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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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es ein Gefühl gab, das sie beherrschte, dann diese niederdrückende, ausweglose Enttäuschung. Sie hatte sogar begonnen, Vediovis, dem Gott der Enttäuschungen, Opfer darzubringen.
    Marius öffnete die Lippen. Sie waren ursprünglich voll und sinnlich gewesen, doch er hatte ihnen eine soldatische Strenge anerzogen, noch bevor Grania ihn kennengelernt hatte. Grania beugte sich leicht vor, damit ihr nichts entging, jede Faser ihres Körpers gespannt.
    »Ich lasse mich von dir scheiden«, sagte er. Er reichte ihr ein Stück Pergament, auf das er am Morgen die Scheidungserklärung geschrieben hatte.
    Seine Worte drangen kaum zu ihr durch. Sie breitete das dicke und leicht übel riechende Viereck aus glatter Haut auf der Tischplatte aus und las es mit alterssichtigen Augen durch. Dann blickte sie auf.
    »Das habe ich nicht verdient«, sagte sie dumpf.
    »Ich bin anderer Meinung«, erwiderte er.
    »Weshalb? Was habe ich getan?«
    »Du hast als Ehefrau nicht zu mir gepaßt.«
    »Und du hast fünfundzwanzig Jahre gebraucht, um das herauszufinden?«
    »Nein. Ich wußte es von Anfang an.«
    »Warum hast du dich dann nicht schon früher von mir getrennt?«
    »Damals erschien es mir nicht wichtig.«
    Oh, ein Schmerz nach dem anderen, eine Beleidigung nach der anderen! Das Pergament zitterte in ihrer Hand. Sie warf es auf den Tisch und ballte die Hände zu kleinen, harten Fäuste.
    »Ja, das glaube ich dir! « sagte sie, und ihre Resignation schlug in Wut um. »Ich war dir nie wichtig. Nicht einmal wichtig genug, um dich von mir zu trennen. Warum also ausgerechnet jetzt?«
    »Ich will mich wieder verheiraten.«
    Granias Wut wich ungläubigem Staunen. Sie starrte ihn an. »Du?«
    »Ja, ich. Man hat mir die Ehe mit einem Mädchen aus einem sehr alten Patriziergeschlecht angeboten.«
    »Jetzt hör aber auf, Marius! Wird der große Verächter plötzlich zum großen Aristokraten?«
    »Ich glaube nicht«, sagte er gleichmütig. Es war ihm unbehaglich zumute, doch er verbarg dies ebenso geschickt wie seine Schuldgefühle. »Es ist ganz einfach. Diese Ehe bedeutet, daß ich doch noch Konsul werden kann.«
    Das Feuer ihrer Zornes erlosch, ausgeblasen vom kalten Wind der Logik. Was konnte sie dagegen sagen? Wie konnte sie ihm Vorwürfe machen? Sie wußte, daß er als Politiker chancenlos war und nur geringes Ansehen genoß, obwohl er nie mit ihr darüber gesprochen hatte. Sie hatte um ihn geweint, hatte sich für ihn verzehrt und gewünscht, sie könnte den Makel ausmerzen und ihn in den Augen des römischen Adels gesellschaftsfähig machen. Doch was konnte sie schon ausrichten, sie, eine Grania aus Puteoli? Sie war so wohlhabend, angesehen und von makelloser Ehre, wie eine Ehefrau nur sein konnte, aber es fehlte ihr an Beziehungen. Marius war ein Landadliger und sie die Tochter eines Kaufmanns aus der Campania. In den Augen des städtischen römischen Adels gehörte sie der untersten Klasse an. Bis vor kurzem hatte ihre Familie nicht einmal die Bürgerrechte besessen.
    »Das also ist der Grund«, sagte sie tonlos.
    Marius hatte genügend Mitgefühl, um nichts mehr hinzuzufügen und seine Erregung vor ihr zu verbergen, jenes glühende, kleine Körnchen Liebe, das in seinem kühlen Herzen neue Triebe hervorbrachte. Sollte sie doch denken, daß es nur eine politische Zweckheirat war.
    »Es tut mir wirklich leid, Grania«, sagte er sanft.
    »Mir auch, mir auch«, murmelte sie vor sich hin. Sie begann wieder zu zittern, doch diesmal zitterte sie, weil sie ihre Zukunft vor sich sah - eine noch größere und noch unerträglichere Einsamkeit als bisher. Ein Leben ohne Gaius Marius? Undenkbar.
    »Die Verbindung wurde mir angeboten, ich habe mich nicht selbst darum bemüht, falls dir das ein Trost ist.«
    »Wer ist das Mädchen?«
    »Die ältere Tochter des Gaius Julius Caesar.«
    »Eine Julia! Du willst hoch hinaus! Du wirst bestimmt Konsul, Gaius Marius.«
    »Ja, das glaube ich auch.« Nervös spielte er mit seiner Lieblingsschreibfeder aus Schilfrohr, mit der kleinen Porphyrflasche, die den Löschsand enthielt, und mit dem Tintenfaß aus poliertem Amethyst. »Du wirst selbstverständlich deine Mitgift zurückerhalten. Das ist mehr als genug für deine Bedürfnisse. Ich habe das Geld in profitablere Unternehmen gesteckt als dein Vater, und da du es nie angerührt hast, ist daraus ein stattliches Vermögen geworden.« Er räusperte sich. »Ich nehme an, daß du in der Nähe deiner Familie wohnen willst, aber in deinem Alter ist es wohl

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