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Morbus Dei: Inferno: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Inferno: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Inferno: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Bauer , Bastian Zach
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verklang, Johann schloss die Augen. Wenig später war er eingeschlafen.
    XI
    Das weiße Auge des Vollmondes hing über den Bergen. Alles wirkte taghell: der Talkessel, die Wälder, die Ruinen der heruntergebrannten Häuser …
    Sie stand mitten auf dem Dorfplatz. Sah sie , die still um sie im Kreis standen.
    Der Wind heulte durch das zerstörte Dorf. Dann schwieg auch er.
    Der alte Mann trat aus ihren Reihen hervor, näherte sich mit langsamen Schritten. Dicht vor ihr blieb er stehen.
    „Großvater“, flüsterte sie. Er lächelte, aber seine Augen waren dunkel, sein weißes Haar voller Blut. Er deutete stumm auf ihren Hals.
    Plötzlich fühlte sie ein Brennen, fühlte die schwarzen Verästelungen auf ihrem Hals pulsieren. Glühender Schmerz durchzuckte sie – dann breiteten sie sich aus, krochen spinnenartig über ihren ganzen Körper.
    Sie schrie, sank zu Boden. „Helft mir. Oh Gott, helft mir!“
    Aber der alte Mann und die anderen sahen sie nur stumm an …
    Elisabeth erwachte. Ihr Atem ging stoßweise, ihr Gesicht war trotz der Kälte schweißnass. Langsam verebbten die Bilder ihres Traumes, machten Platz für einen milchig trüben, wolkenverhangenen Himmel.
    Die anderen saßen am Feuer. Johann stand auf und kam zu ihr. „Du hast so tief geschlafen, ich wollte dich nicht wecken.“ Er sah Elisabeths blasses Gesicht, den Schweiß auf ihrer Stirn. „Geht’s dir nicht gut?“
    „Doch, ich hab nur – schlecht geträumt“, antwortete sie und erschrak, wie belegt sich ihre Stimme anhörte. Als sie aufstand, wurde ihr übel, aber sie ließ sich nichts anmerken. Elisabeth beutelte den Schnee von ihrer Decke und folgte Johann zum Feuer.
    Das karge Frühstück aus Brot und Fleisch schmeckte mehlig. Elisabeth brachte nur ein paar Bissen hinunter.
    Von Freising stand auf. „Wir müssen los. Seid ihr bereit?“
    Johann und Elisabeth nickten.
    Basilius blieb stumm, wie immer.
    Auf dem Weg aus der Schlucht griff sich Elisabeth immer wieder an den Hals. Der Schmerz war beinahe abgeklungen, aber er blieb beständig im Hintergrund, leise und pochend.
    Sie musste Johann davon erzählen, aber dann? Was konnte er tun? Was würde mit ihr geschehen?
    „Hilf mir, oh Herr, steh mir bei“, betete sie lautlos.
    Als der Ausgang der Schlucht nahte und die Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke brachen, zog sie sich den Mantelkragen und das grobe Tuch schützend vors Gesicht.
    XII
    Die Sonne stand hoch am tiefblauen Himmel, als sie Innsbruck erreichten. Der Anblick der Stadt raubte Elisabeth, die ihr Dorf in den Bergen bis dahin nie verlassen hatte, den Atem: Die verschneite Stadt schmiegte sich an den Fluss, der von glitzernden Eisschollen bedeckt war. Brücken spannten sich über das Eis und führten zu den wuchtigen Stadtmauern, hinter denen Kirchtürme und die Dächer der Steinhäuser zu sehen waren. Im Norden hielt ein mächtiger Gebirgszug Wache über die Stadt, während sich im Süden ein Tal zwischen den Bergen durchschlängelte. Ein großes Kloster außerhalb der Stadt rundete das beeindruckende Bild ab.
    „So – schön …“, Elisabeths Stimme klang wie verzaubert.
    Von Freising nickte. „Schön, aber gefährlich. Die Stadtmauern, hinter denen auch mein Kloster liegt, sind bewacht. Ihr müsst also in der Vorstadt warten, bis ich wiederkomme. Ich hole Ausrüstung und Lebensmittel, das dürfte einige Stunden dauern.“
    „Wir werden uns in einem Wirtshaus aufwärmen“, sagte Johann.
    „Die stehen auch unter Bewachung. Es herrscht Krieg, und sie suchen überall nach Spionen und – Deserteuren.“ Er blickte Johann an.
    „Nicht in dem Wirtshaus, das ich meine“, antwortete Johann und deutete auf einige Häuser nördlich des Flusses.
    Johann führte Elisabeth über den vereisten Weg, der neben dem Fluss auf die rechte Talseite hinaufführte. Er war froh, dass sie die Stadt erreicht hatten. Obwohl sie die Schlucht vor zwei Tagen ohne größere Probleme verlassen hatten, war der Weg durch das Inntal und durch die meterhohen Schneeverwehungen beschwerlich gewesen.
    Aber die Kälte und der Schnee hatten auch einen Vorteil: Die Wege und Straßen waren fast leer. Es waren ihnen nur einige Händler begegnet, dazu die üblichen Vagabunden und natürlich auch ein paar Soldaten, aber denen waren sie rechtzeitig ausgewichen.
    Johann merkte, dass Elisabeth sehr unsicher auf den Beinen war. Plötzlich rutschte sie auf dem Eis aus, Johann konnte sie gerade noch festhalten. „Wir sind gleich da. Schaffst du’s?“
    Sie nickte.

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