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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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kritisiert Caepio nicht - jedenfalls nicht direkt. Es ist wirklich interessant. Er sagt überhaupt nichts über ihn! Er widerspricht nur Caepios Darstellung, daß die Schuld für die Niederlage bei Gnaeus Mallius’ Plebejerarmee liege. Aber mir ist aufgefallen, daß der junge Marcus Livius und der junge Caepio bei weitem nicht mehr so häufig zusammenstecken. Die Sache ist ziemlich verwickelt, weil der junge Caepio mit meiner Nichte, der Schwester von Marcus Livius, verheiratet ist«, sagte Rutilius.
    »Nun, was erwartest du, wenn all diese erbärmlichen Adligen darauf bestehen, untereinander zu heiraten, anstatt neues Blut hineinzulassen?« fragte Marius. Dann zuckte er mit den Schultern. »Genug davon! Hast du noch mehr Neuigkeiten?«
    »Nur über die Marser, oder besser gesagt, über die italischen Bundesgenossen. Die Stimmung gegen uns schlägt hohe Wogen, Gaius Marius. Wie du weißt, versuche ich seit Monaten, Soldaten zu rekrutieren, aber die italischen Bundesgenossen stellen sich quer. Sie behaupten, daß sie keine waffenfähigen Männer im dienstfähigen Alter mehr haben, und als ich nach capite censi fragte, sagten sie, sie hätten auch keine capite censi mehr.«
    »Nun, es sind bäuerliche Völker, ich könnte mir vorstellen, daß das stimmt.«
    »Unsinn! Pachtbauern, Schäfer, Feldarbeiter, freie Bauernknechte - wann hat es davon jemals zuwenig gegeben? Aber die italischen Bundesgenossen beharren darauf, daß es keine italischen Proletarier mehr gibt. Ich habe ihnen einen Brief geschrieben und nach dem Grund gefragt. Sie sagen, jeder italische Mann, der vielleicht als tauglicher Proletarier in Frage käme, sei inzwischen römischer Schuldsklave. Oh, es ist bitter! Alle italischen Stämme haben sich schriftlich beim Senat beschwert, alle beklagen sich bitter darüber, wie sie von Rom behandelt würden, und nicht nur vom Staat, sondern auch von römischen Bürgern in Machtstellungen. Die Marser, die Paeligner - die Picenter - die Umbrer - die Samniten - die Apulier - die Lukaner - die Etrusker - die Marrukiner - die Vestiner - die Liste ist vollständig, Gaius Marius!«
    »Wir haben doch schon seit langem gewußt, daß es irgendwann Ärger geben würde«, sagte Marius. »Ich hoffe allerdings, daß die Bedrohung durch die Germanen unsere Halbinsel wieder zusammenschmiedet.«
    »Das glaube ich nicht. Alle Bundesgenossen werfen Rom vor, daß ihre besitzenden Männer viel zu lange in der Armee gehalten werden. In dieser Zeit können sie sich nicht um ihre Höfe oder Geschäfte kümmern, die langsam vor die Hunde gehen. Wenn sie dann von einem Feldzug für Rom zurückkommen - falls sie ihn überlebt haben -, stellen sie fest, daß sie hoch verschuldet sind, entweder bei einem römischen Landbesitzer oder bei einem ansässigen Geschäftsmann mit römischem Bürgerrecht. Und so habe Rom bereits alle ihre Männer - als Schuldsklaven, verstreut über alle römischen Provinzen von einen Ende des Mittelmeeres zum anderen. Vor allem da, sagen sie, wo Rom Leute mit landwirtschaftlichen Kenntnissen braucht, in Africa oder auf Sardinien oder Sizilien.«
    Marius wirkte beunruhigt. »Ich hatte keine Ahnung, daß es schon so weit gekommen ist«, sagte er. »Ich besitze selbst große Ländereien in Etrurien, darunter auch viele Höfe, die von meinen Agenten beschlagnahmt wurden, weil die Besitzer verschuldet waren. Aber was soll ich denn sonst tun? Wenn ich die Höfe nicht kaufe, dann kaufen sie Schweinebacke oder sein Bruder Delmaticus. Ich habe die Ländereien von der Familie meiner Mutter Fulcinia geerbt und mich deshalb auf diese Gegend beschränkt. Aber es läßt sich nicht leugnen, daß ich dort ein großer Grundbesitzer bin.«
    »Und ich wette, du weißt nicht, was deine Agenten mit den Männern gemacht haben, deren Höfe sie für dich beschlagnahmt haben«, sagte Rutilius.
    »Du hast recht, ich weiß es nicht«, erwiderte Marius und sah betreten aus. »Ich hatte keine Ahnung, daß wir so viele Italiker versklavt haben. Es ist, als hätten wir Römer versklavt!«
    »Nun, das machen wir auch mit Römern, wenn sie sich verschulden.«
    »Seltener, Publius Rufus, viel seltener!«
    »Stimmt.«
    »Sobald ich im Amt bin, werde ich mich um die Beschwerden unserer Bundesgenossen kümmern«, sagte Marius mit Entschiedenheit.

Der Unmut der italischen Bundesgenossen schwebte in diesem Dezember wie eine bedrohliche Wolke über Rom. Den Kern der aufgebrachten Italiker bildeten die kriegerischen Stämme des Hochlandes hinter den

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