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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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zu befreien, schickte Mithridates seinen Vetter zum König der Könige.
    »Er soll die Römer nicht angreifen!« gab er Taxiles als Botschaft für Tigranes mit auf den Weg.
    Tigranes war geneigt, den Rat zu beherzigen, obwohl er inzwischen hundertzwanzigtausend Mann Infanterie aus weit entfernten Gebieten wie Syrien und dem Kaukasus zusammengezogen hatte, und dazu noch fünfundzwanzigtausend jener gefürchteten Kavalleristen, die man Kataphrakte nannte, weil Pferd und Reiter von Kopf bis Fuß in Kettenpanzer gekleidet waren. Er lag noch gut fünfzig Meilen von seiner Hauptstadt entfernt in einem verschlafenen Tal, aber er mußte jetzt vorrücken. Der Großteil seines Nachschubs befand sich in den Getreidesilos und Lagerhäusern Tigranokertas, also mußte er einen Verteidigungsweg mit der Stadt herstellen, um seine riesige Armee mit Nahrungsmitteln versorgen zu können. Und das sollte angeblich gar nicht so schwer sein. Seine Spione hatten ihm berichtet, daß die Römer nicht genug Männer hatten, um den Belagerungsring um eine so große Stadt wie Tigranokerta zu schließen.
    Den Berichten, denen zufolge die römische Armee als unbedeutend bezeichnet wurde, hatte er so lange keinen Glauben geschenkt, bis er selbst auf einem hohen Hügel hinter der Stadt stand und mit eigenen Augen sah, was das für eine Mücke war, die gewagt hatte, ihn zu stechen.
    »Zu groß für eine Vorhut, zu klein für eine Armee«, befand er und gab den Angriffsbefehl.
    Diese gewaltigen östlichen Heere waren jedoch Kampfeinheiten, die ein Marius oder ein Sulla niemals eingesetzt hätte, selbst wenn den beiden römischen Feldherren solch ein Überfluß an Soldaten zur Verfügung gestanden hätte. Truppen mußten klein und flexibel sein, leicht zu manövrieren und zu versorgen. Lucullus besaß zwei Legionen ausgezeichneter, wenn auch schlecht beleumundeter Soldaten, die seine Taktik so gut beherrschten wie er selbst, und dazu ein hübsches kleines Kontingent von zweitausendsiebenhundert Reitern aus Galatien, die schon seit Jahren bei ihm waren.
    Die Belagerung war nicht ohne römische Verluste vonstatten gegangen; das lag hauptsächlich an dem mysteriösen zoroastrischen Feuer, über das König Tigranes verfügte. Die Griechen nannten es Naphtha, und es stammte aus einer persischen Festung irgendwo im Südwesten am Hyrkanischen Meer. Schleuderte man kleine, brennende Klumpen davon in hohem Bogen gegen die Belagerungstürme und Unterstände, dann spritzten sie beim Aufprall auseinander, setzten alles in Brand und glühten so heiß, daß sie mit nichts zu löschen waren. Sie brannten und verstümmelten, doch was noch schlimmer war: Sie verbreiteten helle Panik. Noch nie war jemand von seinen Männern mit so etwas in Berührung gekommen.
    Und so setzte Tigranes seine gewaltige Streitmacht gegen die lästige Mücke in Bewegung, ohne zu ahnen, in was für ein Ungeheuer sich eine solche Mücke durch schlechte Laune verwandeln konnte. Jeder einzelne Römer in dieser kleinen Armee hatte die Nase gründlich voll von eintöniger Kost und dem Verzicht auf Frauen, von zoroastrischem Feuer und Kataphrakten — die auf ihren riesigen Gäulen Jagd auf Nachschubtrupps machten —, von Armenien im allgemeinen und Tigranes im besonderen. Von Lucullus bis hin zu den Fimbrianern und der galatischen Reiterei — alle brannten sie darauf, in die Schlacht zu ziehen. Sie brüllten vor Freude, als die Kundschafter berichteten, daß König Tigranes’ Armee endlich aufmarschiert war.
    Nachdem er Mars Invictus ein besonderes Opfer versprochen hatte, gürtete sich Lucullus im Morgengrauen des sechsten Tages des römischen Oktobers die Lenden, um sich in die Schlacht zu stürzen. Er ließ die Belagerungsstellungen räumen, führte seine Leute auf einen Hügel zwischen der anrückenden armenischen Armee und der Stadt und traf seine Vorkehrungen. Auch wenn Lucullus nicht wissen konnte, daß Mithridates den König der Könige davor gewarnt hatte, die Römer anzugreifen, wußte er nur zu genau, wie er Tigranes zur Offensive verleiten konnte: Er würde seiner kleinen Armee befehlen, sich vor der armenischen Übermacht wie eine verängstigte Schafherde zusammenzudrängen. Und da alle Könige des Ostens davon überzeugt waren, daß die Schlagkraft einer Armee in der Zahl ihrer Soldaten lag, würde Tigranes zum Angriff übergehen.
    Tigranes blies zum Angriff — und lief in sein Verderben. Niemand auf der Seite der Armenier, einschließlich Taxiles, schien den Vorteil einer

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