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Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman

Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman

Titel: Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Röschen-Verlag
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klares Indiz dafür, dass man die Kinder nicht vor allem Unbill der Welt schützen konnte. Das Leben ging seine eigenen Wege. Man kann nur versuchen, sie stark genug zu machen, um Schicksalsschläge zu überstehen. Marina Weller hatte den Eindruck, dass es ihr bei Natascha ganz gut gelungen war. Jedenfalls schien sie den Kopf jetzt nicht in den Sand zu stecken. Dies erfüllte sie mit einem gewissen Stolz. Doch dann musste sie an Cordula und Thorsten Schuster denken, die ihre Tochter verloren hatten, und eine unendliche Traurigkeit erfasste sie.
    Tom Bohlan saß am Esstisch und hatte die Boulevardzeitung vor sich liegen. Befriedigt stellte er fest, dass auch die Journalisten noch keinen Schritt weitergekommen waren. Ein lautes Hupen schreckte ihn auf. Verwirrt blickte er durch das Fenster den leichten Hang hinauf und sah einen champagnerfarbenen Fiat 500, der unmittelbar vor seinem Tor stand.
    „Was ist denn da wieder los?“, murmelte der Kommissar und stellte den Kaffeepott, den er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, auf den Tisch. Es folgte ein erneutes Hupen. Bohlan drückte die Nase gegen die Fensterscheibe. Eine Hand streckte sich gerade durch das Dach des Autos und begann zu winken. In Bohlans Kopf ratterte es und dann fiel ihm ein, dass Julia Will in der letzten Zeit öfter etwas von einem Auto gequasselt hatte, das sie sich kaufen wollte. Er hatte sich gestern schon gewundert, dass sie ihn abholen wollte, um gemeinsam ins Main-Taunus-Zentrum zu fahren. Natascha Weller arbeitete dort. Eine schöne Möglichkeit, ihr noch einmal auf den Zahn zu fühlen. Bohlan riss die Eingangstür auf. „Komme sofort“, rief er nach oben und suchte Notizbuch und Schlüssel zusammen.
    „Und? Wie findest du ihn?“, wollte Will wissen, nachdem Bohlan sich auf den Beifahrersitz gequetscht hat. Der Kommissar schlug die Tür zu und schaute sich demonstrativ um.
    „Schickes Frauenauto.“
    „Komm, sei ehrlich.“
    „Nein wirklich. Ich finde ihn gar nicht so schlecht. Das letzte Mal, dass ich in einem Fiat 500 gesessen habe, muss irgendwann in den Siebzigern gewesen sein. Ich muss schon sagen, das ist kein Vergleich mehr. Und dann natürlich das Faltdach. Bohlan streckte die Arme nach oben. „Und eine Parklücke wirst du auch immer finden.“ Bohlan fand, dass er in der Kürze der Zeit eine Menge guter Argumente für diesen Wagen gefunden hatte. Da Will zufrieden nickte, war er es auch. Sie ließ den Motor an und der Wagen rollte erstaunlich ruhig über das Kopfsteinpflaster. Keine fünfzehn Minuten später erreichten sie das Parkdeck des Main-Taunus-Zentrums. Will klappte das Faltdach zusammen und die beiden machten sich auf den Weg zum Aufzug.
    „Wie heißt der Laden?“
    „Hollister.“
    „Kenn ich nicht“, sagte Bohlan knapp.
    „Hoffentlich bekommst du keinen Kulturschock.“
    Kulturschock? Bohlan wurde fast ein wenig ärgerlich. Für einen Mann, der im nächsten Jahr fünfzig wurde, war er eigentlich erstaunlich gut beieinander. Er trieb jede Menge Sport, wohnte auf einem Hausboot. Im Gegensatz zu den meisten Altersgenossen war er nicht verheiratet, hatte keinen Bierbauch und musste sich auch nicht mit den Schulproblemen des Nachwuchses herumplagen. Wenn man es genau nahm, lebte er eigentlich kein anderes Leben als vor zwanzig Jahren. Außer dass er auf dem Computer schreiben konnte und eines dieser neuen Smartphones hatte, welches er sogar bedienen konnte. Da war es nicht so schlimm, dass er dieses neue Geschäft nicht kannte. Letztlich wird es sich um einen Klamottenladen handeln, der sich von den anderen nicht besonders unterscheidet. Sie passierten den Appleladen, aus dem Gegröle und Geklatsche nach draußen drangen. Ein Kunde hatte soeben ein neues Gerät ergattert und wurde vom Türsteher freudig umarmt und gefeiert. Kopfschüttelnd lief Bohlan weiter und stand unvermittelt vor einer völlig verdunkelten Fassade.
    „Herzlich willkommen.“ Der Tonfall des Türstehers war übertrieben freundlich.
    „Danke“, murmelte Bohlan. Vor ihm drohte Julia Will in einem schwarzen Nichts zu versinken.
    „Ich dachte, das ist ein Klamottenladen und keine Geisterbahn.“
    „Ist es auch“, zischte Will ein wenig genervt zurück.
    „Und warum ist es dann so dunkel? Wenn ich etwas kaufe, will ich doch auch sehen, wie es aussieht.“
    Meeresrauschen und eine gefühlte Windböe erfassten Bohlan. Aus der Ferne drang ein chillender Musikbrei. Er blieb vor einer Glasscheibe stehen, die einen Sandstrand vor azurblauem

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