MoR 04 - Caesars Frauen
Lucullus sich dafür entschieden, seinerseits zum Angriff überzugehen, Armenien zu erobern, Tigranes zu schlagen und ihn auf die Weise daran zu hindern, Mithridates zu unterstützen. Ursprünglich war es seine Absicht gewesen, keine Besatzungstruppen in Pontus zurückzulassen und darauf zu vertrauen, daß Rom und sein Einfluß für Ruhe in Pontus sorgen würden. Er hatte gerade erst das Amt des Statthalters in der Provinz Asia verloren, und jetzt mußte er aus den Briefen, die Publius Clodius ihm gebracht hatte, erfahren, daß die Feindschaft, die er in die Herzen des Ritterstands zu Hause in Rom gesät hatte, nun Früchte trug. Die Briefe hatten ihn darüber informiert, daß Dolabella nicht nur neuer Statthalter in Asia war, sondern daß ihm auch noch die »Aufsicht« über Bythinien übertragen worden war. Mehr brauchte Lucullus nicht zu wissen; offensichtlich schätzten die Ritter in Rom und die ihnen gefügigen Senatoren Inkompetenz mehr als militärische Erfolge. Dieser Publius Clodius, so dachte sich Lucullus, ist nicht gerade ein Glücksbote.
Die neun Kommissare, die Rom ihm gesandt hatte, bevor sein Einfluß dahingeschwunden war, trieben sich irgendwo in Pontus und Kappadokien herum; darunter war auch der Mann, der Lucullus von allen am nächsten stand, jetzt, da Sulla tot war: sein jüngerer Bruder Varro Lucullus. Aber Kommissare hatten keine Truppen, und der Ton der Briefe, die Publius Clodius überbracht hatte, ließ darauf schließen, daß sie nicht mehr lange Kommissare sein würden. Deshalb, entschied Lucullus, blieb ihm keine andere Wahl, als zwei seiner vier Legionen als Garnison in Pontus zurückzulassen, für den Fall, daß Mithridates versuchen würde, sein Königreich ohne die Unterstützung von Tigranes zurückzuerobern. Der Legat, den er für den fähigsten hielt, brachte gerade die Verwüstungen auf der Insel Delos wieder in Ordnung, und auch wenn er Sornatius als guten Mann einstufte, so war er von dessen militärischen Qualitäten doch nicht überzeugt genug und stellte ihm lieber noch einen Mann an die Seite. Der andere ranghohe Legat, Marcus Fabius Hadrianus, würde ebenfalls in Pontus bleiben müssen.
Nachdem er entschieden hatte, daß er zwei seiner vier Legionen in Pontus zurücklassen würde, wußte Lucullus auch, welche beiden Legionen es sein müßten: Die Legionen, die in die Provinz Cilicia gehörten, würden in Pontus bleiben, und er mußte mit seinen beiden Fimbrianer-Legionen nach Süden marschieren. Das waren unerfreuliche Aussichten! Er verabscheute diese Truppen. Die Männer waren jetzt seit sechzehn Jahren im Osten, und sie waren dazu verurteilt, niemals mehr nach Rom oder Italien zurückzukehren, denn sie hatten so viele Morde und Meutereien auf dem Kerbholz, daß der Senat ihnen die Rückkehr nicht erlauben wollte. Das ständige, gespannte Warten hatte gefährliche Männer aus ihnen gemacht, aber Lucullus, der sich ihrer seit vielen Jahren bediente, hielt sie in Schach, indem er sie während der Feldzüge gnadenlos vorwärtstrieb und ihnen in den winterlichen Kampfpausen alle Freuden der Sinne gewährte. Also kämpften sie bereitwillig und hegten — wenn auch widerwillig — eine gewisse Bewunderung für ihn. Trotzdem zogen sie es vor, weiterhin den Namen ihres ersten Kommandanten Fimbria zu tragen und sich Fimbrianer zu nennen. Lucullus war das ganz recht so. Ganz sicher wäre es ihm nicht lieber gewesen, wenn dieser verwegene Haufen als die Licinianer oder gar als die Lucullianer bekannt geworden wäre.
Clodius hatte Gefallen an Amisus gefunden und beschlossen, bei den Legaten Sornatius und Fabrius Hadrianus in Pontus zu bleiben; der Feldzug hatte seinen Reiz für ihn verloren, nachdem er erfahren hatte, daß Lucullus einen Fußmarsch von tausend Meilen plante.
Doch sein Plan wurde durchkreuzt: Er bekam den Befehl, Lucullus in seinem persönlichen Gefolge zu begleiten. Auch gut, so würde er wenigstens einigermaßen luxuriös leben können, dachte er. Bis er Lucullus’ Vorstellungen vom luxuriösen Leben bei einem Feldzug kennenlernen durfte. Das fand nämlich nicht statt. Vom sybaritischen Epikuräer, den Clodius in Rom und Amisus kennengelernt hatte, war nichts mehr übriggeblieben; der Lucullus auf dem Marsch, an der Spitze der Fimbrianer, wollte es nicht besser haben als ein gemeiner Soldat, und wenn er es nicht besser haben wollte, dann sollte auch kein Mitglied seines persönlichen Stabes Privilegien genießen. Sie ritten nicht etwa, sie marschierten
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