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Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Bauer , Bastian Zach
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ist mit uns Menschen und der Gleichheit unter uns?“
    Der Pfarrer seufzte. „Elisabeth, es war damals kein guter Tag, und meine Worte waren vielleicht zu hart. Wenn du –“
    „
Ein jeder hat seine Bestimmung, und davon abzuweichen ist weder der Wille des Herrn noch der Weg zur Erlösung
. Das habt Ihr damals zu mir gesagt.“
    „Und daran hat sich nichts geändert.“
    „Aber das gilt doch sicher nicht für die –“ Elisabeth hielt kurz inne, dann gab sie sich einen Ruck, „Liebe?“
    Kajetan Bichter blickte ihr in die Augen. „Ich werd das Gefühl nicht los, als wolltest du mich ganz was anderes fragen, Elisabeth. Was hast denn auf dem Herzen?“
    Elisabeth lief rot an, wie hatte sie auch nur fragen können. Aber jetzt war es zu spät. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, sie holte tief Luft und stieß den Satz in einem Atemzug aus. „Glaubt Ihr, dass Gott etwas gegen die Liebe hat, selbst wenn sie zwei Menschen aus ganz verschiedenen Welten vereint?“
    Es war gesagt. Sie blickte zu Boden, in Erwartung des unvermeidlichen Tadels, aber der Pfarrer legte ihr stattdessen sanft die Hand auf die Schulter.
    „Elisabeth, Gott
ist
die Liebe. Auch wenn viele nicht müde werden zu betonen, dass man sich vor Ihm fürchten und Vergebung erkaufen muss – aber ich weiß, dass es nicht so ist.“
    Elisabeth sah ihn hoffnungsvoll an. „Dann meint Ihr –“
    „Gott ist nicht das Problem.“ Bichter zögerte kurz. „Wir sind es. Es ist nur leichter für uns zu akzeptieren, dass all unser Schaffen und die damit verbundene Mühsal einem höheren Gut dienen. Aber letztlich sind doch wir es, die
Seinen
Willen für uns auslegen – oder eben gegen uns. So fürchte nicht
Seinen
Zorn –“ Bichter blickte Elisabeth fest in die Augen. „Sondern den der Deinen.“
    „Ja“, antwortete sie fast unhörbar. „Ich weiß, worauf Ihr hinaus wollt.“
    „Dann geh, mein Kind. Und Gott mit dir.“
    „Ich danke euch, Herr Pfarrer.“ Sie drehte sich um und ging langsam den Gang entlang.
    Kajetan Bichter blieb reglos stehen, bis ihre Schritte verklungen waren und es wieder still in der Kirche war.
    Schon lange hatte er keine so ehrlichen Worte mehr gefunden. Und so würde es vermutlich auch wieder für lange Zeit bleiben.
    Er seufzte und ging langsam zur Sakristei.
    Elisabeth eilte nach Hause. Die Nacht war sternenklar und eisig kalt, aber sie hatte zum Glück nicht weit. Das Haus war dunkel und still, leise schlüpfte sie über die Treppen nach oben in ihre Kammer.
    Der Raum war sehr karg gehalten. Ein Bett, ein Kruzifix darüber, eine Truhe, die Wände liebevoll mit kleinen gestickten Bildern geschmückt. Blumen, Sprüche aus der Bibel, dann wieder bäuerliche Szenen – sie gaben der Kammer so etwas wie ein Herz.
    Da es beißend kalt war, wusch sich Elisabeth schnell, dann schlüpfte sie in ihr Nachthemd. Als sie die Decke zurückschlug, entdeckte sie ein Blatt Papier, gleich gefaltet wie das, das ihr Johann gestern gegeben hatte. Sie faltete es auf und lächelte: Auf dem Blatt waren zwei Zeichen und daneben ein Apfel gezeichnet. Es waren ohne Zweifel Buchstaben, Johann meinte es offenbar ernst.
    Sie auch.
    Elisabeth versteckte das Blatt Papier unter ihrem Kopfkissen. Sie sprach ein kurzes Gebet, dann schloss sie die Augen und ließ ihre Gedanken schweifen. Sie dachte an die mahnenden Worte Kajetan Bichters, dann an Johann, und was sich verändert hatte, seit er ins Dorf gekommen war. Sie spürte, dass ihn etwas von allen anderen hier im Dorf unterschied. Noch die wenigsten hatten es gewagt, sich offen gegen ihren Vater zu stellen, aber Johann war ohne zu zögern für sie eingetreten. Trotz seiner Zurückhaltung verströmte er Stärke, eine Stärke, die sie alle so dringend im Dorf brauchten.
    Die sie so dringend brauchte.
    Vielleicht war das kleine Blatt Papier unter ihrem Kopfkissen ja nur der Anfang. Vielleicht würde jetzt alles besser werden.
    Elisabeth blies die Kerze neben dem Bett aus, lauschte dem Wind, der ums Haus heulte und war bald darauf fest eingeschlafen.
    Die nächsten Tage schienen Elisabeth wie ein Traum. Sie hatte immer gehofft, Lesen und Schreiben zu lernen, aber nie die Möglichkeit dazu erhalten. Nicht einmal der Pfarrer hatte ihr die Bitte gewährt. Er hatte ihr damals erklärt, dass er das für so sinnvoll halte, wie wenn man zwei Hühner vor einen Wagen spannte, auf dass sie ihn aus dem Dreck ziehen mögen. Damals hatte sie Kajetan Bichter für kurze Zeit aus ihren Abendgebeten

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