MoR 01 - Die Macht und die Liebe
gesagt hast, dann sind es vierzig Talente zuviel. Das soll die Mitgift für deine Tochter sein.«
»Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll, Gaius Marius.« Caesar ließ endlich seine Hand los und sah ihn mit wachsendem Unbehagen an. »Ich sage mir die ganze Zeit, daß ich meine Tochter ja nicht verkaufe, aber jetzt kann ich mich dieses Eindrucks nicht erwehren. Wirklich, Gaius Marius, ich würde anders handeln, wäre ich nicht aufrichtig überzeugt, daß sie mit dir einer glanzvollen Zukunft entgegensieht. Ich bin überzeugt, daß du gut für sie sorgen und sie behüten wirst, wie es einer Julia zusteht.« Seine Stimme klang rauh. Unsicher kam er hinter seinem Schreibtisch hervor. Obwohl sein Herz pochte und seine Gedanken rasten, nahm er die Pergamentrolle wie beiläufig an sich und steckte sie in eine Falte seiner Toga. »Ich werde erst Ruhe haben, wenn ich das auf die Bank gebracht habe.« Er zögerte, dann fügte er hinzu: »Julia wird erst Anfang Mai achtzehn, aber ich möchte die Heirat nicht bis in den Juni hinauszögern. Wenn du einverstanden bist, kann die Zeremonie im April stattfinden.«
»Ich bin einverstanden«, sagte Marius.
»Dann warte hier, Gaius Marius. Ich schicke Julia herein.«
Jetzt war es an Gaius Marius, nervös und gespannt zu sein. Hoffentlich sträubte sich das Mädchen nicht zu sehr! Caesars Verhalten hatte zwar nicht darauf hingedeutet, aber Marius wußte sehr wohl, daß es Dinge gab, über die Caesar nie mit ihm sprechen würde. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als daß Julia ihn freiwillig nahm. Freilich - wie konnte sie eine Verbindung erstreben, die so wenig zu ihrem Stand, ihrer Schönheit, ihrer Jugend paßte? Ob sie viele Tränen vergossen hatte, als man ihr den Beschluß eröffnet hatte? Hatte sie bereits einen jungen, hübschen Adligen für sich auserkoren, den sie aus Gründen der Vernunft nun nicht bekommen konnte? Ein alternder Bauer aus der Provinz, ohne Kultur - was für ein Mann für eine Julia!
Die Tür zum Säulengarten ging auf, und wie ein Fanfarenstoß brach die Sonne in Caesars Arbeitszimmer herein. Inmitten des goldenen Glanzes stand lächelnd Julia. Die rechte Hand hatte sie ausgestreckt.
»Gaius Marius«, sagte sie freundlich. Ihr Lächeln vertiefte sich.
»Julia.« Marius trat näher und ergriff ihre Hand, hielt sie aber, als wüßte er nicht, was er damit tun solle oder was überhaupt als nächstes zu tun sei. Verlegen räusperte er sich. »Dein Vater hat es dir gesagt?«
»Aber ja.« Sie lächelte immer noch, sogar, wenn das überhaupt ging, noch strahlender als zuvor, und sie wirkte durchaus nicht unreif oder mädchenhaft schüchtern. Im Gegenteil, sie schien sich und die Situation vollkommen zu beherrschen. Ganz die selbstbewußte Prinzessin, strahlte sie eine königliche Gelassenheit aus, in die sich unterschwellig Demut mischte.
»Du hast nichts dagegen?« fragte er abrupt.
»Ich freue mich darüber.« Sie ließ den Blick ihrer schönen grauen Augen auf ihm ruhen, in dem noch immer das warme Lächeln lag. Gleichsam als wollte sie ihn ermutigen, drückte sie zart seine Hand. »Gaius Marius, sieh nicht so ängstlich drein. Ich freue mich wirklich und wahrhaftig!«
Er zog seine linke Hand aus den Falten der Toga und nahm ihre Hand in beide Hände. »Ich bin ein alter Mann! «
»Dann mag ich alte Männer, denn ich mag dich.«
»Du magst mich?
Sie nickte. »Natürlich! Sonst hätte ich der Heirat nicht zugestimmt. Ich kann mir keinen gütigeren Mann als meinen Vater vorstellen. Er ist kein Tyrann. Er hätte mich nie zu einer Heirat gezwungen, die ich nicht gewollt hätte.«
»Aber bist du sicher, daß du dich nicht selbst dazu zwingst?«
»Das ist nicht notwendig«, erwiderte sie ruhig.
»Es gibt doch bestimmt einen jungen Mann, den du lieber magst als mich! «
»Nein. Junge Männer erinnern mich zu sehr an meine Brüder.«
»Aber... aber... «, er suchte krampfhaft nach einem Einwand. Schließlich sagte er: »Aber meine Augenbrauen!«
»Ich finde sie wunderbar!«
Er merkte, wie er errötete, und war vollkommen verunsichert. Dann erkannte er, daß sie trotz ihrer Selbstbeherrschung und Gelassenheit ein unschuldiges Mädchen war und nicht verstehen konnte, was er durchlitt. »Dein Vater meint, daß wir im April heiraten sollen, noch vor deinem Geburtstag. Ist es dir recht so?«
Sie runzelte die Stirn. »Nun, wenn er es sagt. Aber ich würde lieber schon im März heiraten, wenn ihr beide einverstanden seid. Ich würde gerne am Fest der
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