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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Tälern des Tiber und des Lira, angeführt von den Marsern und den Samniten. Doch das waren nicht die einzigen Schwierigkeiten, mit denen Rom sich auseinandersetzen mußte. Römische Adlige begannen an den eigenen Privilegien zu rütteln.
    Die neuen Volkstribunen waren sehr rührig. Lucius Cassius Longinus empfand eine brennende Scham, weil sein Vater einer jener unfähigen Oberbefehlshaber war, die sich den Zorn des Volkes zugezogen hatten, und so brachte er einen alarmierenden Gesetzesvorschlag in einer contio , der beratenden Versammlung der Plebs, ein. Er verlangte, daß jeder Mann, dem das imperium aberkannt wurde, auch seinen Sitz im Senat verlieren sollte. Das war ein Racheakt, eine Kriegserklärung an Caepio! Denn es war klar, daß Caepio, falls er wegen Hochverrat angeklagt werden sollte, freigesprochen werden würde. Er war zu reich und zu mächtig, er hatte zu viele Ritter in der Ersten und Zweiten Klasse auf seiner Seite, als daß man ihn verurteilen würde. Doch mit dem Gesetz, das Lucius Cassius vorgeschlagen hatte, könnte die Versammlung der Plebs ihm seinen Senatssitz aberkennen, und das war etwas ganz anderes. Trotz heftigen Widerstandes von Metellus Numidicus und seinen Kollegen sah es ganz danach aus, als würde der Gesetzesvorschlag angenommen werden. Lucius Cassius sollte es besser ergehen als seinem Vater.
    Aber dann brach der Streit um das Amt des pontifex los, und alle anderen Probleme traten zurück. Da der Streit auch seine komischen Seiten hatte, verfolgte ganz Rom ihn höchst interessiert - alle Römer hatten eine besondere Vorliebe für das Lächerliche. Als Gnaeus Domitius Ahenobarbus auf der Rednertribüne des Forum Romanum tot zusammenbrach, von einem Schlaganfall niedergestreckt, während er gegen die Kandidatur von Gaius Marius in absentia wetterte, hinterließ er eine Lücke. Er war ein pontifex gewesen, ein Priester Roms, und sein Platz in den Reihen der pontifices mußte wieder besetzt werden. Das Amt des pontifex maximus hatte damals der alternde Lucius Caecilius Metellus Delmaticus inne, weitere Priester waren Marcus Aemilius Scaurus, der Senatsvorsitzende, Publius Licinius Crassus und Scipio Nasica.
    Neue Priester wurden von den übrigen pontifices berufen, und immer folgte ein Plebejer einem Plebejer nach, ein Patrizier einem Patrizier. Die Räte der Priester und der Auguren bestanden üblicherweise je zur Hälfte aus Patriziern und Plebejern. Nach alter Tradition wurden die neuen Priester aus der Familie des verstorbenen Priesters berufen, und so konnte das Amt eines Priesters oder eines Auguren vom Vater auf den Sohn übergehen oder vom Onkel auf den Neffen oder von einem Vetter auf einen anderen Vetter. Auf diese Weise blieben die Ehre und die dignitas der Familie erhalten. Und natürlich rechnete nun der junge Gnaeus Domitius Ahenobarbus, Familienoberhaupt seit dem Tod seines Vaters, damit, daß er das Amt des pontifex übernehmen würde.
    Es gab jedoch ein Problem, und das hieß Scaurus. Als das collegium Pontificum sich versammelte, um über den neuen Priester zu beraten, verkündete Scaurus, er sei dagegen, Ahenobarbus’ Amt an dessen Sohn weiterzugeben. Den wahren Grund für seine Ablehnung sprach er nicht aus, doch er war zwischen seinen Sätzen herauszuhören, und seine dreizehn Zuhörer wußten genau, was er meinte - nämlich, daß Gnaeus Domitius Ahenobarbus ein sturköpfiger, streitsüchtiger und jähzorniger Mann gewesen war, den kaum jemand gemocht hatte. Und sein Sohn war noch schlimmer. Kein römischer Adliger nahm einem anderen römischen Adligen unangenehme Eigenarten übel, jeder war bereit, sich damit abzufinden, vorausgesetzt, er konnte entfliehen, wenn er sich danach fühlte. Doch der Rat der Priester war eine eng verbundene Gemeinschaft, und der junge Ahenobarbus war erst dreiundreißig Jahre alt. Die Priester versammelten sich in der regia , dem Amtshaus des pontifex maximus . Denen, die wie Scaurus jahrelang unter dem Vater zu leiden gehabt hatten, war der Gedanke, daß sie jetzt jahrelang unter dem Sohn leiden würden, sehr zuwider. Glücklicherweise konnte Scaurus seinen Kollegen zwei sehr gute Gründe nennen, die Berufung des jungen Ahenobarbus abzulehnen.
    Der erste Grund war der, daß das Priesteramt des verstorbenen Zensors Marcus Livius Drusus nach dessen Tod nicht an seinen Sohn weitergegeben worden war. Mit seinen neunzehn Jahren war er den pontifices damals einfach zu jung für das Amt erschienen. Der zweite Grund lag in Marcus Livius’

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