Mops und Möhren
der Sache. Bernd offensichtlich auch – siegessicher schaut er in die Runde.
»Wenn alle einverstanden sind?«
Sechs Hände schnellen in die Höhe. Earl gibt ein kleines Wuff von sich und Mudel legt den Kopf schief.
»Gut, dann machen wir das so.« Bernd klappt seine Mappe zu und greift sofort wieder nach Sandras Hand.
»Und die Steuern?« Klaus scheint noch nicht ganz überzeugt.
»Dazu kann Sandra was sagen.« Bernd sieht seine neue Flamme an.
»Du?«, rutscht es mir raus. Bislang hatte ich nicht das Gefühl, dass sie sich allzu sehr für die Kolonie interessiert. Sandra lächelt in die Runde.
»Vielen Mitgliedern würde es finanziell das Genick brechen, wenn sie sich an der Rückzahlung beteiligen müssten«, beginnt sie. »Wir alle wissen, dass die meisten Schrebergärtner entweder in Rente oder arbeitslos sind. Oder eben kein allzu hohes Gehalt haben. Nur die wenigsten hier stehen finanziell super da.« Sie sagt das ohne Regung. Irgendwie – professionell und gut durchdacht.
»Und auch die Rücklagen des Vereins sind gelinde gesagt mickrig.« Klaus Hünken nickt zustimmend. »Deswegen müssen wir sehen, wie wir bis spätestens 31. August so viel Geld wie möglich sammeln können. Natürlich meine ich nicht, dass wir uns mit Blechbüchsen bewaffnen und von Haus zu Haus ziehen. Aber es muss Geld fließen. Deswegen habe ich zusammengefasst, welches die Stärken der ›Wonne‹ sind.«
Sandra nickt Bernd zu und der holt aus seiner Ledermappe einen kleinen Stapel gelber Papiere.
»Ich habe versucht, es grafisch darzustellen«, erklärt Sandra. Und mit einem Mal kann ich mir sehr gut vorstellen, was sie den lieben langen Jobtag tut: Ich habe von Werbung oder Public Relations nicht den Hauch eines Schimmers, doch was Arnes Ex hier abliefert ist sehr, sehr professionell. Sie zieht eine Grafik nach der anderen hervor, und wir hören schweigend und gebannt zu. Sogar die Hunde scheinen wie erstarrt zu sein und haben die Blicke auf die Rednerin gerichtet. Dann und wann scheint es, als ob Earl mit seiner Halskrause wackelt, was aussieht, als würde er zustimmend nicken.
»Und wenn ich das dann zusammenfasse, komme ich zu dem Schluss: Lasst uns feiern und bei diesem Fest Gelder sammeln!«
Sekundenlang schweigen alle. Starren Sandra an. Dann hebt Klaus Hünken die Hände und applaudiert. Olga fällt ein, dann meine Jungs. Der Mops bellt und Mudel rennt um den Tisch.
»Bravo!«, rufe ich. Ich hätte echt nicht gedacht, dass DAS in der Frau steckt. Alle Achtung, sie kann was. Vor allem überzeugen. Uns hat sie jedenfalls schon um den Finger gewickelt, und nun geht es eigentlich nur noch darum, für unser Vorhaben eine Mehrheit bei den Pächtern zu bekommen. Klaus beschließt, zu einer weiteren außerordentlichen Sitzung einzuladen.
»Nicht aufgeben ohne Kampf«, fasst Olga zusammen. Klaus strahlt sie an.
»Ja, so machen wir das«, pflichtet er ihr bei.
»Na, dann lafft unf mal anstoffen!« Nasenbär Chris steht auf. »Ich habe Profecco dabei!«
»Super Idee«, rufe ich. »Und übrigens müssen Arne und ich euch was erzählen. Wir sind heute quasi Eltern geworden.«
Tag 3: Mit viel gutem Willen kann man dem Patienten versichern, dass die Nase deutlich abgeschwollen sei. Ehrlich gesagt glaube ich, dass weder die Salbe noch die Globuli gewirkt haben. Die Nase nimmt jetzt eine Blaufärbung an, was zu Chris’ Augenfarbe sehr hübsch aussieht. Seine Sprache wird deutlicher, die Schmerzen lassen langsam nach. Arbeiten kann und will er aber noch nicht. »Fo kann ich doch nicht auf die Fraffe gehen, ich seh auf wie ein Monfter!« Leider müssen wir ihm recht geben. Rolf verlängert telefonisch die Krankmeldung.
Unser erster Patient am nächsten Morgen heißt Earl of Cockwood. Ausnahmsweise haben Arne und ich uns ein Stündchen Schlaf mehr als sonst gegönnt und kriechen erst gegen acht aus den Federn. Die Jungs sitzen schon in der Küche.
»Na, schwänzt ihr schon wieder?«, necke ich sie. »Chris, du könntest eine Vertretung übernehmen.«
»Waf?«
»In der Wilhelma hat der Nasenbär heute seinen freien Tag.«
»Daf ift nicht witfig!« Er streckt mir die Zunge raus. Ich strecke zurück.
»Gibt’s Kaffee für die liebe, liebe Tanja?«, will ich wissen und lasse mich auf den nächstbesten Stuhl plumpsen. Rolf nickt und setzt die Saeco in Gang. Wenig später steht ein dampfender Becher vor mir. Und Mudel zu meinen Füßen. Er beißt in meine Pyjamahose und zerrt an meinem Bein.
»Neee, ich mag jetzt
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