MoR 01 - Die Macht und die Liebe
danke dir für deine Hilfe, Gaius Servilius.«
»Nichts zu danken.«
Es dauerte eine ganze Weile, bis Gras über den Skandal gewachsen war. Es gab keine Anhaltspunkte, daß Saturninus etwas mit dem Mord zu tun hatte - schließlich bezeugten selbst die Freunde des toten Mannes, daß sowohl Saturninus als auch Glaucia zur Tatzeit auf dem unteren Teil des Forums gestanden hatten. Die Leute redeten. »Laß sie reden!« meinte Glaucia verächtlich. Und als der pontifex maximus Ahenobarbus forderte, die Wahl der Volkstribunen müsse wiederholt werden, kam er damit nicht durch. Glaucias Entscheidung, seine Art, diese besondere Krisensituation zu bewältigen, hatte einen Präzedenzfall geschaffen.
»Die Leute können sich die Münder zerfransen!« wiederholte Glaucia, diesmal im Senat. »Es gibt keinerlei Beweise für die Anschuldigung, Lucius Appuleius und ich hätten etwas mit dem Tod von Quintus Nonius zu tun. Ja, ich habe an die Stelle des toten Volkstribunen einen lebendigen gesetzt! Jeder Wahlleiter, der seine Aufgabe ernst nimmt, hätte dasselbe tun müssen! Ich habe gehandelt! Niemand kann bestreiten, daß Lucius Appuleius an elfter Stelle gewählt wurde. Lucius Appuleius als Nachfolger von Quintus Nonius zu ernennen, und zwar so schnell und unbürokratisch wie möglich, war nicht nur völlig logisch, sondern auch ein Gebot der Stunde. Jeder hier weiß, daß die gestern von mir einberufene contio der Plebs meine Entscheidung einstimmig begrüßt hat. Diese Diskussion, patres conscripti , ist nutzlos und überflüssig. Der Fall ist erledigt.«
Am ersten Tag im Dezember feierten Gaius Marius und Quintus Lutatius Catulus Caesar gemeinsam ihren Triumph. Marius’ Idee, einen gemeinsamen Triumphzug zu veranstalten, war ein Geniestreich, denn Catulus Caesar, der in seinem Triumphwagen hinter dem amtierenden Konsul herzuckelte, spielte ganz offenkundig die zweite Geige. Gaius Marius war der Held des Tages. Lucius Cornelius Sulla, der wie üblich den Triumphzug zusammengestellt hatte, brachte als besondere Attraktion einen Festwagen, auf dem dargestellt wurde, wie Marius die Soldaten aus Catulus Caesars Heer die fünfunddreißig kimbrischen Feldzeichen aufsammeln ließ - er selbst hatte schließlich schon genug in Gallien erobert.
Zum Abschluß fand eine Senatssitzung im Tempel des Jupiter Optimus Maximus statt. Leidenschaftlich berichtete Marius von seinen Taten: wie er den Soldaten aus Camerinum das Bürgerrecht verliehen hatte, wie er durch die Ansiedlung einer Soldatenkolonie in der Nähe der kleinen Stadt Eporedia das Tal der Salasser abgeriegelt hatte. Als er seine sechste Kandidatur für das Konsulat ankündigte, erntete er spöttisches Gelächter, bittere Protestrufe, lautes Stöhnen - und Jubelrufe. Die Jubelrufe übertönten alles. Marius wartete ab, bis sich der Tumult gelegt hatte, und gab dann bekannt, daß er seinen gesamten persönlichen Anteil an der Kriegsbeute für den Bau eines neuen Tempels zur Verehrung der soldatischen Tugenden Honos und Virtus zur Verfügung stellen werde. Der neue Tempel auf dem Kapitol sollte seine Siegeszeichen und die seines Heeres beherbergen. In der griechischen Stadt Olympia werde er einen weiteren Tempel für Honos und Virtus erbauen lassen.
Catulus Caesar sank das Herz bei dieser Rede, denn er wußte, daß er es seinem guten Ruf schuldig war, nun ebenfalls seinen Anteil an der Kriegsbeute für einen religiösen Zweck zur Verfügung zu stellen. Er konnte damit nicht sein eigenes Privatvermögen mehren - das zwar beträchtlich war, aber lange nicht so groß wie das von Marius.
Niemand war überrascht, als die Zenturiatkomitien Gaius Marius zum sechsten Mal zum Konsul wählten, und zwar zum ersten Konsul. Unumstritten war er jetzt nicht nur der Erste Mann in Rom, viele nannten ihn sogar den dritten Gründer Roms. Der erste Gründer war Romulus gewesen, der zweite Marcus Funus Camillus, der Italien vor dreihundert Jahren von den Galliern befreit hatte. Auch Gaius Marius hatte einen Ansturm der Barbaren zurückgedrängt - und sich damit den Titel des dritten Gründers verdient.
Ein paar Überraschungen brachte die Wahl doch noch: Quintus Caecilius Metellus Numidicus wurde nicht zum zweiten Konsul gewählt. Für Marius war die Wahl des zweiten Konsuls der entscheidende Punkt - und auch da setzte er sich durch. Er hatte sich deutlich für Lucius Valerius Flaccus ausgesprochen, und Lucius Valerius Flaccus wurde mit einer komfortablen Mehrheit gewählt. Flaccus hatte auf
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