Mord Im Kloster
Grundherrn ledig, musste sich allerdings der bürgerlichen Wehrpflicht und der Steuerpflicht unterwerfen. Waren die Städte zunächst adeligen Stadtherren unterstellt, so brachte die Gewährung der Freiheit für die Bürger doch mit der Zeit eine Entwicklung hin zu völlig selbständigen Städten mit sich. Als Reichsstädte unterstanden diese nur noch dem König, so die Freie Reichsstadt Ravensburg. Ausdruck fand die Gesinnung der Stadtbürger auch bei den Kirchenbauten. In den vor allem vom Franziskanerorden errichteten Hallenkirchen gab es keine gesonderten Plätze mehr für Adel und hohe Geistlichkeit. Der Gedanke der Gleichheit der Bürger fand so einen deutlichen Ausdruck.
Durch die Gewährung eines Marktfriedens wurden insbesondere den Kaufleuten die Unsicherheiten genommen. Der Stadtherr sagte die Sicherheit der Zugangswege zu, nahm aber auch Abstand von willkürlich erhobenen Zöllen. Eine Marktordnung – überwacht von den Marktschöffen – regelte die Abwicklung der Geschäfte und schuf Rechtssicherheit. In den Städten siedelten sich auch Handwerker an, die hier ihren spezialisierten Berufen nachgingen und die Bevölkerung mit notwendigen Gerätschaften, Kleidung und Luxuswaren versorgten.
Dass es in den Städten am Beginn des 14. Jahrhunderts nicht immer friedlich zuging, hatte der französische König Philipp IV. (Kg. 1285-1314) am eigenen Leib erfahren müssen, wie die »Genter Annalen« berichten. Im Jahr 1301 kam der König mit großem Gefolge nach Flandern und machte Station in Gent. »Die Genter zogen ihm in würdiger Prozession entgegen, alle mit neuen Kleidern angetan, die Herren in zweierlei Tracht, weil sie untereinander uneins waren, und die Gemeinde in ihrer eigenen Tracht… Als nun der König in Gent einzog, schrie die ihm begegnende Gemeinde laut und bat ihn inständig um Befreiung von einer schweren Steuer, die in Gent und Brügge auf alle Waren, besonders auf Bier und Met erhoben wurde;… Der König… gewährte den Rufenden ihre Bitte. Das missfiel den Herren der Stadt sehr, denn gewöhnlich zogen sie hier wie in Brügge aus der genannten Steuer große Einnahmen« [n. Borst, 1995, S. 402]. Nach diesem großzügigen Steuererlass versuchten die Genter Stadtherren im Jahr darauf, die Steuer wieder einzuführen, um die gewaltigen Kosten zu decken, die der Besuch des Königs im Jahr zuvor mit sich gebracht hatte. Erste Proteste der Stadtgemeinde führten zu einem Aufmarsch von Truppen in der Stadt, was wiederum die Gemeinde dazu veranlasste, sich zu bewaffnen und nun offen in den Aufstand zu gehen. Dieser gipfelte in der Schlacht bei Kortrijk am 11. Juli 1302, in der die Gemeinde siegte. Der königliche Statthalter Jacques de Saint-Pol musste den Forderungen der Aufständischen nachgeben. Dieses Beispiel zeigt, dass sich die Stadtbewohner – Einigkeit und auch militärische Mittel vorausgesetzt – gegen die Fürsten und auch gegen das eigene Stadtregime erfolgreich durchsetzen konnten.
Jörg Dendl
Literatur
Arno Borst (Hg.), Das Rittertum im Mittelalter, Darmstadt
1976 Arno Borst, Lebensformen im Mittelalter, Frankfurt a. M./Berlin 1995
Otto Borst, Alltagsleben im Mittelalter, Frankfurt a. M. 1983
Diether Krywalski (Hg.), Die Welt des Mittelalters, Münster 1984
Werner Paravicini, Die ritterlich-höfische Kultur des Mittelalters, München 1994
Ferdinand Seibt, Glanz und Elend des Mittelalters, Berlin 1987
Karl-Heinz Spieß, Das Lehenswesen in Deutschland im hohen und späten Mittelalter, Idstein 2002
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