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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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wenn sie jetzt auf diesem Schmerzenslager litt. Dieser Gedanke quälte Gaius Marius.
    Als er jedoch das Entbindungszimmer betrat, sah alles ganz normal aus. Julia lag im Bett, und der Gebärstuhl, auf den sie sich im letzten Stadium der Wehen setzen würde, stand dezent verhüllt in einer Ecke, so daß Marius ihn nicht einmal bemerkte. Zu seiner großen Erleichterung sah sie weder erschöpft noch todkrank aus. Sie lächelte ihn vielmehr strahlend an und streckte ihm beide Hände entgegen.
    Er nahm sie und küßte sie. »Geht es dir gut?« fragte er verlegen.
    »Natürlich geht es mir gut! Die Ärzte haben mir nur gesagt, daß es ziemlich lange dauern wird, und ich habe eine leichte Blutung. Aber bis jetzt besteht kein Grund zur Sorge.« Dann verkrampfte sich auf einmal ihr Gesicht vor Schmerz, und ihre Hände schlossen sich mit einer Kraft um die seinen, die er bei ihr nie vermutet hätte. Sie hielt sich etwa eine Minute lang fest, dann entspannte sie sich wieder. »Ich wollte dich nur sehen«, fuhr sie fort, als sei nichts geschehen. »Kannst du nicht ab und zu hereinkommen, oder ist das zu schlimm für dich?«
    »Natürlich komme ich, mein kleiner Liebling.« Er beugte sich zu ihr hinab und küßte sie. Ihre Haut war ganz feucht.
    »Es wird alles gutgehen, Gaius Marius«, sagte sie und ließ seine Hände los. »Mach dir keine Sorgen. Ist tata noch bei dir?«
    »Ja.«
    Als Gaius Marius sich umdrehte und hinausgehen wollte, traf ihn ein finsterer Blick von Marcia, die zusammen mit drei alten Hebammen in einer Ecke des Zimmers stand. Oh ihr Götter! Sie würde ihm gewiß nicht so schnell verzeihen, was er ihrer Tochter da angetan hatte!
    »Gaius Marius!« rief Julia ihm nach, als er an der Tür war.
    Er drehte sich noch einmal um.
    »Ist der Astrologe da?«
    »Noch nicht, aber wir haben nach ihm geschickt.«
    Sie sah erleichtert aus. »Das ist gut!«

    Marius’ Sohn wurde vierundzwanzig Stunden später in einem Schwall von Blut geboren. Er kostete seine Mutter beinahe das Leben, aber ihr Lebenswille war stärker.
    »Er wird ein berühmter Mann werden, Dominus , und sein Leben wird voller großer Ereignisse und Abenteuer sein«, sagte der Astrologe und sparte die weniger erfreulichen Aspekte aus, von denen die Eltern neugeborener Söhne erfahrungsgemäß nichts wissen wollten.
    »Er wird also am Leben bleiben?« fragte Caesar barsch.
    »Das wird er, Dominus .« Ein langer und ziemlich schmutziger Finger lag auf einer bedeutsamen Opposition und verdeckte sie. »Er wird das höchste Amt im Staat bekleiden, das läßt sich aus seinem Horoskop deutlich ablesen.« Ein zweiter langer und schmutziger Finger deutete auf einen Trigonalaspekt.
    »Mein Sohn wird Konsul werden«, sagte Marius strahlend.
    »Ganz gewiß«, bestätigte der Astrologe und fügte dann hinzu: »Aber er wird kein so großer Mann sein wie sein Vater.«
    Das gefiel Marius noch besser.
    Caesar schenkte zwei Becher besten, unverdünnten Falerners ein und reichte einen Becher seinem Schwiegersohn. Er strahlte vor Stolz. »Auf deinen Sohn und meinen Enkel, Gaius Marius«, sagte er. »Auf euch beide!«

    Als der Konsul Quintus Caecilius Metellus Ende März mit Gaius Marius, Publius Rutilius Rufus, den beiden Söhnen von Gaius Julius Caesar und vier gut ausgebildeten Legionen in die Provinz Africa segelte, konnte Gaius Marius in dem glücklichen Bewußtsein Abschied nehmen, daß seine Frau außer Gefahr war und sein Sohn prächtig gedieh. Selbst seine Schwiegermutter hatte sich bereit gefunden, wieder mit ihm zu sprechen.
    »Rede einmal mit Julilla«, sagte er kurz vor der Abreise zu Julia. »Dein Vater macht sich große Sorgen.«
    Julia ging es schon wieder besser, und sie war sehr stolz auf ihren strammen, kerngesunden Sohn. Sie bedauerte nur, daß sie noch nicht stark genug war, Marius nach Campania zu begleiten, um noch einige Tage bei ihm zu sein, ehe er Italien verließ.
    »Du meinst wegen dieser albernen Hungerkur?« Sie schmiegte sich fester in Marius’ Arm.
    Marius nickte. »Ich weiß nur, was dein Vater mir gesagt hat, aber soweit ich verstanden habe, geht es darum.«
    »Ich werde mit ihr reden. Ach, Gaius Marius, wie schade, daß es mir noch nicht wieder richtig gut geht, sonst könnten wir versuchen, einen kleinen Bruder oder eine kleine Schwester für Marius junior auf den Weg zu bringen!«

    Noch ehe Julia mit ihrer Schwester sprechen konnte, traf in Rom die Nachricht ein, die Germanen seien im Anmarsch. Panik brach aus. Seit die Gallier vor

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