MoR 04 - Caesars Frauen
Festnahme und die Sicherungsverwahrung dieser Männer verantwortlich. Er hatte die unumstößlichen Beweise geliefert, die alle fünf Männer zu Geständnissen gezwungen hatten. Deshalb würde man auch in niemand anderem als in ihm den Urheber sehen, wenn diese Männer in einem Prozeß verurteilt werden sollten, und es würde ein unendlich langer Prozeß werden, in dessen Verlauf die Unterströmungen der Gewalt offen ausbrechen konnten. Keiner der diesjährigen Prätoren würde sich darum reißen, zum Vorsitzenden eines Sondergerichts in einer Hochverratssache ernannt zu werden — Hochverratsprozesse waren in letzter Zeit so rar gesät gewesen, daß seit zwei Jahren kein Prätor mehr damit beauftragt worden war. Und deshalb würden seine Gefangenen bis ins neue Jahr hinein in Sicherheitsverwahrung in Rom bleiben, und das bedeutete, Volkstribunen wie Metellus Nepos würden nicht aufhören zu zetern, daß Cicero seine Befugnisse überschreite, und andere Volkstribunen wie Cato würden unablässig darauf lauern, sich wie die Raubvögel auf jeden Verfahrensfehler zu stürzen.
Wenn man diesen elenden Hunden den Prozeß doch nur ersparen könnte! dachte Cicero, während er seinen Gefangenen Tarquinius zum Tempel der Concordia brachte. Sie waren schuldig, jeder hatte es aus ihrem eigenen Mund erfahren. Sie würden verurteilt werden, kein noch so nachsichtiges oder korruptes Gremium von Geschworenen würde sie freisprechen können. Und möglicherweise würde man sie sogar — hinrichten. Aber ein Gericht konnte sie nicht zum Tode verurteilen, es konnte sie höchstens in ein lebenslanges Exil schicken und ihr gesamtes Eigentum konfiszieren lassen. Auch eine Verhandlung vor der Volksversammlung würde nicht zum Todesurteil führen. Um das zu erreichen, müßte man ihnen in den Zenturien den Prozeß als Staatsfeinde machen, und wer wollte vorhersagen, was für ein Urteil dabei herauskommen würde, gerade jetzt, wo die Rede vom »allgemeinen Schuldenerlaß« überall die Runde machte. Prozesse, dachte ausgerechnet der Meister aller Gerichtshöfe, während er langsam über das Forum ging, konnten manchmal ein rechtes Ärgernis sein.
Lucius Tarquinius hatte wenig Neues zu bieten, als im Concordia-Tempel die Befragung begann. Cicero behielt sich das Recht vor, die Fragen persönlich zu stellen, und ging mit Tarquinius die ganze Geschichte bis zur Festnahme auf der Mulvianbrücke noch einmal durch. Danach eröffnete der Erste Konsul die Befragung für das Haus; vielleicht war es ein kluger Schachzug, auch anderen ein wenig von dem eigenen Ruhm abzugeben.
Mit der Antwort, die Tarquinius gleich auf die erste, von Marcus Porcius Cato gestellte Frage aus dem Plenum gab, hatte er allerdings nicht gerechnet.
»Was wolltest du eigentlich bei den Allobrogern?« fragte Cato mit seiner lauten, schneidenden Stimme.
»Ha?« antwortete Tarquinius, ein vorlauter Bursche mit wenig Respekt vor den feinen Herren Senatoren.
»Man hatte den Allobrogern einen Führer mitgegeben, Titus Volturcius. Marcus Caeparius war dabei, um den Verschwörern in Rom über das Ergebnis des Treffens zwischen den Allobrogern und Lucius Sergius Catilina zu berichten. Und du, Tarquinius, warum warst du dabei?«
»Ach, mit den Allobrogern hatte ich eigentlich nichts zu schaffen, Cato!« erwiderte Tarquinius gut gelaunt. »Ich bin mit der Gruppe gereist, weil es sicherer und unterhaltsamer war, als wenn ich allein nach Norden geritten wäre. Ich hatte mit Catilina etwas ganz anderes zu besprechen.«
»Ach ja? Und was hattest du mit ihm zu besprechen?« fragte Cato.
»Ich sollte ihm eine Botschaft von Marcus Crassus überbringen.« In dem überfüllten kleinen Tempel herrschte auf einmal atemlose Stille.
»Sag das noch einmal, Tarquinius.«
»Ich hatte eine Botschaft von Marcus Crassus für Catilina.« Gemurmel breitete sich aus und wurde lauter, bis Cicero seinen Ersten Liktor aufforderte, ein paarmal mit dem Rutenbündel auf den Boden zu schlagen. »Ruhe!« brüllte er.
»Du hattest eine Botschaft von Marcus Crassus für Catilina?« wiederholte Cato. »Und wo ist diese Botschaft. Tarquinius?«
»Ach so, nein, nein, die ist nicht aufgeschrieben worden!« antwortete Tarquinius lässig. »Die hatte ich im Kopf.«
»Und? Hast du sie immer noch in deinem Kopf?« fragte Cato und sah dabei Crassus an, auf dessen Gesicht sich alle Anzeichen des Erstaunens zeigten.
»Ja. Willst du sie hören?«
»Ich wäre dir äußerst verbunden.«
Tarquinius wippte auf den
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