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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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auf die Brustharnische, Helme und Schwerter der Ankömmlinge genügte, und die Hälfte von Saturninus’ Anhängern flüchtete Hals über Kopf Richtung Argiletum, die östliche Seite des Forums hinauf in die Gassen auf dem Esquilin, auf sicheren Heimatboden.
    »Lucius Appuleius, gib auf!« schrie Marius aus vollem Hals. Sulla stand an seiner Seite.
    Saturninus überblickte mit Saufeius, Labienus, Equitius und etwa zehn anderen oben von der rostra das Geschehen. Er starrte Marius mit offenem Mund an, dann warf er den Kopf zurück und lachte. Das Lachen sollte trotzig und selbstbewußt klingen, tatsächlich aber klang es hohl.
    »Deine Befehle, Gaius Marius?« fragte Sulla.
    »Wir nehmen sie im Sturm«, sagte Marius. »Ganz plötzlich, mit aller Härte. Die Schwerter bleiben stecken. Nur mit den Schilden. Ich hätte nie gedacht, daß sie so eine kunterbunte Versammlung sind, Lucius Cornelius! Wir werden leichtes Spiel mit ihnen haben.«
    Sulla und Marius gingen durch die Reihen ihrer kleinen Armee und wiesen sie an. Mit ausgestreckten Schilden bildeten sie eine Phalanx, vielleicht zweihundert Männer lang und fünf Reihen tief.
    Und dann: »Angreifen!« schrie Gaius Marius.
    Hinter einer festen Mauer von Schilden überrannten sie den Pöbel wie eine ungeheure Welle. Männer und selbstgebastelte Waffen flogen in alle Richtungen. Bevor sich Saturninus’ Pöbel wieder aufgerappelt hatte, krachte die Mauer aus Schilden zum zweiten Mal hinein.
    Saturninus und seine Gefährten sprangen von der Rednerbühne und mischten sich unter die Kämpfenden. Vergebens. Obwohl Marius’ Kohorte anfänglich nach Blut gelechzt hatte, fand sie jetzt Gefallen an der neuartigen Holzhammermethode. Im Gleichschritt fuhren sie wieder und wieder in die verstörte Menge, drängten die Männer wie Steine zu einem Haufen zusammen, zogen sich zurück, um erneut eine Mauer zu bilden, und stießen wieder vor. Ein paar Männer aus dem Pöbel wurden zertrampelt, aber es entwickelte sich keine Schlacht, es war ein einziges Debakel für den Pöbel.
    Es dauerte nicht lang, bis Saturninus’ ganze Truppe die Flucht ergriff. Die Besetzung des Forum Romanum war vorüber, fast ohne Blutvergießen. Saturninus, Labienus, Saufeius, Equitius, ein Dutzend Römer und an die dreißig bewaffnete Sklaven liefen den Clivus Capitolinus hinauf und verbarrikadierten sich im Tempel des Jupiter Optimus Maximus. Sie flehten den großen Gott um Hilfe an, er solle ihnen doch die riesige Menschenmenge zurück auf das Forum schicken.
    »Jetzt wird Blut fließen!« kreischte Saturninus vom Podium vor dem Tempel auf dem Kapitol hinunter, so laut, daß Marius und seine Männer ihn gut verstehen konnten. »Ich werde dafür sorgen, daß du Römer töten mußt, bevor ich abtrete, Gaius Marius! Dieser Tempel wird durch das Blut von Römern entweiht werden!«
    »Er könnte recht behalten«, sagte der Senatsvorsitzende Scaurus. Trotzdem sah er sehr glücklich und zufrieden aus.
    Marius lachte herzhaft. »Nein! Er stellt die Stacheln auf, wie ein kleines wehrloses Tier, Marcus Aemilius. Es gibt ein ganz einfaches Mittel gegen diese Besetzung. Wir werden sie dort rauskriegen, ohne daß auch nur ein Tropfen Blut fließt.« Er wandte sich an Sulla. »Lucius Cornelius, such die Ingenieure der städtischen Wasserversorgung, sie sollen sofort das Wasser für das gesamte Kapitol sperren!«
    Der Senatsvorsitzende schüttelte verblüfft den Kopf. »So einfach ist das! Und so naheliegend - und ich wäre trotzdem nicht darauf gekommen. Wie lange werden wir wohl warten müssen, bis Saturninus aufgibt?«
    »Nicht sehr lange. Ihre Arbeit muß sie ziemlich durstig gemacht haben. Ich schätze, morgen ist es soweit. Ich schicke genug Männer hinauf, damit wir den Tempel umstellen können. Und die sollen sich erbarmungslos über den Wassernotstand unserer Ausreißer lustig machen.«
    »Saturninus wird aufs Ganze gehen«, sagte Scaurus.
    Marius wollte dieser Einschätzung nicht zustimmen. »Er ist Politiker, kein Soldat, Marcus Aemilius. Er hat verstanden, was Macht ist, aber er weiß nicht, was Waffengewalt ist. Er kann sich keine erfolgreiche Taktik ausdenken.« Scaurus erschrak, als Marius ihm die verzerrte Hälfte seines Gesichts zuwandte. Das Augenlid hing traurig herunter, und das Lächeln, das die gesunde Seite seines Gesichts erhellte, bildete einen schrecklichen Kontrast. »Wenn ich in Saturninus’ Stiefeln stünde, Marcus Aemilius, dann hättest du Grund zur Sorge! Ich wäre längst König von

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