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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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— samt seiner Brüder aus Kreuzwegevereinen von der zweiten bis zur untersten Klasse — zu mischen. Zwei Prätoren, die eigentlich Strafsachen verhandeln wollten, blickten in das Meer von Gesichtern und fanden, daß die Vorzeichen sich nicht günstig ausnahmen. Auch Quintus Cicero packte bald seine Sachen zusammen und ging nach Hause.
    Noch unheimlicher aber war es, daß die Menschen auch in der Nacht auf dem Forum ausharrten; mit Fackeln versuchte man, sich der Kälte zu erwehren. Von den Häusern am Nordwestabhang des Palatin aus gesehen, hatte die Menge eine beängstigende Ahnlichkeit mit einem Heerlager, und zum erstenmal seit den Tagen der Rebellion des Saturninus, als hungrige Massen das Forum besetzt hatten, begriffen die Mächtigen dieser Stadt, wie viele gewöhnliche Menschen es in Rom gab — und wie gering dagegen die Zahl derer war, die die Macht in Händen hielten.
    Im Morgengrauen trafen Silanus, Murena, Cicero, Bibulus und Lucius Ahenobarbus an der Vestalischen Treppe zusammen und blickten auf die Menge von ungefähr fünfzehntausend Menschen herunter. Jemand in der furchterregenden Menge entdeckte sie, Rufe ertönten, man drehte sich um, zeigte mit den Fingern auf sie; jetzt kam der ganze Ozean aus Menschen gleich einem gewaltigen Meeresstrudel in Bewegung; die kleine Gruppe von Männern wich instinktiv zurück, denn sie wußte nur zu gut, daß sich da unten ein potentieller Todestanz anbahnte. Jetzt, da jedes Gesicht auf sie gerichtet war, beinahe jede Faust gegen sie geschüttelt wurde, schien Seetang auf der Dünung zu schimmern.
    »Und das alles wegen Caesar?« flüsterte Silanus. Er zitterte.
    »Nein«, sagte der Prätor Philippus, der zu ihnen getreten war. »Das alles wegen dem Senatus Consultum Ultimum und weil man Bürger ohne einen Prozeß hingerichtet hat. Caesar hat das Faß nur zum Überlaufen gebracht.« Er warf Bibulus einen vernichtenden Blick zu. »Was seid ihr doch für Narren! Wißt ihr denn nicht, wer Caesar ist? Ich bin sein Freund, ich weiß es. Caesar ist der einzige Mann in Rom, bei dem man es nicht wagen sollte, ihn in aller Öffentlichkeit vernichten zu wollen! Euer Leben lang habt ihr hier oben auf den Hügeln gewohnt und auf Rom heruntergeblickt wie die Götter auf eine Seuche, aber er hat da unten mit ihnen zusammengelebt und ist einer von ihnen geworden. Es gibt kaum einen Mann in dieser riesigen Stadt, den dieser Mann nicht kennt, oder besser: Jeder Mann in dieser riesigen Stadt ist davon überzeugt, daß Caesar ihn kennt. Wo er auch hinkommt, hat er ein Lächeln und einen freundlichen Gruß für die Menschen, für alle, nicht nur für kostbare Wähler. Sie lieben ihn! Caesar ist kein Demagoge — er hat es nicht nötig, ein Demagoge zu sein. In Libyen binden sie Männer fest und lassen sie von Ameisen töten. Und ihr seid so dumm und entfacht den Zorn der römischen Ameisen! Eines kann ich euch versichern: Caesar werden sie nicht töten!«
    »Ich fordere die Miliz an!« sagte Silanus.
    »Ach, Silanus, was für ein Unsinn! Die Milizionäre stehen dort unten bei den Zimmerleuten und Maurern!«
    »Und was sollen wir tun? Die Armee aus Etruria zurückbeordern?«
    »Sicher, wenn ihr wollt, daß Catilina ihr auf dem Fuße folgt!«
    »Was können wir denn tun?«
    »Geht nach Hause und verriegelt eure Türen, versammelte Väter«, sagte Philippus und wandte sich zum Gehen. »Ich für meinen Teil werde es so machen.«
    Doch bevor einer von ihnen sich aufmachte, den Ratschlag zu befolgen, hob ein lautes Gebrüll an; die Gesichter und Fäuste wandten sich von der Vestalischen Treppe ab.
    »Seht nur!« kreischte Murena. »Es ist Caesar!«
    Die Menge rückte zusammen, um einen Korridor zu bilden, der am Domus Publica begann und sich vor Caesar öffnete, als er, in eine schlichte weiße Toga gekleidet, in Richtung der Rostra schritt. Er schien den ohrenbetäubenden Jubel gar nicht zu hören, blickte unverwandt geradeaus, und als er die Rednerplattform erreichte, machte er weder mit dem Körper noch mit der Hand eine Bewegung, die von den Beobachtern auf dem Palatin als Aufwiegelung der Massen hätte ausgelegt werden können.
    Als Caesar zu reden anfing, flaute der Lärm augenblicklich ab, doch was er sagte, war für Silanus, die zwanzig Magistrate und ungefähr hundert Senatoren, die sich inzwischen auf dem Palatin versammelt hatten, nicht zu verstehen. Er redete etwa eine Stunde lang, und während seiner Rede schien die Menge immer ruhiger zu werden. Endlich entließ er sie mit

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