MoR 04 - Caesars Frauen
Testament vollstreckt werden kann.«
»Das weiß ich nicht, domine, denn von solchen Dingen erfahren wir nichts. Aber wenn die Menschen es tun, dann müssen sie sich eigentlich sicher genug fühlen. Ich könnte mir vorstellen«, lautete ihr einfacher Schluß, »daß sich ein jeder vor Rom und Roms Vergeltung fürchtet. Denk doch nur an das Testament von König Ptolemaios Alexander! Der jetzige König von Ägypten hat Angst vor Rom, weil er genau weiß, daß Ägypten nach diesem Testamanet längst ein Teil Roms ist.«
»Das ist wahr«, sagte Caesar feierlich.
Aus dem Arbeitsraum (wo trotz des Feiertags sogar die beiden kindlichen Vestalinnen inzwischen mit einer Arbeit beschäftigt waren) wurde er in die Wohnquartiere geführt. Caesar fand, daß sie eine hinreichende Entschädigung für die klösterliche Existenz waren. Der Speisesaal war jedoch sehr rustikal — einfache Stühle standen um einen Holztisch herum.
»Essen hier denn keine Männer?« fragte er.
Licinia erschrak. »Doch nicht in unserem Wohnbereich, domine! Du bist der einzige Mann, der hier Zutritt hat.«
»Und was ist mit Ärzten und Tischlern?«
»Es gibt gute weibliche Ärzte und auch Handwerkerinnen aller Art. Rom hegt keine Vorurteile gegen arbeitende Frauen.«
»Das habe ich nicht gewußt, und dabei bin ich seit über zehn Jahren Pontifex«, bemerkte Caesar kopfschüttelnd.
»Na ja, während unseres Prozesses warst du nicht in Rom«, sagte Licinia, und dabei zitterte ihr die Stimme. »Damals sind unser privater Zeitvertreib und unsere Lebensumstände öffentlich breitgewalzt worden. Aber gewöhnlich kümmert sich von den Priestern nur der Pontifex Maximus darum, wie wir hier leben — abgesehen von unseren Verwandten und Freunden natürlich.«
»Stimmt. Die letzte Julierin im Kollegium war Julia Strabo, und sie ist sehr früh gestorben. Sterben viele von euch vor ihrer Zeit, Licinia?«
»Heute nur noch sehr wenige, aber ich glaube, vor Einführung der Wasserleitung und der Kanalisation war es an der Tagesordnung. Möchtest du die Waschräume und die Latrinen sehen? Ahenobarbus glaubte an Hygiene für jedermann. Sogar seine Diener hatten Bäder und Latrinen.«
»Ein bemerkenswerter Mann«, sagte Caesar. »Und wie haben sie ihn geschmäht, als er das Gesetz änderte und sich gleich selber zum Pontifex Maximus wählen ließ! Ich kann mich erinnern, daß eine wahre Epidemie an Latrinenwitzen ausbrach, als Ahenobarbus mit dem Domus Publica fertig war.«
Caesar wollte nicht, aber Licinia bestand darauf, daß er sich auch die Schlafgemächer der Vestalinnen ansah.
»Metellus Pius Pontifex Maximus hat es sich so ausgedacht, als er aus Spanien zurückgekehrt war. Siehst du?« fragte sie und führte ihn durch eine Reihe von mit Tüchern verhängten Torbögen, die von ihrem Schlafgemach ausging. »Der einzige Weg nach draußen führt durch mein Zimmer. Früher hatte jede von uns eine eigene Tür zum Korridor, aber Metellus Pius hat sie zumauern lassen. Er wollte uns vor allen Versuchungen bewahren.«
Caesar sagte nichts dazu; sie gingen den Weg, den sie gekommen waren, zurück zum Arbeitsraum der Vestalinnen. Er kam wieder auf das Thema zu sprechen, das ihn wirklich interessierte.
»Deine Zahlen haben mich erschreckt«, sagte er, »aber das ist Unsinn. Ich habe fast mein ganzes Leben in der Subura verbracht, und wie viele Male habe ich mit eigenen Augen gesehen, wie so ein armer Mann zusammen mit seinem einzigen Sklaven zum Atrium Vestae aufgebrochen ist, um sein Testament zu hinterlegen! Er hat oft nichts vererbt als eine Brosche, ein paar Stühle, einen Tisch und seinen Sklaven. Angetan mit seiner Bürgertoga, trägt er die Getreidekarte in der Hand, als Beweis dafür, daß er ein Römer ist, und hat einen Stolz wie Tarquinius Superbus. Er hat keine Stimme in den Zenturien, und sein urbaner Tribus macht seine Stimme in den Komitien wertlos, aber er darf in einer unserer Legionen dienen und sein Testament hinterlegen.«
»Du hast vergessen zu erwähnen, domine, wie oft so ein Mann mit dir als seinem Patron hier erschienen ist«, fügte Licinia hinzu. »Unserer Aufmerksamkeit entgeht es nicht, welche Herren die Zeit finden, dies persönlich zu tun, und welche einfach nur einen Freigelassenen mitschicken.«
»Und wer kommt persönlich?« erkundigte sich Caesar neugierig.
»Du und Marcus Crassus. Und auch Cato und die Domitii Ahenobarbi. Sonst allerdings kaum jemand.«
»Die Namen überraschen mich nicht.«
Es war Zeit, das Thema zu
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