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Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Titel: Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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entscheiden. Das ist die Aufgabe der Universitätsverwaltung. Wir warten immer noch auf eine Entschuldigung.«
    »Heißt das, dass Sie und Ihr Faktotum generell zu feige sind, um in einer Regatta gegen mich anzutreten?«
    »Natürlich nicht!«
    »Gut, dann sage ich Ihnen was. Eine Entschuldigung wäre nur angebracht, wenn meine Aussagen nicht der Wahrheit entsprächen und ich Ihr Faktotum in fälschlicher Weise beschrieben hätte. Wie Sie wissen, ist Segeln nicht nur ein Akt der Körperlichkeit. Es geht auch darum, die Elemente und die Technik zu beherrschen. Ein großer Skipper ist auch immer ein großer Geist. Ich gebe Ihrem Faktotum die einmalige Gelegenheit, meine gestrige Rede zu widerlegen. Wenn er mich bei der Regatta schlägt, werde ich mich in aller Öffentlichkeit bei ihm entschuldigen. Nun, was sagen Sie zu meinem Vorschlag?«
    »Sieg oder Niederlage bei einer Übungsregatta würden rein gar nichts über die geistigen Anlagen meines Leibdieners aussagen«, erwiderte Otto. »Aber ja, selbstverständlich nehmen wir die Herausforderung an. Machen Sie sich auf eine saftige Niederlage gefasst. Komm mit, Moses. Es ist alles gesagt worden. Wir gehen jetzt nach Hause.«
    »Spätestens morgen haben Sie das Boot«, rief Professor von Trittin ihm nach. »Die Wettsegel-Bestimmungen lasse ich Ihnen in den nächsten Tagen zukommen.«
    Ohne sich noch einmal umzudrehen, hob Otto – als Zeichen seines Verstehens – die rechte Hand. Dann bog er von dem Vereinsgrundstück auf die Große Seestraße ab. Nachdem er seiner Verärgerung Luft gemacht hatte, fühlte er sich deutlich besser. Er zog seinen Gürtel straff und atmete die kühle Juniluft ein. Erst jetzt fiel ihm auf, wie ungeeignet seine Hausschuhe für einen längeren Marsch waren. Sie boten ihm kaum Halt, und seine Füße rutschten hin und her.
    Moses ging neben ihm her und hielt den Kopf gesenkt. Die Hände hatte er tief in den Hosentaschen vergraben. Plötzlich schoss er einen Stein vom Weg.
    »Was ist los?«, fragte Otto. »Freust du dich nicht?«
    »Weißt du, was du getan hast?«, fragte Moses.
    »Ich habe Professor von Trittin klargemacht, dass wir uns nicht alles gefallen lassen.«
    »Nein, du hast dir von ihm eine Falle stellen lassen. Du hast für die Übungsregatta zugesagt. Du hast alles dafür getan, damit wir uns am nächsten Sonntag lächerlich machen.«
    »Papperlapapp!«
    »Otto, die Gästekarte für den Segelverein kaufst du dir nur, um bei den Weinabenden und den Tanzfesten vorbeizuschauen und gesellschaftliche Kontakte zu pflegen. Du hast noch nie auf dem Wannsee gesegelt, du kannst gar nicht segeln. Und was das Schlimmste ist: Ich kann es auch nicht.«
    »Das siehst du völlig falsch. Mitte der achtziger Jahre habe ich meinen Cousin in Hamburg besucht und mehrere Nachmittage auf einer Alsterjolle zugebracht.«
    »Jetzt bestätigst du es noch. Du hast so gut wie keine Erfahrung im Segelsport.«
    »Das bisschen Backbord und Steuerbord werden wir uns schon beibringen.«
    »In acht Tagen?«
    »Manchmal kommt es eben darauf an, dass sich ein Mann einer Herausforderung stellt. Nur Mut! Wir werden das Kind schon schaukeln. Jetzt freu dich einfach, dass wir nicht klein beigegeben haben. Wieso steht da am Wegesrand eine Polizeikutsche?«
    Ein Schutzmann in Uniform sprang vom Kutschbock und zog seine Mütze vom Kopf. »Tach ooch, Herr Doktor«, sagte er. »Commissarius Funke schickt mir. Ick soll Ihnen sagen, det Se mit Ihrem Schwatten zum Polizeipräsidium kommen soll’n. Und ick soll Se chauffieren, wa.«
    Otto überlegte kurz, ob er den Schutzmann zurechtweisen sollte, aber im Gegensatz zu den vielen »Spitznamen«, die Moses wegen seiner Hautfarbe in den vergangenen Jahren erhalten hatte, war »Schwatter« wahrscheinlich nicht einmal abwertend gemeint. »Gedulden Sie sich einen Augenblick«, sagte er. »Ich ziehe mir nur anderes Schuhwerk an.«
    Während er zum Haus ging, dachte er, dass ihm der Commissarius noch nie eine Kutsche an den Wannsee geschickt hatte. Es musste etwas passiert sein, das von äußerster Dringlichkeit war.
    Polizeikutsche
    Der Schutzmann lenkte die Kutsche auf den Kronprinzessinnenweg, dem er bis nach Charlottenburg folgte. Während ein kräftiger Schauer auf das schwarze Verdeck prasselte, dachte Otto über den Grund seiner Konsultation nach.
    Nachdem er vor sechs Jahren bei der Überführung eines Serienmörders geholfen hatte, hatte die Kriminalpolizei hohe Erwartungen in seine Fähigkeiten gesetzt. Er hatte Commissarius

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