MoR 04 - Caesars Frauen
sorgen, daß das wenige, was Sura besitzt, nicht auch noch konfisziert wird. Wahrscheinlich hat er nur an der Verschwörung teilgenommen, um sein Vermögen zu vergrößern.«
»O ja, zweifellos«, sagte Antonius, der Caesar an die Tür gebracht hatte. »Er hat ständig darüber gejammert, daß der Ausschluß aus dem Senat ihn ruiniert hat, und was für ein Unrecht das war. Er behauptet, daß der Zensor Lentulus Clodianus ihn hereingelegt hat. Der Grund ist wohl irgendein Familienzwist aus der Zeit, als Clodianus von den Lentuli adoptiert worden war.«
»Magst du ihn?« fragte Caesar, als er über die Schwelle trat.
»Aber ja! Sura ist ein feiner Kerl, der Beste von allen!«
Sehr interessant, dachte Caesar auf dem Weg hinunter zum Forum und zum Domus Publica. Es wäre bestimmt nicht jedem Stiefvater gelungen, sich bei diesem Trio beliebt zu machen! Es waren typische Antonii: leichtsinnig, leidenschaftlich, impulsiv, Vergnügungen aller Art zugetan. Kein einziger Kopf mit politischem Format ruhte auf diesen breiten Schultern. Rohlinge von wuchtiger Statur waren sie alle drei, und auf eine Weise häßlich, die auf Frauen offenbar unheimlich anziehend wirkte. Was in aller Welt würden sie im Senat anstellen, wenn sie erst einmal alt genug waren, um für das Amt eines Quästors zu kandidieren? Immer vorausgesetzt, sie bekamen das nötige Kleingeld zusammen. Creticus hatte in seiner Schande Selbstmord begangen, aber niemand hatte etwas unternommen, um ihn posthum der Verbrechen gegen den Staat anzuklagen; ihm hatte es an Verstand und Urteilsvermögen, aber nicht an Loyalität gegenüber Rom gemangelt. Jedenfalls war sein Besitz bereits dahingeschmolzen, als Julia Antonia Lentulus Sura geheiratet hatte, einen Mann ohne eigene Kinder — aber eben auch ohne großes Vermögen. Lucius Caesar hatte einen Sohn und eine Tochter; von dieser Seite konnten die Antonii sich nichts erhoffen. Also mußte er, Caesar, versuchen, die finanzielle Situation der Familie aufzubessern. Er hatte keine Ahnung, wie er das anstellen sollte, aber er würde es versuchen. Wenn man unbedingt Geld brauchte, ließ sich auch welches auftreiben.
Den flüchtigen Lucius Tarquinius, der von der Brücke in den Tiber gesprungen war, hatte man auf der Straße nach Faesulae festgenommen und zu Cicero gebracht, noch bevor der Senat am Tag nach der Bona Dea wieder im Concordia-Tempel zusammentrat. Nachdem sein eigenes Haus ihm verschlossen war, hatte Cicero die Nacht bei Nigidius Figulus verbracht, der so aufmerksam gewesen war, Atticus und Quintus Cicero zum Essen zu bitten. Sie hatten einen angenehmen Abend miteinander verbracht, und er war noch angenehmer geworden, als Terentia ihm durch einen Boten mitteilen ließ, daß plötzlich, nachdem das Feuer der Bona Dea auf dem Altar bereits verloschen war, eine riesige Flamme emporgelodert sei — nach Meinung der Vestalinnen ein Zeichen dafür, daß Cicero sein Land gerettet habe.
Was für ein köstlicher Gedanke das war! Vater seines Landes. Retter seines Landes. Er, ein Pächter aus Arpinum!
Aber dennoch war ihm nicht leicht ums Herz. Trotz seiner beschwichtigenden Rede von der Rostra waren ihm die Klienten, die ihn heute morgen in Nigidius Figulus’ Haus ausfindig gemacht hatten, besorgt und sogar ängstlich vorgekommen. Wie viele Menschen in Rom mochten sich eine neue Ordnung wünschen — und einen allgemeinen Schuldenerlaß? Offensichtlich sehr viele; gut möglich, daß es Catilina tatsächlich gelungen wäre, die Stadt während der Nacht der Saturnalien von innen her zu erobern. Die Hoffnung in allen diesen, von finanzieller Not gepeinigten Herzen war gestern endgültig zerstört worden; und die Menschen, in denen diese Hoffnung gekeimt war, wußten seit gestern, daß es keinen Aufschub geben würde. Rom wirkte friedlich, aber Ciceros Klienten behaupteten, daß es unter der Oberfläche brodle. Das glaubte auch Atticus. Und da stehe ich nun, dachte Cicero und verspürte eine leise Angst, und ich trage die Verantwortung für die Verhaftung von fünf Männern, Männern mit viel Einfluß und vielen Klienten, vor allem Lentulus Sura. Aber Statilius stammte aus Apulia und Gabinius Capito aus dem Süden Picenums, zwei Landschaften, die von jeher mehr der italischen als der römischen Sache verschrieben waren. Und was Gaius Cethegus betraf — sein Vater war als der König der Hinterbänkler bekannt gewesen! Ungeheuer reich und mit großem Einfluß. Und er, Cicero, Erster Konsul, war ganz allein für die
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