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Mord, der keiner sein durfte

Mord, der keiner sein durfte

Titel: Mord, der keiner sein durfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Wille
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Finanzamt anonym der Steuerhinterziehung beschuldigt wurde. Und bei all diesen Aktionen gab es Hinweise auf eine Mitwisserschaft Barschels. Dass auch die SPD frühzeitig über die dunklen Machenschaften aus der Staatskanzlei informiert war, kam erst sehr viel später heraus.
    Die Affäre flog auf, als der Spiegel – basierend auf den Erzählungen des Täters Pfeiffer – eine Titelgeschichte über die »Waterkant-Affäre« veröffentlichte. Hier war Barschel der Anstifter, obwohl die Beweise dafür eher dürftig waren.
    Der angeschlagene Ministerpräsident versuchte, sich aus der Affäre herauszuwinden, und sagte in einigen Punkten nachweislich die Unwahrheit. Im Zuge der öffentlichen Aufregung wurde der Ministerpräsident von seiner eigenen Partei fallen gelassen, und in der Tat sah anfangs alles eher danach aus, dass Barschel die Schmutzkampagne gegen Björn Engholm initiiert hatte. Die fragwürdige Rolle der SPD kam erst später, im Verlaufe der sogenannten »Schubladen-Affäre«, heraus, als klar wurde, dass der SPD-Vorsitzende von Schleswig-Holstein dem Drahtzieher der verdeckten Kampagne gegen die SPD, Pfeiffer, angeblich aus seiner Küchen-Schublade hohe Summen in Bargeld gezahlt hatte. Da war Barschel aber längst tot.
    Als Barschel politisch stürzte, waren fast alle Medien, die meisten Parteifreunde und Gegner von seiner Schuld überzeugt. Was lag da näher, als an Suizid zu glauben. Ein Selbstmord war das Eingeständnis von Schuld, gab damit allen recht, die Barschel als Anstifter der Schmutzaffäre betrachteten.
    Zweifel an einem Selbstmord wurde umgehend als nachträgliche Reinwaschung vom Schmutz der Kampagne betrachtet. Vor allem diejenigen Medien, deren wichtigster Zeuge der Haupttäter Pfeiffer war, brauchten den Selbstmord, um ihre eigene Berichterstattung nicht nachträglich infrage stellen zu müssen.
    Jede Recherche, die in eine andere Richtung führte, wurde als Versuch der Rehabilitierung Barschels oder als substanzlose Verschwörungstheorie denunziert. Und vor allem jene Medien, die Barschel zu Fall gebracht hatten, weigerten sich konsequent, ihre investigativen Möglichkeiten zu nutzen, um den Fall tatsächlich aufzuklären. Stattdessen wurde das Feld denjenigen überlassen, die allerlei konspirative Fantastereien unters Volk streuten. Und in der Tat kreuzten sich im Fall Barschel die Spuren zahlreicher Geheimdienste, deren Aktivitäten Ende der 1980er-Jahre entdeckt wurden. Mit alldem sollte Uwe Barschel in irgendeiner Verbindung stehen, von den Waffengeschäften der »Iran-Contra-Affäre« bis zu den Machenschaften des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, deren Aktenbestände nach dem Fall der Mauer zugänglich wurden.
    Es stellte sich heraus, dass Uwe Barschel tatsächlich verdächtig oft in der DDR gewesen war, dass es eine umfangreiche Akte unter dem Decknamen »Hecht« über ihn gab, dass er sich auf kaum fassbar leichtsinnige Weise in DDR-Hotels zur Zielscheibe der Stasi gemacht hatte. Es gab allerhand Informationen, die ihn mit dem Waffenhandel in Verbindung brachten, doch bewiesen wurde das nie.
    Dabei geriet aus dem Blickfeld, dass es zur Zeit der »Barschel-Affäre« einen Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag gab, der sich mit der Aufklärung eines Falles von großer politischer Tragweite beschäftigte, den illegalen Lieferungen von Blaupausen für U-Boote an das einem UNO-Embargo unterliegende Apartheidregime in Südafrika. Die HDW, Howaltswerke-Deutsche Werft in Kiel, hatte unter Umgehung aller internationalen Verbote Baupläne für Unterseeboote nach Südafrika geliefert. Das konnte nicht ohne das Wissen von Teilen der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung erfolgt sein, denn diese war einer der Hauptgesellschafter der Werft. Der kriminelle Deal war aber schon unter Barschels Vorgänger im Amt des Ministerpräsidenten eingefädelt worden. Mit von der Partie war der Aufsichtsratsvorsitzende von HDW, inzwischen Finanzstaatssekretär in der Landesregierung von Uwe Barschel.
    Ausgerechnet jener Staatssekretär war es, der in der schleswig-holsteinischen Bespitzelungsaffäre seinem Regierungschef den politischen Todesstoß versetzte, indem er ihn in bei einem eher nebensächlichen Thema der Lüge bezichtigte. Seine Aussage bewies für die Öffentlichkeit, dass Barschels berühmtes Ehrenwort hohl war. Damit schien klar, dass Barschel tatsächlich Anstifter der Bespitzelung und Denunziation seines politischen Kontrahenten Engholm gewesen war. Kaum jemand machte sich

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