MoR 04 - Caesars Frauen
wenig Gelegenheit gehabt, Beziehungen zu irgend jemandem außerhalb der kleinen und wenig redseligen Gruppe von Legaten und Tribunen zu pflegen. Lucullus achtete streng auf Disziplin und hatte wenig übrig für Kumpanei zwischen einfachen Soldaten und den Männern seines Stabs. Aber jetzt, wo der Winter vorbei war und der neue Lucullus alle, die ihm geholfen hatten, in großzügiger Weise dafür entschädigen wollte, ließ die Wachsamkeit nach. So ließ er zum Beispiel jeden verfügbaren Schauspieler und Tänzer herbeischaffen und verpflichtete ihn dazu, vor seinen Soldaten aufzutreten. Ein Vergnügungsurlaub fern der Heimat, für Männer, die ihre Heimat nie wiedersehen würden. Es mangelte nicht an Unterhaltung. Und auch nicht an Wein.
Der Anführer der Fimbrianer war ein primus pilus-Zenturio, er befehligte die ältere der beiden Fimbrianer-Legionen. Sein Name war Marcus Silius, und wie die anderen war auch er — als gemeiner Soldat und noch nicht einmal alt genug, um sich zu rasieren — siebzehn Jahre zuvor mit Flaccius und Fimbria quer durch Makedonien nach Osten marschiert. Nachdem Fimbria im Machtkampf der beiden Sieger geblieben war, hatte Marcus Silius den Mord an Flaccus in Byzantium gebilligt. Er war mit nach Asia gezogen, hatte gegen König Mithridates gekämpft und war zu Sulla gekommen, nachdem Fimbria seine Macht verloren und Selbstmord begangen hatte. Er hatte für Sulla, für Murena und schließlich für Lucullus gekämpft. Zusammen mit den anderen hatte er Mitylene belagert und zwar inzwischen zum pilus prior aufgestiegen, einer hohen Position in der komplizierten Rangordnung der Zenturien. Die Jahre waren vergangen, ein Feldzug nach dem anderen war geführt worden. Sie alle hatten Rom als blutjunge Männer verlassen, denn damals hatte es Italien an erfahrenen Truppen gemangelt; jetzt, in Tigranokerta, hatten die meisten von ihnen schon ihr halbes Leben unter den Adlern gedient, aber ihre Gesuche um ehrenhafte Entlassung waren eines nach dem anderen abgelehnt worden. Marcus Silius, ihr Anführer, war ein verbitterter Mann von dreiundvierzig Jahren, der nur noch nach Hause wollte.
Diese Information hatte sich Clodius nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt verschaffen müssen; selbst ein griesgrämiger Legat wie Sextilius machte hin und wieder den Mund auf, und dann redete er entweder über Silius oder über den primus pilus Zenturio der anderen Fimbrianer-Legion, Lucius Cornificius (der nicht aus der aufsteigenden Familie selben Namens stammte).
Es war auch nicht schwer gewesen, Silius’ Schlupfwinkel in Tigranokerta zu finden; er und Cornificius hatten einen kleinen Palast beschlagnahmt, der einem der Söhne des Tigranes gehört hatte, und wohnten dort zusammen mit ein paar reizvollen Frauen und einer Mannschaft von Sklaven, die für eine ganze Kohorte ausgereicht hätte.
Publius Clodius, Patrizier aus ehrwürdiger Familie, beehrte die Herren mit seinem Besuch, und wie die Griechen vor Troja hatte er Geschenke dabei. Nein, nicht etwa von der Größe des hölzernen Pferdes! Clodius brachte einen kleinen Beutel mit Pilzen mit, die er von Lucullus bekommen hatte (der gern mit solchen Dingen experimentierte), und dazu noch eine bauchige Korbflasche voll erlesenen Weins, die so groß war, daß drei Diener benötigt wurden, um sie herbeizuschaffen.
Man empfing ihn mit Argwohn. Beide Zenturios wußten nur zu gut, wer er war, in welcher Beziehung er zu Lucullus stand, und wie er sich während des Marsches, vor der belagerten Stadt und während der Schlacht verhalten hatte. Und das hatte ebensowenig Eindruck auf sie gemacht wie seine Erscheinung, denn Clodius war nicht besonders groß und ragte nicht heraus, wenn mehrere Männer beisammen standen. Sie kamen allerdings nicht umhin, seine Dreistigkeit zu bewundern: Er kam hereingeplatzt, als würde ihm der Palast gehören, ließ sich leutselig auf dem großen bestickten Sitzkissen zwischen den beiden Liegebetten nieder, auf denen die Männer ihre derzeitigen Gespielinnen umschlungen hielten, zog den Beutel mit Pilzen heraus und erklärte ihnen, was passieren würde, wenn sie diese außergewöhnliche Speise zu sich nehmen würden.
»Ein erstaunliches Zeug!« sagte Clodius, und dabei hüpften seine lebhaften Augenbrauen nach oben und unten. »Bedient euch, aber ihr müßt ganz langsam kauen. Es dauert eine Weile, bis ihr etwas spürt.«
Silius machte keinerlei Anstalten, der Einladung zu folgen, und Clodius dachte nicht daran, mit gutem Beispiel
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