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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Tagesordnung übergehen.
    »Versammelte Väter«, sagte Cicero mit feierlicher Stimme, »ich habe diese Körperschaft noch einmal zusammengerufen, um eine Sache zur Diskussion zu stellen, die weder Aufschub duldet noch ignoriert werden darf: Was geschieht mit den fünf Gefangenen?
    In vielerlei Hinsicht stehen wir vor einer ähnlichen Situation wie vor siebenunddreißig Jahren, nachdem Saturninus und seine rebellischen Komplizen die Besetzung des Kapitols aufgegeben hatten. Kein Mensch wußte, was man mit ihnen anfangen sollte. Niemand war bereit, diese fanatischen Burschen in Gewahrsam zu nehmen; man wußte nur zu gut, wie groß die Zahl ihrer Sympathisanten innerhalb der Mauern Roms war — hätte ein Mann sein Haus als Gewahrsam zur Verfügung gestellt, wäre es ihm noch in derselben Nacht über dem Kopf angezündet und der Gefangene befreit worden. Und so waren der Verräter Saturninus und seine vierzehn wichtigsten Helfershelfer in unseren geliebten Senatssitz, die Curia Hostilia, gesperrt worden. Keine Fenster, massive Bronzetüren, uneinnehmbar. Und dann war eine Gruppe von Sklaven, angeführt von einem gewissen Scaeva, auf das Dach geklettert; sie deckten die Dachziegel ab, und steinigten damit die Männer in der Curia. Eine Schandtat, aber auch eine große Erleichterung! Als Saturninus tot war, kehrte in Rom wieder Ruhe ein. Ich gebe zu, daß Catilinas Armee in Etruria eine zusätzliche Komplikation ist, aber unser erstes und vordringlichstes Ziel muß es sein, die Ruhe in Rom wiederherzustellen!«
    Cicero machte eine Pause; er wußte sehr gut, daß einige unter seinen Zuhörern zu den Männern gehörten, die Sulla auf das Dach der Curia Hostilia geschickt hatte. Kein einziger Sklave war damals dabeigewesen, dafür der Besitzer des Sklaven Scaeva, ein gewisser Quintus... Croton? Nachdem der Aufruhr sich so weit gelegt hatte, daß man wieder von normalen Verhältnissen reden konnte, hatte Croton seinen Sklaven öffentlich für seine Tat belobigt und ihm die Freiheit geschenkt, um von seiner eigenen Schuld abzulenken. Sulla hatte diese Version der Geschichte niemals bestritten, schon gar nicht, nachdem er Diktator geworden war. Sklaven waren eben vielseitig verwendbar!
    »Versammelte Väter«, fuhr Cicero mit ernster Stimme fort, »wir sitzen auf einem Vulkan! Fünf Männer stehen in fünf verschiedenen Häusern unter Arrest, fünf Männer, die in diesem Haus und vor unser aller Augen zusammengebrochen sind und ihre Verbrechen freiwillig gestanden haben — ihren Hochverrat gestanden haben! Ja, sie haben sich selbst beschuldigt, nachdem wir sie mit Beweisen konfrontiert hatten, deren bloße Existenz das Urteil über die Männer sprach. Und mit ihrem Geständnis haben sie das Urteil über andere Männer gesprochen, Männer, für die ein Haftbefehl besteht, wann immer und wo immer sie auch gefunden werden mögen. Nun stellt euch vor, was geschehen wird, wenn sie gefunden werden. Wir werden dann bis zu zwanzig Männer in ganz gewöhnlichen römischen Häusern unter Arrest halten müssen, bis wir sie in einem umfangreichen und entsetzlich langwierigen Prozeß abgeurteilt haben.
    Schon gestern konnten wir eine der üblichen Folgen beobachten, die aus einer solchen Situation entstehen können: Eine Gruppe von Männern hat sich zusammengerottet und weitere Männer angeworben, um die geständigen Verräter aus unserem Gewahrsam zu befreien, die Konsuln zu ermorden und statt dessen die Gefangenen als Konsuln einzusetzen! Mit anderen Worten: Die Revolution ist nicht beendet, solange sich geständige Verräter innerhalb der Mauern Roms befinden und die Armee Catilinas innerhalb der Grenzen Italiens steht. Durch schnelles Handeln konnte ich den gestrigen Umsturzversuch vereiteln. Aber ich bin nicht einmal mehr einen Monat lang Konsul. Ja, versammelte Väter, die alljährliche Ablösung steht unmittelbar bevor, und wir sind nicht gut gerüstet für den Wechsel der Magistrate.
    Wenn ich aus dem Amt scheide, möchte ich diese katastrophale Situation gründlich bereinigt und Catilina klargemacht haben, daß er hier in Rom keine Verbündeten mehr hat, die stark genug wären, ihn zu unterstützen. Und es gibt eine Möglichkeit...«
    Der Erste Konsul hielt inne, damit seine Worte ihre Wirkung tun konnten. Er hoffte, daß sein alter Erzfeind und Busenfreund Hortensius im Haus war. Hortensius würde die Schönheit einer solchen Rede zu schätzen wissen, während die meisten anderen wohl ausschließlich ihren pragmatischen

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