MoR 01 - Die Macht und die Liebe
auf das Gesicht des Kochs, wenn er erfuhr, daß er ausziehen mußte. Diesem eingebildeten Meister der Töpfe würde es ganz bestimmt nicht gefallen, daß er Rom gegen Puteoli eintauschen sollte!
Grania betrat ihr geräumiges Zimmer und blickte sich in dem vertrauten Durcheinander um, sah ihre Farben und ihren Nähkasten und die mit Nägeln besetzte Truhe, in der sich die Babyausstattung befand, die sie so hoffnungsvoll zusammengetragen und dann nie benutzt hatte.
Da Römerinnen ihre Möbel weder selbst auswählten noch kauften, würde Marius ihr nichts mitgeben. Ihre Augen hellten sich ein wenig auf, die Tränen versiegten. Gleich morgen würde sie Möbel für ihre neue Villa kaufen gehen! Wie angenehm es war, daß endlich sie auswählen konnte, was ihr gefiel! Morgen würde also ein geschäftiger Tag werden, keine Zeit für Gedanken, keine leeren, traurigen Stunden.
»Berenice!« Als das Mädchen erschien, sagte Grania: »Ich werde jetzt essen. Sag bitte in der Küche Bescheid.«
In dem Durcheinander auf ihrem Arbeitstisch fand sie ein Stück Papier, nach dem Essen wollte sie darauf ihre Einkaufsliste zusammenstellen. Marius hatte doch noch etwas anderes erwähnt - ja, richtig: der kleine Schoßhund. Morgen würde sie einen kleinen Schoßhund kaufen; er würde ganz oben auf ihrer Liste stehen.
Granias Euphorie hielt an, bis sie ihre einsame Mahlzeit fast beendet hatte. Dann schlug der Schock in Trauer um. Sie fuhr sich mit den Händen in die Haare und zerrte und zog wie wild daran. Ihr Mund öffnete sich zu einem langen, schrillen Heulen, die Tränen brachen in Strömen hervor. Die Diener entfernten sich. Einsam heulte sie im Eßzimmer in den golden und purpurrot gewirkten Bezug ihres Sofas.
»Hör dir das an!« sagte der Koch in der Küche bitter. Er war dabei, seine verschiedenen Pfannen, Töpfe und Küchengerate einzupacken. »Warum heult sie denn? Eigentlich muß doch ich ins Exil - sie lebt doch schon seit Jahren im Exil, die blöde alte Kuh! «
Am Neujahrstag wurde die römische Provinz Africa durch ein Dokument der Statthalterschaft des Konsuls Spurius Postumius Albinus unterstellt. Kaum vierundzwanzig Stunden später ergriff Postumius erstmals öffentlich für den Prinzen Massiva von Numidien Partei.
Spurius Albinus hatte einen zehn Jahre jüngeren Bruder mit Namen Aulus Albinus, der seit kurzem dem Senat angehörte und begierig war, sich einen Namen zu machen. Während sich Spurius Albinus eifrig für seinen neuen Klienten Prinz Massiva einsetzte, wurde Aulus Albinus damit beauftragt, Prinz Massiva in der Stadt herumzuführen und allen bedeutenden Römern vorzustellen. Wie die meisten Mitglieder des numidischen Königshauses war auch Massiva ein wohlproportionierter, gutaussehender Semit, der sehr charmant sein konnte und großzügig mit Geschenken war.
Am Ende der ersten Woche des neuen Jahres trug Aulus Albinus dem Senat offiziell den Fall des Prinzen Massiva vor und forderte in dessen Namen den numidischen Thron für den legitimen Zweig der Familie. Es war Aulus Albinus’ Jungfernrede, und es war eine gelungene Rede. Marcus Aemilius Scaurus befürwortete Massivas Anliegen. Dies, sagte er, sei die Antwort auf die lästige Frage, was man mit Numidien anfangen solle. Das Land könne wieder auf den rechten Weg gebracht werden, wenn man dort einen rechtmäßigen König einsetze. Als Spurius Albinus die Sitzung beendete, schien der Senat entschlossen, den herrschenden König abzusetzen und an seiner Stelle Massiva anzuerkennen.
»Das Wasser steht uns bis zum Hals«, sagte Bomilkar zu Jugurtha. »Plötzlich werde ich nicht mehr zum Essen eingeladen, und unsere Agenten finden niemanden mehr, der ihnen auch nur zuhören will. «
»Wann findet die Abstimmung im Senat statt?« fragte der König. Seine Stimme klang ruhig und gelassen.
»Die nächste Sitzung soll am vierzehnten Tag vor den Kalenden des Februars stattfinden - morgen in sieben Tagen.«
Der König richtete sich auf. »Sie werden gegen mich stimmen, nicht wahr?«
»Ja, Herr«, sagte Bomilkar.
»In diesem Fall ist es zwecklos, daß ich weiter versuche, mein Anliegen auf die römische Art durchzusetzen.« Jugurtha schien auf einmal zu wachsen, und eine furchteinflößende Majestät ging von ,hin aus. »Von jetzt ab handle ich auf meine Weise - auf numidische Weise.«
Der Regen hatte aufgehört, eine kalte Sonne schien. Jugurthas Körper verlangte nach den wärmeren Winden Numidiens, nach der freundlichen und uneigennützigen
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