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Moorehawke 02 - Geisterpfade

Moorehawke 02 - Geisterpfade

Titel: Moorehawke 02 - Geisterpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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Kehle anhaltend zu stöhnen. Es war ein furchtbares Geräusch, und Wynter warf unwillkürlich einen Blick auf sein Gesicht. Seine Augen waren weit aufgerissen und traten hervor, die Lippen bis zum Zahnfleisch zurückgezogen.
    » Wynter! « Razis scharfe Stimme schreckte sie auf. »Pass auf.«
    Gehorsam wandte sie sich wieder der schrecklich klaffenden Wundöffnung zu und nickte heftig. Ihr Kopf war vollkommen leer. Christopher übersetzte etwas für Hallvor, die weiterhin das Blut abtupfte, während Razi rasch ein paar Stiche ins Fleisch setzte. Sólmundr zitterte, das Blut floss in hellen Rinnsalen über seinen Bauch und erbebte auf seinem zuckenden Körper. Razis Hände waren bis zu den Armen leuchtend rot.
    Regungslos starrte Wynter vor sich hin. »Zwei Retraktoren.« Christophers Stimme drang nur schwach zu ihr vor. »Zwei Retraktoren«, wiederholte er. »Drei Tupfer.«
    Nun holte Razi sein Messer wieder aus dem Kessel und schnitt ein weiteres Mal entlang derselben Kante, wodurch er eine weitere Schicht öffnete, die offenbar unter der ersten lag.
    Mein Gott , dachte Wynter. Wir sind ja wie Bücher. Razi schält ihn Schicht für Schicht, wie man die Seiten eines Buchs aufschneidet . Aus meilenweiter Ferne beobachtete sie, wie Christopher erneut zwei der silbernen Retraktoren in die Öffnung steckte.
    »Noch zwei Retraktoren. Vier Tupfer.«
    Hallvor bemühte sich, den Bereich um die Wunde sauber
genug zu halten, damit Razi sehen konnte, was er tat. Abermals machte Razi rasch einige einzelne Stiche, und wie durch einen Schleier begriff Wynter, dass er die Bereiche abtrennte, die am stärksten in die Bauchhöhle bluteten.
    »Iseult!«, herrschte Christopher sie plötzlich an.
    Sie schrak zusammen und blinzelte ihn an.
    »Wach auf!« Wütend funkelte er sie an, die roten Hände von sich gestreckt, die grauen Augen Feuer speiend. Mit einem Ruck sah Wynter plötzlich alles wieder klar.
    Im Hintergrund atmete Sólmundr schwer, und Ashkr redete liebevoll auf ihn ein, während Razis tiefe, leise Stimme unablässig murmelte, Entschuldigungen und Erklärungen vorbrachte. Jetzt erst bemerkte Wynter, dass sie dagesessen hatte wie ein Stein, ohne irgendetwas zu tun.
    »Hilf uns gefälligst«, blaffte Christopher. »Oder geh nach draußen!«
    Sie schüttelte sich kurz, dann nahm sie Schieferplatte und Kohle zur Hand. »Zw… zwei Retraktoren.« Sie machte zwei Striche unter das R auf der Tafel. »Drei, äh, drei …«
    »Es sind vier . Vier Retraktoren, sieben Tupfer.« Christophers Stimme klang jetzt wieder etwas freundlicher. Er duckte sich leicht, um sie ansehen zu können. »Hast du das? Vier Retraktoren, sieben Tupfer.«
    Während Wynter die Striche machte, schielte sie zu Razi und Hallvor, die wiederum beide in ihrer Arbeit verharrten und sie beobachteten. Wynter musste sich zwingen, Sólmundrs gequältes Gesicht nicht anzusehen.
    »Bist du jetzt bei uns, Schwester? Kannst du von jetzt an mitzählen?« Razi, der Kühle, Praktische, wollte eine ehrliche Antwort hören, er hatte keine Zeit zu verlieren. Sie nickte, und er fuhr mit seiner Arbeit fort.
    Schicht für Schicht durchtrennte Razi Sólmundrs Muskeln.
Hallvor hielt weiterhin die Stelle möglichst frei von Blut, Wynter notierte jedes Stückchen Tuch, das benutzt und dann weggeworfen wurde, jeden silbernen Retraktor, den Christopher in der tiefer werdenden Öffnung festklemmte.
    Sólmundrs Stöhnen schwoll an, wurde zu einem anhaltenden Hintergrundgeräusch, untermalt von Ashkrs gleichmäßiger Stimme. Die Sonne wanderte höher und glänzte auf Razis Locken, während die Minuten zäh verstrichen. Wynter blinzelte sich den Schweiß aus den Augen – es würde wieder ein heißer Tag.
    Plötzlich hielt Razi inne und zog sein Messer aus der Wunde. »Ich bin durch!« In der grellen Stille hallte sein Ausruf ungewöhnlich laut. Zur selben Zeit flüsterte Ashkr etwas, jedoch so leise, dass keiner von ihnen es wahrnahm.
    Razi sah sich um, als wäre er verblüfft, so weit gekommen zu sein. »Ich … ich überlege, ob ich noch mehr Licht brauche.«
    Wynter, Christopher und Hallvor spähten zaghaft in die Wunde, versuchten, sich einen Reim auf das zu machen, was sie da sahen.
    Ohne die Augen von Sólmundr zu lösen, tastete Ashkr mit zitternder Hand hinter sich. »Tabiyb«, sagte er. Plötzlich wurde Wynter bewusst, wie laut ihre Stimmen dröhnten, wie still es war. Razi riss den Kopf hoch, und Wynter blieb das Herz stehen.
    Auf Ashkrs Gesicht leuchteten die Tränen hell im

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