Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman
betätigte die Fernbedienung. Die Blinker des Wagens reagierten und die Verriegelung zischte nach oben. Er würde jetzt nach Hause fahren, sich auf die Terrasse setzen und erst mal in aller Ruhe entspannen. Das Klacken der Beifahrertür riss ihn aus seinen Gedanken. War da nicht jemand in seinen Wagen gehuscht? Fischer riss die Fahrertür auf und blickte auf Natascha.
„Bist du jetzt völlig übergeschnappt? Steig sofort aus!“
„Wenn du willst, dass ich dir eine Szene mache, gerne.“ Sie blieb regungslos sitzen.
„Bitte, Natascha. Wir waren uns doch einig.“
„Jetzt steig erst mal ein und mach die Tür zu. Du schreist noch die ganze Schule zusammen.“
Kopfschüttelnd stieg Fischer ein und schloss die Tür. „Also, was willst du?“
„Ich an deiner Stelle würde los fahren, bevor hier noch die Polizei auftaucht und uns sieht.“
Widerwillig steckte er den Schlüssel ins Zündschloss und startete den Motor. Er wusste, dass Natascha recht hatte. Je länger sie auf dem Parkplatz stehen blieben, desto größer wurde die Gefahr, gesehen zu werden. Er lenkte den Wagen auf die Straße und fuhr in Richtung Weißer Stein.
„So, und jetzt raus mit der Sprache, was soll diese ganze Aktion? Wir waren uns gestern doch einig, dass wir uns vorerst nicht mehr sehen.“
„Erstens: Nicht wir waren uns einig, sondern du hast das verkündet“, sagte Natascha trotzig. „Und zweitens hat sich seit gestern Abend einiges verändert.“
Fischer versuchte, sich auf die Straße zu konzentrieren, ein Unterfangen, das ihm äußerst schwer fiel. Sollte Natascha doch uneinsichtig sein? Setzte sie mit ihrer Jugendlichkeit alles aufs Spiel? Fischer merkte, wie er zu schwitzen begann.
„Sie haben Leas Roller gefunden“, sagte Natascha.
„Ach echt? Wo denn?“
„Jetzt tu nicht so unwissend.“
„Ich tue überhaupt nicht unwissend. Woher weißt du das?“
„Von der Polizei. Sie haben mich nochmal verhört. Dabei kam es zur Sprache.“
Fischer blickte wortlos auf die Straße. Er überlegte, wo er hinfahren sollte. Wahrscheinlich wäre es das Beste, Natascha nach Hause zu fahren. Er lenkte den Wagen in Richtung Zehnmorgenstraße.
„Was hast du mit Leas Tod zu tun?“
„Sag mal, was soll das? Du bist ja völlig verrückt geworden. Erst enterst du mein Auto, dann stellst du mir merkwürdige Fragen. Was soll ich mit Leas Tod zu tun haben?“
„Was weiß denn ich? Vielleicht hast du sie auch gefickt?“
Fischer stieg auf die Bremse. Die Reifen quietschten, der Wagen blieb stehen. Er blickte zu Natascha, die durch den Ruck des Bremsmanövers nach vorne geschleudert und vom Gurt zurückgeworfen worden war.
„Du bist total irre.“
„Fahr weiter!“
Fischer startete den Motor erneut. Kopfschüttelnd trat er auf das Gaspedal.
„Leas Roller stand die ganze Zeit vor dem Vereinshaus in der Kleingartenanlage.“
Fischer spürte, wie sich die Schweißtropfen auf seiner Stirn vermehrten. Verdammt, darauf hätte er auch kommen können, dachte er. Er hatte sich nie die Frage gestellt, wie Lea in die Kleingartenanlage gekommen war.
„Du wirst nicht glauben, was wir in Leas Zimmer entdeckt haben.“ Steinbrecher stürmte in das Kommissariat. Will, die dabei war, die Liste der Kleingartenpächter durchzugehen, blickte erschrocken auf.
„Hier.“ Steinbrecher hielt ein kleines Büchlein in DIN-A5-Größe mit einer Siegerpose nach oben.
„Was ist das?“
„Leas Tagebuch. Aber das ist noch nicht alles. Die Einträge haben es in sich.“
„Woher hast du das?“
„Aus ihrem Zimmer. Ihr Schreibtisch hatte ein Geheimfach.“
„Verdammt“, dachte Will, „wie haben wir das nur übersehen können?“
„Spann uns nicht so lange auf die Folter. Was steht drin?“, fragte Bohlan.
„Ich fasse es mal kurz so zusammen: Punkt eins, Lea schwärmt seitenweise für einen Mann, dessen Name sie aber leider nicht nennt. Sie spricht immer nur von Mister X. Das scheint schon ein paar Monate so zu gehen. Punkt zwei, sie schreibt auch von einer versuchten Vergewaltigung, die ihr widerfahren ist. Auch hier nennt sie den Täter nicht beim Namen. Punkt drei, sie scheint etwas herausgefunden zu haben, das sie sehr beschäftigt. Sie war sich unschlüssig, ob sie darüber in der Schülerzeitung berichten sollte. So und jetzt kommt es: Sie wollte sich am Todesabend mit jemandem treffen, den sie ausnahmsweise einmal beim Namen nennt.“ Steinbrecher schaute bedeutungsschwer in die Runde.
„Jetzt spann uns nicht auf die Folter“, sagte
Weitere Kostenlose Bücher