Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman
der Ermittler nicht weniger werden – im Gegenteil. Von Lichtenhagen wusste, dass sie nicht viel gegensteuern konnte. Der Tod einer Schülerin würde jede Schulgemeinschaft aus den Fugen brechen lassen. Dazu kam, dass Lea Schuster nicht irgendein graues Mäuschen gewesen war. Als tragende Säule der Schülerzeitung hatte sie so etwas wie einen Glamour-Faktor, zumal sie sich in der Vergangenheit nicht gescheut hatte, den Finger in gewisse Wunden zu legen. Zudem war sie auch in der Theater-AG aktiv und aus diesen Kreisen war in den vergangenen Wochen das eine oder andere unschöne Gerücht an die Öffentlichkeit gedrungen. Von Lichtenhagen griff nach der Wasserflasche, schenkte sich ein Glas ein und trank es in einem Zug aus. Sie musste hier in jedem Fall die Stellung halten. Es galt, die Restkontrolle, die sie qua Amt hatte, nicht aus den Händen zu geben. „Jetzt wissen wir wenigstens, wie Lea Schuster in die Nähe des Tatortes gekommen ist“, sagte Will.
Bohlan steckte den Schlüssel in das Zündschloss, unterließ es aber, den Wagen zu starten. „Falsch. Wir wissen es nicht, wir können es nur vermuten.“
Will schaute ihren Chef fragend an.
„Wir wissen nur, dass ihr Roller auf dem Gelände abgestellt wurde. Ob das Lea Schuster selbst getan hat, wissen wir nicht. Das hast du doch selbst eben zu Scherer gesagt.“
„In diesem Punkt hast du natürlich recht. Aber ich denke, wir können davon ausgehen, dass es Lea selbst war. Alles andere wäre irgendwie unlogisch.“
„Dann stellt sich die Frage, warum hat sie den Roller hier abgestellt?“
„Vielleicht wollte sie jemanden besuchen?“, sagte Will. „Entweder auf der Anlage oder auf dem Sportplatz nebenan.“
„Das ist ein guter Ansatzpunkt. Wir müssen uns unbedingt die Liste genau ansehen.“ Bohlans Blick fiel auf Wills Schoß, wo ein Schnellhefter lag, den sie von Scherer erhalten hatten. „Aber erstmal wartet in der Willy-Brandt-Schule Arbeit auf uns.“ Bohlan startete den Motor und fuhr rückwärts aus der Parklücke.
„Sie schon wieder!“ Ein lautes Stöhnen entfuhr Natascha Weller, als sie von Bohlan und Will auf dem Pausenhof abgefangen wurde.
„Wir hätten doch noch ein paar Fragen“, sagte Bohlan.
„Ich habe Ihnen schon zweimal alles gesagt, was ich weiß.“
„Mag sein, trotzdem benötigen wir noch einmal Ihre Mithilfe.“
Natascha Weller trottete mit unwilligem Gesichtsausdruck hinter den beiden her. Hatte die Polizei wirklich nichts Besseres zu tun, als sich Tag ein, Tag aus mit ihr zu unterhalten? Und was hatte das alles zu bedeuten? Glaubte die Polizei am Ende, sie sei der Schlüssel zur Lösung des Falls?
„Wir versuchen gerade, den letzten Tag in Leas Leben zu rekonstruieren“, begann Bohlan das Gespräch, nachdem sie sich in einem Klassenraum gegenübersaßen.
„Und wie soll ich Ihnen dabei helfen?“
„Nach allem, was wir bislang wissen, war Lea nach der Schule kurz zu Hause und ist dann zum Training in den Tennisclub“, fuhr Bohlan fort, ohne auf Nataschas Einwand zu reagieren. „Dort hat sie sich gegen 17.00 Uhr verabschiedet. Herr Petrescu, der Trainer, hat sie mit ihrem Roller wegfahren sehen, und zwar in Richtung Eschersheim. Danach verliert sich ihre Spur. Wissen Sie vielleicht, wohin sie gefahren sein könnte?“
„Nein“, antwortete Natascha. „Ich sagte Ihnen bereits, dass ich sie nach der Schule nicht mehr gesehen habe.“
Bohlan machte ein nachdenkliches Gesicht.
„Kennen Sie das Kleingartengelände neben dem Heddernheimer Sportplatz?“, fragte er schließlich und glaubte, ein leichtes Zucken in Nataschas Gesicht zu entdecken.
„Ja, natürlich. Das liegt zwischen Sportplatz und Schwimmbad.“
„Was könnte Lea dort gewollt haben?“ Wieder glaubte Bohlan, eine gewisse Unruhe bei Natascha zu spüren.
„Keine Ahnung.“
Bohlan musterte Natascha eingehend, ohne etwas zu sagen.
„Wie kommen Sie überhaupt darauf, dass Lea dort gewesen ist?“
„Wir haben ihren Roller dort gefunden. Hatte sie vielleicht einen Freund oder Bekannte, die dort einen Kleingarten haben?“
„Nicht dass ich wüsste.“ Natascha zuckte mit den Schultern.
„Oder jemanden, der beim FC Heddernheim kickt?“
„Mit Sicherheit. Der eine oder andere aus unserer Stufe spielt Fußball.“
„Aber konkrete Namen haben Sie nicht?“
„Nein.“
Bohlan fuhr sich mit der Hand über den Kopf. „Und Sie haben wirklich keine Idee, was Lea in der Kleingartenanlage gewollt haben könnte?“
„Nein, beim besten
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