drehen, Sól. Lasst uns einfach alles für Euch machen, versucht nicht … genau so … gut. Sehr gut, so ist es recht.«
    Razi nickte Embla und Úlfnaor zu, und beide eilten zu den anderen, die bereits um das Bett herum knieten. Sanft drückten sie zu sechst Sólmundrs Schultern, Knie und Knöchel
nach unten. Sólmundr schrie auf, sein Körper versuchte, sich wieder zusammenzukrümmen, die sehnigen Gliedmaßen bebten vor Anstrengung. Beim Klang seiner Stimme begannen die Kriegshunde, die auf der anderen Seite des Feldlagers angekettet waren, zu heulen und zu bellen.
    Wynter musste alle Kraft aufbieten, um die schweißnassen Knöchel des armen Mannes festzuhalten.
    »Sól«, murmelte Razi. »Scheut Euch nicht, laut zu schreien. Kein Mensch auf der Welt würde das unter solcher Peinigung nicht tun. Schreit, wenn Ihr möchtet.« Nun nickte er den Männern und Frauen, die am Zelteingang warteten, knapp zu, und sie liefen mit den dicken Lederschnüren herbei, die Sólmundr halten würden. »Seht immer nur Ashkr an, Sól. Immer nur ihn.«
    Sólmundr umklammerte Ashkrs Hand mit irrsinniger Kraft, und Wynter glaubte, Ashkrs Finger müssten unter dem Druck einfach zerbersten, doch der

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