Mops und Möhren
ihrer Brust.
»Und jetzt?«, flüstert Frau Baumann schließlich.
»Vitamin- und Impfspritze. Aber erst morgen«, sagt Arne und steht auf. »Für heute lassen wir das Glück am besten in Ruhe.«
Endlich erhebt sich die Hausherrin und riskiert einen Blick in den Katzenkorb.
»Süß«, befindet sie und ein Lächeln umspielt ihren Mund. Langsam kehrt auch wieder Farbe in ihr Gesicht zurück.
Ich beginne damit, die Instrumente einzupacken. Arne weist Frau Baumann darauf hin, die Kätzchen wirklich in Ruhe zu lassen, damit sie so viel wie möglich von der wertvollen ›Biestmilch‹ trinken können. Dann verabschieden wir uns bis zum nächsten Tag.
Vor der Haustür stellt Arne den Koffer ab. »Komm mal her«, fordert er mich auf. Und dann nimmt er mich ganz lange und ganz fest in die Arme. Ich könnte ewig so stehen bleiben, aber leider will irgendwann eine Mutter samt Kinderwagen ins Haus. Wir lassen sie durch, mein Schatz hält ihr die Tür auf, und dann trotten wir mit einem glücklichen Grinsen zum Bulli.
»Das war schön«, sage ich.
»Deine erste Geburt, das vergisst man nie.«
»Das glaube ich auch. Meinst du, Earl und Mudel würden sich mit einer Katze vertragen?«, frage ich und denke an das erstgeborene Kätzchen. Es ist fast komplett weiß, nur auf der Schnauze und am linken Ohr hat es kleine schwarze Flecken.
»Untersteh dich!« Arne schimpft gespielt mit mir. »Wenn ich jedes Tier, das ich auf die Welt geholt habe, behalten würde, hätte ich jetzt mindestens sieben Kühe und zehn Pferde im Wohnzimmer.«
Ich muss lachen. »Du, wollen wir mal Richtung ›Wonne‹ fahren? Wenn kein Einsatz kommt … «
»Klar, machen wir!« Arne stellt den Koffer in den umgebauten Krankenwagen, knallt die beiden hinteren Türen wieder zu und klemmt sich ans Steuer. Aus dem Radio kommt nur blubbernde Plastikmusik, also schalten wir es aus und gondeln schweigend, aber happy Richtung Schrebergarten. Für die Uhrzeit ist der Parkplatz gut belegt – was wir aber auch erwartet haben. Schließlich haben die Jungs eine ›außerordentliche Sitzung‹ einberufen. Tatsächlich sind mehr Teilnehmer im Garten Nummer 42 versammelt, als ich dachte: Rolf und Chris, Klaus Hünken, Sandra, Anwalt Othmer und … Olga!
»Ihr kommt wie gerufen!«, ruft Sandra und lässt für einen Augenblick Bernds Hand los, um uns zu winken. »Wir wollten gerade anfangen.«
»Wir hatten einen Einsatz«, sage ich, nicke in die Runde und würde am liebsten sofort von meiner ersten Live-Geburt erzählen. Aber die ernsten Gesichter ermahnen mich, und außerdem fordern Mudel und der Mops ihr Recht. Mudel will unbedingt auf meinen Schoß und Earl, der mit seiner Halskrause wie seine Majestät King Mops auf Chris’ Schoß thront, fordert bellend seine Begrüßungs-Streicheleinheit ein.
»Der ist ja ziemlich fit«, sagt Arne erfreut.
»Kann man bald ziehen Fäden«, stimmt Dr. Olga zu. Ich muss nicht fragen, was sie hier macht, denn Rolf hat sie neben Klaus Hünken platziert. Dem gefällt offensichtlich, was er sieht – eine Singlefrau in den besten Jahren. Und auch Olga schielt öfter als nötig zu unserem Vorsitzenden. Das bewundere ich an meinen Jungs, diese Menschenkenntnis. Ich wäre im Leben nicht darauf gekommen, Olga und Klaus in Verbindung miteinander zu bringen. Aber Chris, unser Romantiker, zwinkert mir zu und nickt unmerklich mit dem Kopf in Richtung der beiden. Ich könnte wetten, dass es seine Idee war, die einsame Tschechin an ihrem freien Tag hierher mitzubringen, nachdem sie uns gestern im Linsen-Pils-Rausch ihre verkorkste Liebesgeschichte erzählt hatte. Alles bekomme ich nicht mehr zusammen, nur dass ihr Exmann mit der Praxishelferin durchgebrannt ist und jetzt im Ferienhaus im Böhmerwald residiert. Olga war auf der Suche nach Neuem, stieß auf das EU-Förderprogramm und landete in Stuttgart.
Tja, und jetzt sitzt sie hier, strahlt wie ein Primelpott und himmelt Klaus Hünken an. Der hat sich für seine Verhältnisse auch mächtig in Schale geworfen: Zur frisch gewaschenen Jeans trägt er statt des üblichen Feinripps ein rot kariertes kurzärmeliges Holzfällerhemd. Aus dem Kragen lugen ein paar Brusthaare. Aus seinen Ohren auch. Und er lugt ziemlich nervös von seinem Block zu Bernd und wieder zurück. Dabei knipst er den Kugelschreiber runter, rauf, runter, rauf. Der Mann ist nervös und ich frage mich, ob es an Olga oder dem drohenden Verlust der Kolonie und damit seines Amtes und Lebensinhaltes geht.
»Also, dann wollen wir
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