Mops und Möhren
städtischer Seite aus besteht kein Anlass, die Schrebergärten plattzumachen. Ich habe mich beim Bauamt schlau gemacht. Und der Knüller ist: Die haben keine Ahnung, dass ein Frankfurter Großinvestor ein neues Wohngebiet hochziehen will.«
»Ach!« Rolf springt auf. »Dann ist das Verarsche?«
»So würde ich das nicht nennen. Eher … Abzocke. Betrug, wenn man so will.«
»Donnerwetter, das ist ja eine ganz große Kiste.« Arne pfeift durch die Zähne.
»Vielleicht auch eine Nummer zu groß für uns«, gebe ich zu bedenken.
»Ich nicht verstehe, aber man soll nicht geben klein bei vor die große Ochsen.«
»Stimmt, Olga«, pflichtet unser Anwalt bei. »Das werden wir auch nicht. Die Schlüsselfigur ist Pukallus. Über ihn kommen wir an die Immobilienheinis dran. Das ist dann allerdings Sache der Staatsanwaltschaft. Was für uns viel wichtiger ist – wie kommen wir aus der Nummer mit der Steuernachzahlung raus? Die ist nämlich durchaus berechtigt. Die Forderung, meine ich.« Bernd erklärt uns, was er bei der Stadt erfahren hat. Ich verstehe nur die Hälfte, wenn überhaupt. Fakt ist allerdings, dass die Kolonie die über 42.000 € zahlen muss. Ansonsten nämlich könnte der Kuckuck über den Lauben kreisen. Und im schlimmsten Fall müsste sich der Verein auflösen, der Vorsitzende unter Umständen mit seinem Privatvermögen haften. Und weg wären die Gärten dann auf jeden Fall, was auch immer dann aus ihnen würde.
»Scheiffe.« Chris bringt es auf den Punkt.
»Na ja, aber Bernd hat da eine Idee.« Sandra strahlt erst ihn, dann uns an.
»Idee ist gut. Wenn kann ich helfen, helfe ich.« Olga zeigt Kampfgeist. Das wirkt ansteckend. Wir stecken die Köpfe zusammen, leeren den Bierkasten und kurz nach Mitternacht ist klar: Kampflos geben wir nicht auf.
Tag 2: Die Nase ist auf doppelte Größe angeschwollen. Jeder Boxer wäre neidisch. Und Rudolf, das Rentier, auch: Der Zinken leuchtet in knalligem Rot, das sich über die Hälfte der Wangen und bis zu den Augen zieht. Chris spricht so nuschelig, dass Rolf im Callcenter anrufen und ihn weiter krankmelden muss. Arne empfiehlt Arnika gegen die Schwellung. Rolf besorgt Salbe und Globuli in der Apotheke.
Scheiß Kopfschmerzen. Ich vertrage kein Bier. Dabei hatte ich nur drei Fläschchen gestern. Die aber genügen, dass der Wecker in meinem Kopf dröhnt wie ein Presslufthammer.
»Ich bin krank«, jammere ich.
»Quatsch!« Arne küsst mich auf die Nase. »Du leidest höchstens an akuter Fahneritis.«
Ich schlage die Hand vor den Mund. Peinlich!
»Na, ich kann ja noch andere Stellen küssen«, flüstert Arne und knabbert an meinem rechten Ohr. Das kommt zwar nur gedämpft in meinem Brummschädel an, aber es kommt an. Leider kommt auch ein Notruf an. Und zwar just in dem Moment, als Arne mit dem Kopf unter der Bettdecke verschwindet.
»Geh du ran«, spricht er gegen meinen nackten Bauch. Ich angele das Handy vom Boden, wobei Arne unter der Decke tiefer rutscht.
»Jaaaaa«, hauche ich in den Hörer.
»Tiernotruf? Hallo?«
»Aaaah, halloooo … «
»Ist Ihnen nicht gut?« Die Frau klingt irritiert.
»Oooh doch«, antworte ich.
»Mona hat was. Kommen Sie schnell!«
»Mooonaaa … « Arne spielt mit seiner Zunge in meinem Bauchnabel und ich muss ein wohliges Kichern unterdrücken.
»Meine Katze. Hören Sie mal, sind Sie betrunken?«
›Noch ein bisschen‹, will ich sagen, kann mich aber eben noch bremsen. Ich rutsche unter Arne weg, der unwillig brummt, und setze mich auf.
»Die Leitung knirscht so«, erfinde ich eine Ausrede. Die Frau nennt mir ihre Adresse, und ich verspreche, dass wir in einer halben Stunde da sind.
»Katze windet sich und jammert«, erkläre ich Arne, nachdem ich aufgelegt habe.
»Du solltest dich winden.« Er sieht ein bisschen beleidigt aus, aber Job ist Job. Also rein in die Klamotten, fix Zähne putzen, Kaugummi in den Mund und hoffen, dass nach dem Einsatz Zeit bleibt für einen großen, großen Kaffee. Mit einer halben Flasche Mineralwasser spüle ich eine Kopfschmerztablette runter. Und beneide meine Jungs und die Hunde, die alle vier noch selig schlummern. Chris und Rolf hinter verschlossener Tür – wobei Chris nasales Schnarchen deutlich zu hören ist – und Earl samt Sohn im Körbchen. Die Hunde blicken nur kurz auf, als Arne und ich an ihnen vorbeihetzen. Earl legt den Kopf in der Halskrause schief. Bequem kann das nicht sein, aber unser Mops hat einen guten Schlaf und ich wette, den nutzt er noch mal
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