Mops und Möhren
mal«, beginnt Bernd und lässt Sandras Hand los. Sie macht für eine Millisekunde einen Schmollmund, himmelt ihren Bernd danach aber umso heftiger an. »Die Mission Gartenzwerg war sozusagen erfolgreich.«
Hünken sieht ihn verständnislos an. Bernd berichtet vom Immobilienangebot. Von Pukallus, der ersten Kontaktaufnahme und endet erst einmal mit dem Treffen des Ehepaares Fuchs mit dem ›Mann vor Ort‹. Klaus Hünken schreibt eifrig mit. Er hat eine schöne Handschrift, beinahe wie gedruckt, und die Buchstaben reihen sich wie Konserven im Supermarktregal aneinander.
»Und dann hören Sie mal dieses an.« Sandra drückt den Startknopf des Diktiergerätes. Während die Herren sich prügelten, hatte sie unbemerkt das Gerät aus dem Gras gefischt und eingesteckt. Und damit das Hauptbeweismittel gesichert.
Das Verkaufsgespräch scheppert durch den Garten, vom Band leicht verzerrt. Aber bestens zu verstehen. Klaus Hünken schreibt zu Beginn noch mit, aber als das erste Bellen ertönt, schwebt der Kugelschreiber über dem Blatt. Hünkens Mund steht weit offen. Man hört Rascheln. Schreie. Drohungen. Dann ein ›Klick‹. Die Aufnahme ist zu Ende.
Sekunden lang rührt sich niemand am Tisch. Selbst die Hunde scheinen die Spannung zu spüren und verharren wie reglose Stofftiere.
»Unglaublich«, sagt Hünken schließlich. »Das ist … ohne Worte.«
»Die haben uns auch gefehlt«, gibt Arne zu.
»Mir nicht«, knurrt Chris und stellt seinen geschwollenen Riechkolben zur Schau. »Daf vergeffe ich fo snell nicht.«
»Ach Schatz.« Rolf streichelt ihm über den Arm.
»Und nun?« Klaus Hünken schaut von einem zum anderen. »Ich meine … was fangen wir damit an?« Er deutet mit dem Stift auf das Diktiergerät. »Ach, ehe ich es vergesse, ich habe da Beziehungen, falls ihr mal ein digitales Aufnahmegerät … Ach, na ja, ist jetzt nicht wichtig.«
»Ist eine große Arscheloch, ja?« Olga zeigt auf das Diktiergerät.
»Allerdings«, rutscht mir raus. »Ein Riesenarsch. Mit Ohren.«
»Tanja!« Rolf schüttelt den Kopf. »Das kannst du so nicht sagen.«
»Wenn es aber stimmt.« Trotzig starre ich meinen Mitbewohner an.
»Nein, das stimmt nicht«, korrigiert mich Rolf mit Schulmeisterstimme. »Der Pukallus ist nämlich der weltgrößte riesigste Arsch. Ein habgieriger, schmieriger Arsch.«
Ich muss grinsen. »Stimmt«, pflichte ich bei.
»Und eigentlich kann er einem ja leidtun. Ist schon irgendwie eine arme Wurst«, stimmt uns Sandra zu.
»Jefd habt ihr auch noch Mitleid mit dem Fläger?« Chris schmollt.
»Haben wir nicht.« Bernd hebt beschwichtigend die Hände. Dann klappt er die schwarzlederne Mappe auf und holt ein Schriftstück heraus. Eigentlich hätte ich bei einem Anwalt ein iPad erwartet. Im Fernsehen haben die das alle. Aber das schwarze Leder passt bestens zum heute sandfarbenen Poloshirt. Zusammen mit dem goldenen Chronografen am Handgelenk hat das durchaus juristischen Chic.
»Ich habe euch mal Kopien mitgebracht«, erklärt unser Anwalt und lässt einen Stapel Schriftstücke rumgehen. Nachdem jeder – außer Olga und den Hunden – versorgt ist, herrscht minutenlang Stille. Wir lesen. Das heißt – die anderen lesen, nicken dann und wann und brummen zufrieden. Ich verstehe allerdings nicht mal die Hälfte von dem, was auf den fünf Seiten steht.
Klaus macht sich Notizen. Als wir alle fertig gelesen haben, fasst unser Hausjurist das Schreiben in einigermaßen normalem Deutsch zusammen: »Fakt ist, dass der Erbpachtvertrag zum Jahreswechsel endet. Fakt ist aber auch, dass wir auf das sogenannte Gewohnheitsrecht plädieren werden, einfach gesagt. Es gibt keinen Anlass, die Lauben zu räumen. Und: Da die Stadt in das angebliche Neubauprojekt nicht involviert ist, besteht hier auch kein Handlungsbedarf. Das Ganze ist aus meiner Sicht ein Luftschloss. Das wir zum Platzen bringen.«
»Wuff!« Der Mops bellt zustimmend.
»Der Pukallus kann einem ja fast schon leidtun«, sagt Rolf breit grinsend.
»Nä!« Chris schüttelt vehement den Kopf.
»Okay, also, wenn ich das richtig verstehe, gehen Kopien des Schreibens an Pukallus, die Immobilienfirma … und die Stadt Stuttgart?« Klaus Hünken starrt auf seine Notizen.
»Fast. Pukallus’ Arbeitgeber steht nur pro forma als Empfänger da. Als Druckmittel, sozusagen. Oder schlagendes Argument für unseren Schläger.« Bernd lächelt süffisant. Es ist dasselbe Lächeln, das ich von Anwälten aus dem Fernsehen kenne. Ich habe ein sehr gutes Gefühl bei
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