Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman
Was ist schon vernünftig? Das war dir die ganze Zeit doch auch egal, als du mich gefickt hast.“
„Die ganze Zeit über gab es auch keinen Mord und die Polizei hat nicht überall herumgeschnüffelt. Wir hatten noch die Chance, dass niemand etwas merkt, dass uns niemand beobachtet. Jetzt ist alles anders. Solange der Mord nicht aufgeklärt ist und die Polizei überall herumschnüffelt, können wir uns auf keinen Fall mehr treffen. Früher oder später würden sie es herausbekommen und dann ...“ Er brach ab.
„Was und dann ...?“
Er stand auf, ging zu ihr und nahm sie in seine Arme. „Du musst mir vertrauen. Ich liebe dich. Ich werde zu dir stehen und meine Frau verlassen, aber erst wenn du dein Abi hast. Es gibt keine andere Möglichkeit. Alles andere wäre glatter Selbstmord.“
Natürlich wusste Natascha, dass er recht hatte. Natürlich war ihr das Risiko völlig klar, das vor allem er bei der ganzen Geschichte einging. Und was war schon ein Jahr im Vergleich zu einem ganzen Leben?! Es gab wirklich Schlimmeres, als ein Jahr auf die Liebe des Lebens warten zu müssen. Außerdem war er nicht wirklich aus der Welt. Sie würde ihn weiterhin jeden Tag sehen. Schließlich war er ihr Lehrer.
Bohlan und Weber saßen seit einer viertel Stunde in der Wunderbar. Sie hatten Rotwein und Flammkuchen bestellt und erzählten sich gegenseitig die neuesten Dinge aus ihren Welten. Bohlan genoss jede Sekunde. Zu lange hatten sie sich nicht mehr gesehen. Zu viele Dinge waren seitdem passiert, doch die Chemie zwischen ihnen schien immer noch zu funktionieren. Gegen zwölf gingen sie Arm in Arm zurück zum Boot und liebten sich dort die halbe Nacht.
Montag
Der Sonntag war für Bohlan Balsam auf die Seele gewesen. Nachdem sie lange geschlafen hatten, waren er und Barbara in die Stadt zum Frühstücken gefahren und hatten den Tag in Barbaras Wohnung am Westhafen verbracht. Tatsächlich war es ihm gelungen, keinen Gedanken an den aktuellen Fall zu verschwenden, abgesehen davon, dass er ihr natürlich in groben Umrissen den Stand der Ermittlungen geschildert hatte. Auch Barbara hatte nicht an ihre Arbeit gedacht. Sie hatte sogar ihr Handy ausgeschaltet, ein Umstand, den Bohlan ihr sehr hoch anrechnete. Erst am späten Sonntagabend hatten sich ihre Wege wieder getrennt, weil Barbara am Montag früh im Sender sein musste. Sie hatten sich für Dienstagabend verabredet. Bohlan war zufrieden und früh zu Bett gegangen und dementsprechend zeitig aufgewacht. Voller Energie hatte er seine morgendliche Laufrunde absolviert und war pünktlich um neun im Präsidium erschienen. Versonnen betrachtete er das Whiteboard und überließ Julia den Vortrag über die samstäglichen Ermittlungen. Gegen zehn Uhr klingelte das Telefon. Bohlan hob den Hörer ab. Es war ein Kollege vom 12. Polizeirevier, das für den Stadtteil Eschersheim zuständig war.
„Ihr seid doch für den Mordfall Lea Schuster zuständig?“, tastete sich der Kollege langsam heran.
Bohlan wurde sofort hellhörig. Der Anruf des zuständigen Polizeireviers konnte einen wichtigen Hinweis bedeuten.
„Ja, sind wir.“
„Gestern wurde ein Motorroller gefunden. Die Überprüfung hat ergeben, dass es sich um Lea Schusters Roller handelt.“
„Wo? Was? Wer?“, Bohlan war zu überrascht, als dass er eine klare Frage formulieren konnte.
„In einer Kleingartenkolonie, in der Nähe des Leichenfundortes.“
Bohlan ließ sich die genauen Daten durchgeben und legte wieder auf.
„Sieht ganz so aus, als ob wir uns nochmal in Richtung Tatort bewegen müssen“, sagte er zu Julia. „Leas Roller ist aufgetaucht.“
„Dann machen wir mit den Vernehmungen in der Schule weiter“, sagte Steinbrecher.
„Wir unterstützen euch, sobald das mit dem Roller geklärt ist.“
Im Lehrerzimmer der Willy-Brandt-Schule herrschte dicke Luft. Das konnte zum einen daran liegen, dass das Wochenende über nicht gelüftet worden war. Zudem hatte auch Leas Tod dafür gesorgt, dass die Nerven der meisten Kollegen ziemlich blank lagen. In Wahrheit aber lagen die Gründe weitaus tiefer und reichten bis zum Beginn des Jahres zurück. An jenem Tag, an dem der Leiter des staatlichen Schulamtes Annette von Lichtenhagen als neue Schulleiterin präsentierte, herrschte noch halbwegs ausgelassene Stimmung. Endlich lagen die Karten offen auf dem Tisch und die Nachfolge des aus Altersgründen ausgeschiedenen Dr. Grass, der das Gymnasium fast zwanzig Jahre geführt hatte, war entschieden. Dr. Grass hatte die
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