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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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stimmt - und wer wollte das bestreiten? -, warum sollte dann der eine Soldat etwas anderes sein als sein Kamerad neben ihm?«
    »Italien!« schrie Catulus Caesar. »Immer nur Italien!«
    »Unsinn!« brüllte Marius. »Die ersten Landzuteilungen gehen an römische, nicht an italische Soldaten! Sieht so die Bevorzugung der Italiker aus? Und warum sollen nicht drei der vielen tausend italischen Veteranen, die in die Kolonien gehen, das volle römische Bürgerrecht erhalten? Ich spreche von dreien, Volk von Rom! Nicht dreitausend Italiker, Volk von Rom! Nicht dreihundert Italiker, Volk von Rom! Nicht drei Dutzend, Volk von Rom! Drei einzelne Männer! Soviel wie ein Tropfen im Meer! Ein Bruchteil eines Tropfens im Meer!«
    »Sie werden ein Tropfen Gift in diesem Meer von Menschen sein!« kreischte Catulus Caesar von der Senatstreppe.
    »Der Gesetzentwurf sieht zwar vor, daß zuerst die römischen Soldaten ihr Land erhalten sollen. Wo aber steht geschrieben, daß die ersten Landzuteilungen auch die besten sind?« schrie Metellus Numidicus.
    Trotz des heftigen Widerspruchs im Senat wurde das erste Gesetz zur Landreform durch Abstimmung in der Versammlung der Plebs beschlossen. Große Gebiete, die sich schon seit langem in staatlichem Besitz befanden und an römische Bürger verpachtet waren, die sich nie in den jeweiligen Ländern aufhielten, wurden neu verteilt.
    Quintus Poppaedius Silo, inzwischen trotz seiner jungen Jahre Führer des mittelitalischen Volks der Marser, kam nach Rom, um die Debatten über die Landreform zu hören. Marcus Livius Drusus hatte ihn eingeladen, und so wohnte Silo in Drusus’ Haus.
    »Dieses Thema, Rom gegen Italien, wird ziemlich hochgespielt, oder?« fragte Silo. Seines Wissens hatte Rom vorher noch nie darüber gestritten.
    »In der Tat«, antwortete Drusus voller Ingrimm. »Mit der Zeit werden sich die Wogen glätten. Ich habe noch Hoffnung, Quintus Poppaedius.«
    »Aber Gaius Marius kannst du dennoch nicht leiden?«
    »Ich verabscheue diesen Mann. Trotzdem habe ich für ihn gestimmt«, sagte Drusus.
    »Es ist erst vier Jahre her, daß wir in Arausio gekämpft haben.« Silo war nachdenklich geworden. »Ja, wahrscheinlich hast du recht, mit der Zeit wird sich der Aufruhr legen. Vor Arausio hatte ich noch Zweifel, ob es Gaius Marius überhaupt gelingen würde, seine italischen Truppen in den Kolonien unterzubringen.«
    »Der Schlacht von Arausio ist es zu verdanken, daß die italischen Schuldsklaven freigelassen wurden«, sagte Drusus.
    »Es macht mich froh, daß unsere Männer nicht umsonst gestorben sind. Aber dennoch - denk nur an Sizilien. Dort wurden die italischen Sklaven nicht freigelassen. Sie mußten sterben.«
    »Ich krümme mich vor Scham, wenn ich an Sizilien denke.« Drusus errötete bei diesen Worten. »Das ist das Werk von zwei korrupten, selbstsüchtigen römischen Magistraten. Zwei erbärmlichen mentulae ! Wenn alle so wären, Quintus Poppaedius, müßte man annehmen, daß auch Männer wie Metellus Numidicus oder Aemilius Scaurus fähig wären, sich ihre Finger mit Kornbetrügereien schmutzig zu machen.«
    »Ja, du hast recht«, sagte Silo. »Dabei glauben sie immer noch, Marcus Livius, daß sie als Römer zum erlesensten Volk der Erde gehören - und daß kein Italiker es verdient, von diesem Volk adoptiert zu werden.«
    »Adoptiert?«
    »Ja, was sonst bedeutet die Verleihung des römischen Bürgerrechts? Ist das nicht eine Adoption in die Familie der Römer?«
    Drusus seufzte. »Das stimmt schon. Der einzige Unterschied besteht im Namen. Durch die Verleihung des Bürgerrechts wird kein Italiker, kein Grieche zu einem Römer. Und im Laufe der Zeit wird sich zumindest der Senat immer hartnäckiger gegen eine wachsende Zahl solcher unechter Römer zur Wehr setzen.«
    »Dann werden wir Italiker uns wohl selbst darum kümmern müssen, unechte Römer zu werden - mit oder ohne Zustimmung des Senats.«
     
    Ein zweiter Gesetzentwurf zur Landreform folgte, darin ging es um die neuen Gebiete, die Rom im Laufe der Kriege gegen die Germanen erobert hatte. Der zweite Gesetzentwurf war sehr viel wichtiger als der erste, denn jetzt stand praktisch unerschlossenes Land zur Verteilung an, das weder Bauern noch Viehzüchter in größerem Umfang nutzten, das aber womöglich andere Reichtümer als Herden und Getreide bereithielt - Mineralien, Edelmetalle, Steinbrüche. Die Gebiete lagen alle in der westlichen Gallia Transalpina, in der Nähe von Narbo, Tolosa, Carcasso, in der mittleren Gallia

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