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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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zweiten Mal gewählter Konsul richteten Metellus Numidicus und sein stotternder Sohn ein Essen für Jugurtha und dessen beide Söhne aus. Als einziger weiterer Gast war, auf Jugurthas ausdrücklichen Wunsch, Publius Rutilius Rufus geladen. Damit fehlte von den Schrecklichen Drei, die in Numantia zusammen unter Scipio Aemilianus gekämpft hatten, nur Marius.
    Es wurde ein seltsamer Abend. Metellus Numidicus hatte keinen Aufwand gescheut und für ein opulentes Mahl gesorgt, denn - so sagte er - er gedachte nicht, auf Kosten von Gaius Marius nach der Antrittssitzung des Senats im Tempel des Jupiter Optimus Maximus zu speisen.
    »Aber man bekommt kaum noch eine Languste, eine Auster, eine Schnecke oder sonst etwas Besonderes«, sagte Numidicus, als sie sich zum Essen niederließen. »Marius hat die Märkte leergekauft.«
    »Kann man ihm das zum Vorwurf machen?« fragte Jugurtha, als Rutilius Rufus schwieg.
    »Ich mache Gaius Marius alles zum Vorwurf«, erwiderte Numidicus.
    »Du tust unrecht daran. Wenn ihr Patrizier ihn aus euren eigenen Reihen hervorgebracht hättet, Quintus Caecilius, gut und schön. Aber ihr konntet nicht. Rom hat Gaius Marius hervorgebracht. Ich meine nicht die Stadt Rom oder das römische Reich - ich meine Roma, die unsterbliche Göttin, den Genius der Stadt und ihren Lebensquell. Ein Mann wurde gebraucht, und er wurde gefunden.«
    »Es gibt auch echte Römer mit der richtigen Abstammung, die hätten tun können, was Gaius Marius getan hat«, beharrte Numidicus. »Eigentlich hätte sogar ich an seiner Stelle stehen sollen. Gaius Marius hat mir das imperium gestohlen, und morgen erntet er, was ich verdient habe.« Verärgert durch den ungläubigen Blick, der sich auf Jugurthas Gesicht stahl, fügte er hinzu: »Es war zum Beispiel gar nicht Gaius Marius, der dich gefangen hat, König. Der Mann, der dich gefangen nahm, hat die richtige Familie und die richtigen Vorfahren - Lucius Cornelius Sulla. Man könnte mit einigem Recht sagen, daß Lucius Cornelius den Krieg beendet hat, nicht Gaius Marius.« Er holte tief Luft. Soeben hatte er den eigenen Anspruch auf Vorrang auf dem Altar eines anderen Aristokraten namens Lucius Cornelius Sulla geopfert. »Lucius Cornelius ist in jeder Beziehung ein rechtdenkender und wirklich römischer Gaius Marius.«
    »Nein!« spottete Jugurtha, der gemerkt hatte, daß Rutilius Rutilius ihn fixierte. »Sulla ist ein anderer Schlag. Gaius Marius ist gerader, wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Ich habe nicht die leiseste Vorstellung«, erwiderte Numidicus steif.
    Rutilius Rufus lächelte amüsiert. »Ich weiß genau, was du meinst.«
    Jugurtha bedachte Rutilius Rufus mit dem alten numantinischen Grinsen. »Gaius Marius ist ein Eigenbrötler«, sagte er dann, »die vollendete Frucht eines übersehenen, ganz normalen Baumes auf der anderen Seite der Gartenmauer. Solche Männer kann man nicht aufhalten oder in eine andere Richtung lenken, mein lieber Quintus Caecilius. Ihre innere Größe, ihr Mut, ihr Verstand und ein unsterblicher Funke lassen sie jedes Hindernis überwinden, das sich ihnen in den Weg stellt. Die Götter lieben sie, schütten über sie das ganze Füllhorn Fortunas aus. Ein Gaius Marius geht deshalb immer geradeaus. Selbst dann, wenn er krumme Wege gehen muß, geht er geradeaus!«
    »Wie recht du hast!« sagte Rutilius Rufus.
    »Lu-Lu-Lucius Co-Co-Cornelius ist be-be-be-besser!« stotterte Metellus das Ferkel wütend.
    »Nein!« Jugurtha schüttelte entschieden den Kopf. »Unser Freund Lucius Cornelius hat den Verstand... und den Mut... und vielleicht auch die innere Größe... aber ich glaube nicht, daß er jenen unsterblichen Funken hat. Der krumme Weg ist für ihn der natürliche, er sieht darin den geraden Weg. Wer auf einem Maultier glücklicher ist, gehört nicht auf einen Kriegselefanten. Sicher, tapfer wie ein Stier! Aber Lucius Cornelius hört Mars nicht. Während Gaius Marius gar nichts anderes hört. Ist nicht übrigens ›Marius‹ eine lateinische Verballhornung von ›Mars‹? Vielleicht Sohn des Mars? Du weißt es nicht? Ich glaube, du willst es gar nicht wissen, Quintus Caecilius! Schade. Latein ist eine so kraftvoll klingende Sprache. So knapp und doch fließend.«
    »Erzähl mir mehr von Lucius Cornelius Sulla«, bat Rutilius Rufus. Er nahm sich ein Stück frisches Weißbrot und ein gewöhnliches Ei.
    Jugurtha verschlang gierig eine Schnecke nach der anderen, denn seit Beginn seiner Gefangenschaft hatte er keine mehr gegessen. »Was soll

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