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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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daß Aurelia recht hatte: Er war wie Gaius Marius das, was die Gärtner einen Spätblüher nannten. Es war zwecklos, wenn er versuchte, unter den Senatoren, die älter waren als er, Freunde und Verbündete zu finden. Bei Scaurus zum Beispiel hatte er keine Chance. Das hatte immerhin den Vorteil, daß er Scaurus’ reizender kleiner Kindfrau nicht mehr begegnen würde. Delmatica war inzwischen Mutter einer kleinen Aemilia Scaura. Die Nachricht, daß Scaurus Vater einer Tochter geworden war, hatte Sulla größtes Vergnügen bereitet. Der geile alte Bock hatte nichts anderes verdient.
    Sulla dachte auch an seine eigene politische Karriere, während er damit beschäftigt war, Marius’ Zukunft zu retten. Er umwarb die jüngere Generation der Senatoren, dabei vor allem die, die leicht zu beeinflussen, nicht sehr intelligent, aber reich waren und aus wichtigen Familien kamen. Manche waren auf so arrogante Weise selbstsicher, daß jede Form von Schmeichelei Erfolg hatte. Sein Hauptinteresse galt dem jungen Caepio und Metellus dem Ferkel. Der junge Caepio war ein etwas beschränkter Patrizier, der mit jungen Männern wie Marcus Livius Drusus - den Sulla erst gar nicht zu umwerben versuchte - verkehrte. Metellus das Ferkel wußte, was bei den älteren boni vor sich ging. Niemand hätte es besser verstanden als Sulla, diesen jungen Männern den Hof zu machen, wenn auch nicht im entferntesten mit sexuellen Absichten. Bald war er es, der Hof hielt: Er wirkte immer leicht amüsiert über ihre jugendlichen Posen, aber auf eine Art, mit der er anzudeuten schien, daß er vielleicht seine Meinung ändern und die jungen Leute ernst nehmen wurde. Es waren keine Jugendlichen, die Ältesten waren nur sieben, acht Jahre jünger als er, die Jüngsten fünfzehn, sechzehn Jahre jünger; alle alt genug, um sich selbst als reife Erwachsene zu betrachten, und jung genug, um sich von Sulla aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen. Und sie waren der Kern der nächsten Senatorengeneration. Für einen Mann, der unbedingt Konsul werden wollte, würden sie irgendwann von größter Bedeutung sein.
    Im Augenblick bereitete allerdings Saturninus Sulla die größten Sorgen. Seit sich die ersten Menschenmengen auf dem Forum versammelt hatten, seit die ersten mit der Toga bekleideten Würdenträger belästigt worden waren, verfolgte Sulla sein Tun genauestens. Ob das Getreidegesetz tatsächlich in Kraft treten würde oder nicht, war Sulla gleichgültig. Aber man mußte Saturninus endlich einmal zeigen, daß nicht alle jederzeit nach seiner Pfeife tanzen würden.
    Am Abend vor der Abstimmung über das Getreidegesetz hatten sich ungefähr fünfzig Söhne aus gutem Haus bei dem jungen Metellus versammelt. Sulla hielt sich im Hintergrund und lauschte scheinbar unbeteiligt den Gesprächen, bis der junge Caepio ihn barsch fragte, was sie denn seiner Meinung nach tun sollten.
    Sulla sah blendend aus. Sein dichtes, rotgoldenes Haar war so frisiert, daß seine Locken besonders gut zur Geltung kamen, seine weiße Haut war makellos, seine Augenbrauen und Wimpern auffallend schwarz - er behandelte sie mit etwas stibium , aber das fiel niemandem auf -, seine Augen hatten den eiskalten Glanz einer blauäugigen Katze. »Meiner Meinung nach produziert ihr hier nichts als heiße Luft«, sagte er.
    Der junge Metellus glaubte inzwischen, daß Sulla keineswegs Marius’ Marionette war. Wie jeder Römer machte der junge Metellus es niemandem zum Vorwurf, wenn er einer bestimmten Gruppierung angehörte, und ebenso hielt er es für möglich, daß jemand die Fronten wechselte. »Nein, das ist nicht nur heiße Luft«, knurrte er und stotterte dabei überhaupt nicht. »Wir wissen bloß nicht, wie wir taktisch richtig vorgehen sollen.«
    »Habt ihr etwas gegen ein bißchen Gewalt?« fragte Sulla.
    »Nicht, wenn damit das Recht des Senats geschützt wird, über die Verwendung der öffentlichen Gelder Roms zu entscheiden«, sagte der junge Caepio.
    »Genau darum geht es«, sagte Sulla. »Dem Volk wurde noch nie das Recht zugestanden, über die Verwendung der Gelder zu bestimmen. Das Volk soll die Gesetze machen, dagegen ist nichts einzuwenden, und der Senat stellt die Gelder für die Gesetze des Volkes zur Verfügung - oder verweigert sie. Wenn man uns die Kontrolle über den Geldhahn entzieht, haben wir überhaupt keine Macht mehr. Nur über das Geld können wir die Gesetze des Volkes unwirksam machen, wenn wir nicht damit einverstanden sind. So haben wir es schon bei Gaius

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