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Mord in Babelsberg

Mord in Babelsberg

Titel: Mord in Babelsberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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merkte, dass die anderen auf eine Antwort warteten. Welche wäre richtig?
    Magda stellte ihre Tasse ab und beugte sich vor. »Du musst es uns nicht sagen, wenn du nicht möchtest.«
    Ilse erhob sich halb von ihrem Stuhl. »Wenn ihr lieber allein …«
    »Nein.« Clara stand auf und trat ans Fenster. Ein leichter Wind ging durch die Bäume und ließ die Schatten auf dem Pflaster tanzen. Kinder hatten mit Kreide Hinkelkästchen auf den Gehweg gezeichnet und hüpften konzentriert umher, wobei sie den Stein vorsichtig mit dem Fuß voranschoben. Claraschaute ihnen zu, ohne Wehmut zu empfinden. War das ein Zeichen?
    Sie wandte sich um und sah die beiden Frauen offen an. »Ich wollte immer nur Leo.« Sie schluckte. »Ich betrachte Marie und Georg als meine Kinder. Aber … ich glaube, ich brauche kein eigenes Kind, um glücklich zu sein. Ich hatte früher so wenig und habe jetzt so viel. In den letzten Jahren bin ich glücklicher gewesen als je in meinem Leben. Nur weiß ich nicht, ob Leo …« Ihre Stimme wurde unsicher.
    »Das kann er dir nur selbst sagen«, meinte Ilse. »Du solltest mit ihm darüber sprechen.«
    »Ich weiß.«
    »Lass dir ein wenig Zeit und warte den richtigen Moment ab«, fügte Magda hinzu. »Alles wird gut. Ganz sicher.«
    Clara atmete tief durch. Hoffentlich würde sie den richtigen Moment erkennen.
    Um sieben hatten sich die Gäste in der Villa König versammelt und bildeten einen Halbkreis um das Rednerpult aus Ebenholz, das in der Mitte des Raums aufgebaut war. Viele Journalisten waren gekommen, wie König sich erhofft hatte, dazu einige enge Freunde und Schauspielerinnen und Schauspieler, die in seinem neuen Film mitwirkten. Sein Freund und Kompagnon Alfred Hahn, mit dem zusammen er die Gallus-Filmgesellschaft gegründet hatte. Alle waren bis zur offiziellen Premiere zu strengem Stillschweigen verpflichtet worden.
    Die diskreten Leuchten an den Wänden warfen gedämpfte Lichtkreise in den Raum, und es wurde still, als er ans Pult trat und sich räusperte. Elly stand an seiner rechten Seite, einen Schritt hinter ihm, um ihre Bedeutung zu betonen, ohne jedoch die Aufmerksamkeit zu sehr auf sich zu lenken. So hatten sie es besprochen.
    »Meine Damen und Herren von der Presse und den Wochenschauen, liebe Freunde«, begann König und schaute indie Runde. Obwohl seine Darsteller in den Filmen stumm agierten, wusste er aus seiner Zeit beim Theater, wie wichtig Intonation und dramatische Pausen waren. »Es ist schon ein Jahr her, dass mein letzter Film Undine in den Lichtspielhäusern Premiere gefeiert hat, und man hat mich oft gefragt, wann endlich ein neues Werk zu erwarten sei. Ich halte es mit meinen Plänen wie mit einem guten Wein: Ich gebe ihnen Zeit, um zu reifen und ihr volles Aroma zu entfalten. Nach dem Erfolg von Undine hätte ich rasch ein ähnliches Werk nachschieben können, doch genau das wollte ich vermeiden. Ich bin nicht wie manche Kollegen, die ihre Filme wie in einer Fabrik produzieren und Dutzendware liefern, weil sie fürchten, das Publikum könnte sie sonst vergessen.« Er legte eine erneute Pause ein. »Doch ihre Werke werden ebendarum vergessen, denn an ihnen ist nichts Besonderes, es mangelt ihnen an Sorgfalt, an Mühe, an Phantasie.«
    Er konnte sich diese Worte erlauben, auch wenn sie nicht zu seiner Beliebtheit beitrugen. Doch die hatte Viktor König noch nie interessiert. Wenn er rief, sollten die kommen, die wichtig waren, das allein zählte. Er brauchte zuverlässige Mitarbeiter, die besten, die zu haben waren, und es war bekannt, dass er gut zahlte. Er verlangte höchste Hingabe von allen, die an seinen Filmen mitwirkten, nicht zuletzt von sich selbst. Diese unbedingte Liebe zur Arbeit war nötig, wenn er Lang übertreffen wollte. Und genau das war seine Absicht.
    »Ich habe mich mit dem Stoff, den ich verfilmen wollte, so gründlich beschäftigt, als müsste ich eine Doktorarbeit darüber schreiben.« Leises Gelächter. » Die Insel des Magiers .« Er ließ die Worte fallen wie Kiesel in einen Teich, ließ sie Kreise ziehen und sich in alle Richtungen ausbreiten, bevor er fortfuhr. »Johann Kunckel von Löwenstern, Wissenschaftler und Scharlatan, Alchemist, Apotheker und Glasmacher.  – Elly.« Er streckte ihr mit einer fließenden Bewegung die Hand hin und hielt gleich darauf eine goldene Kugel in die Höhe. EinRaunen ging durch den Raum. »Man erzählt sich, der Kurfürst von Sachsen habe ihm tausend Taler im Jahr geboten, damit er Gold für ihn herstellte. Später

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