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Mord im Herbst: Roman (German Edition)

Mord im Herbst: Roman (German Edition)

Titel: Mord im Herbst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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er höchstens 550.000 bezahlen konnte.
    »Das ist zu teuer«, sagte er.
    »Du spinnst wohl. Ein Haus in Österlen.«
    »Es ist eine Bruchbude.«
    »Wenn man ein paar Hunderttausend investiert, ist es ein ganzes Stück mehr wert als eine Million.«
    »Ich kann 475.000 bezahlen.«
    »Nein.«
    »Dann vergessen wir die Sache.«
    Wallander beendete schnell das Gespräch. Dann blieb er mit dem Telefon in der Hand stehen und wartete. Er zählte die Sekunden. Es vergingen vierundzwanzig, bis Martinsson wieder anrief.
    »Sagen wir 490.000.«
    »Dann geben wir uns telefonisch die Hand darauf«, antwortete Wallander. »Richtiger gesagt, ich nehme es per Handschlag für vierundzwanzig Stunden. Ich muss mit Linda reden.«
    »Tu das. Bis heute Abend.«
    »Warum denn diese Hast? Ich brauche vierundzwanzig Stunden.«
    »Die bekommst du. Aber nicht mehr.«
    Sie beendeten das Gespräch. Wallander verspürte einen Anflug von Freude. War er jetzt kurz davor, den langjährigen Traum von einem Haus auf dem Lande zu verwirklichen? Nicht weit entfernt vom Haus seines Vaters, in dem er so viel Zeit verbracht hatte?
    Er lief die Treppe hinauf und ging noch einmal durchs Haus. In Gedanken begann er, Wände einzureißen, neue elektrische Leitungen zu legen, zu tapezieren und zu möblieren. Er hatte Lust, Linda anzurufen, beherrschte sich jedoch.
    Es war zu früh, um zu berichten. Er war noch nicht ganz überzeugt. Erneut ging er durchs Erdgeschoss, blieb hier und da stehen und lauschte, betrat das nächste Zimmer. An den Wänden hingen verblasste Fotografien der Menschen, die einmal hier gelebt hatten. Zwischen zwei Fenstern im größten Zimmer hing eine kolorierte Luftaufnahme des Hofes.
    Er dachte, dass die ehemaligen Bewohner noch in den Wänden atmeten. Aber es gibt keine Gespenster, sagte er sich. Es gibt keine, weil ich nicht an Gespenster glaube.
    Er trat auf den Hof hinaus. Der Regen hatte aufgehört. Die Wolken verzogen sich. Er betätigte ein paar Mal den Schwengel einer Pumpe, die mitten auf dem Hof stand. Es knirschte und rasselte, aber das Wasser, das kam, war zunächst braun, doch dann vollkommen klar. Er nahm einen Schluck davon und sah in Gedanken schon einen Hund, der aus einer Schale neben ihm Wasser trank.
    Er machte noch eine Runde ums Haus und kehrte dann zu seinem Wagen zurück.
    Erst als er die Tür schon geöffnet hatte, hielt er inne. Ihm war ein Gedanke gekommen. Zunächst konnte er ihn nicht klar umreißen und runzelte die Stirn. Etwas hatte in ihm klick gemacht. Er hatte etwas gesehen. Etwas, was nicht in Ordnung war.
    Er wandte sich noch einmal zum Haus um. Etwas hatte sich in seiner Erinnerung festgesetzt.
    Dann kam er darauf. Er war auf der Rückseite des Hauses über etwas gestolpert, das auf dem Boden gelegen hatte. Eine alte Harke oder vielleicht eine Baumwurzel. Es hatte ihn innehalten lassen.
     
    Er hatte etwas gesehen. Ohne zu sehen.

4.
     
    Wallander kehrte zur Rückseite des Hauses zurück. Zuerst war er unsicher, wo er gestolpert war. Er verstand auch nicht, warum es ihm plötzlich wichtig war, zu untersuchen, worüber er gestolpert war.
    Er suchte den Boden ab. Bald hatte er gefunden, was er suchte. Lange starrte er auf das Ding, das aus der Erde ragte. Erst stand er reglos, dann umkreiste er den Gegenstand, der vor ihm lag. Schließlich ging er in die Hocke. Seine Knie knackten. Es bestand kein Zweifel daran, was dort, halb begraben, vor ihm lag. Es waren nicht die Reste einer alten Harke. Es war auch keine Baumwurzel.
    Es war eine skelettierte Hand. Die Knochen waren braun, aber er war sicher. Aus der braunen Erde ragten die Reste einer menschlichen Hand.
    Wallander richtete sich auf. Die Alarmglocke, die anschlug, als er gerade in seinen Wagen steigen wollte, hatte ihn nicht genarrt.
    Er blickte sich um. Es waren keine anderen Knochenreste zu sehen. Nur die aus der Erde ragende Hand. Er beugte sich nieder und stocherte vorsichtig im Boden. Lag darunter ein ganzes Skelett, oder war es nur diese Hand? Er vermochte es nicht zu sagen.
    Die Wolken waren abgezogen. Die Oktobersonne wärmte zaghaft. In der hohen Kastanie zeterten die Krähen wie bei seiner Ankunft. Die ganze Situation kam Wallander unwirklich vor. Er war an einem Sonntag hier herausgefahren, um ein Haus zu besichtigen, das er vielleicht kaufen würde. Zufällig stolpert er im Garten über die Hand eines Toten.
    Wallander schüttelte zweifelnd den Kopf. Dann rief er im Polizeipräsidium an. Wieder dauerte es eine ganze Weile, bis Martinsson

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