Mord hat keine Tränen: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
Schriftzug darauf. Die Familie besitzt die Firma schon lange nicht mehr. Sie wurde vor Jahrzehnten verkauft. Aber man kann die Bickerstaffes selbst ohne jedes Problem ausfindig machen, jeden einzelnen noch so entfernten Zweig. Selbst mich hat Jay gefunden. Er war sogar in der Gegend, um nachzusehen, ob Sneddon Farm Cottage, wo seine Großmutter gelebt hatte, und Balaclava House, das Haus seines Großvaters, noch standen. Das Cottage war längst eingestürzt und scheinbar schon immer eine Bruchbude gewesen. Balaclava House war eine andere Sache. Auch dieses Haus war mehr oder weniger eine Ruine, aber es stand auf einem riesigen Stück Land. Es gehörte Monty Bickerstaffe, einem alten Mann ohne Kinder. Das war der Punkt, an dem Jay seine verrückte Idee hatte, dass er ein moralisches Recht auf Balaclava House hatte. Sein Vater war unehelich geboren, und kein Bickerstaffe hatte ihn je gesehen, doch Jay war überzeugt, dass er ein Recht auf Balaclava hatte, und er war entschlossen, sich auf die ein oder andere Weise in seinen Besitz zu bringen. Verstehen Sie - es war alles seine Schuld.
Er fing an zu schnüffeln und zu planen und zu intrigieren, wie er es gelernt hatte in seinem Beruf, und er beschloss, mich zu benutzen. Er würde mich aufsuchen und anquatschen. Das fiel ihm nicht weiter schwer - er war gut darin, Leute auszufragen und ihnen die ›wahre‹ Geschichte aus der Nase zu ziehen. Es war seine Journalistenausbildung, verstehen Sie? Ich war dumm genug, mich geschmeichelt zu fühlen. Ich bildete mir ein, dass er mich mochte. Für eine Weile dachte ich sogar, dass er mich liebte. Zu diesem Zeitpunkt war ich sogar bereit, ihn zu heiraten, obwohl ich heute zu sagen wage, dass ich im Grunde genommen nur meine Mutter herausfordern wollte. Sie war so total gegen ihn, von Anfang an. Ich hätte klüger sein müssen. Normalerweise bin ich nicht so dumm, wenn es um die Einschätzung von Männern geht.
Wie dem auch sei, ich habe ihm erzählt, dass Onkel Monty mich in seinem Testament als Erbin eingesetzt hat. Jay dachte wahrscheinlich, er hätte den Jackpot geknackt. Er würde mich heiraten. Das war, als ich noch total in ihn verliebt war. Ich würde das Haus erben, und er würde mich überreden es abzureißen. Als ich ihm sagte, dass ich ihn durchschaut und herausgefunden hätte, was er plante, und dass er die Idee vergessen könnte, mich zu heiraten, meinte er nur, er würde seine eigenen Ansprüche auf Balaclava vorbringen. Er sagte, er wäre ein näherer Verwandter von Onkel Monty als ich. Wir nennen Onkel Monty zwar alle ›Onkel‹, aber er war der Cousin meines Großvaters. Ich bin also lediglich eine Cousine dritten Grades von Monty. Jay hingegen war sein Neffe! Sein Neffe! Ich war nicht sicher, ob er es nicht fertig bringen würde, Onkel Monty zum Ändern seines Testaments zu bewegen. Jay konnte sehr überzeugend sein. Und wer weiß, vielleicht freute sich Monty wie ein König über die Neuigkeit, dass er einen Neffen hatte. Also besprach ich alles mit Mum, und wir beschlossen, dass wir ihn aus dem Weg räumen ...«
»Miss Peterson!«, flehte der untröstliche junge Anwalt.
»Er sollte merken, dass er mich nicht benutzen und ungeschoren davonkommen konnte. Ich dachte gar nicht daran, ihm Balaclava zu überlassen, damit er das Haus abreißen und alles mit diesen grässlichen kleinen Eigenheimen voll bauen konnte. So, jetzt wissen Sie's.«
Tansy sah Jess an. »Ich habe Ihnen erzählt, bei unserer letzten Unterhaltung, ich hätte nie ein Ziel im Leben gehabt, keine Pläne. Das war nicht ganz richtig. Ich hatte immer einen heimlichen Traum, seit ich ein kleines Mädchen war. Mein Traum war, Balaclava House wieder in alter Schönheit entstehen zu lassen. Ich würde nicht zulassen, dass Jay diesen Traum zerstört, obwohl er vermutlich genau das getan hat. Das ist meine eigentliche Bestrafung, verstehen Sie? Es ist mir egal, ob ich ins Gefängnis muss oder nicht. Ich dachte, wenn ich Jay töte, kann mein Traum weiterleben. Jetzt ist er ausgeträumt. Ich habe nichts mehr - und ich habe auch nichts mehr zu sagen.« Sie verstummte.
»Sehr wohl, Miss Peterson!«, pflichtete ihr der Anwalt bei. »Bitte, sagen Sie nichts mehr. Kein einziges Wort!«
K APITEL 20
»So«, sagte Jess in den Telefonhörer, »ich schulde Ihnen ein Essen, Tom. Dieses Photo in der Zeitschrift, an das Sie sich erinnert und für uns ausgegraben haben, brachte uns auf die Spur zu Tansy und ihrer Mutter.«
»Sie schulden mir kein Essen, Jess«,
Weitere Kostenlose Bücher