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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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er mit seinem Kinn Farbe von Holz hätte abkratzen können.
    »Ich hab den kurzen Strohhalm wegen diesem Fassmord gezogen«, sagte ich düster. Das brachte ihn zum Lachen, den faulen Drecksack. Es bedeutete, dass er sich nicht aufraffen musste; es gefiel ihm, mich leiden zu sehen. Das Lachen war offen unfreundlich. Ich war froh, nicht mit ihm zusammenarbeiten zu müssen.
    Ich sorgte dafür, dass sein Bier weiterhin floss. Ich blieb beim Wein, heimlich mit zusätzlichem Wasser verdünnt, wenn Silvanus nicht hinschaute.
    Ein halber Eimer Bier war nötig, um ihn einigermaßen gesprächig zu machen, dann ein weiterer halber, damit er mit seinem Genörgel aufhörte, wie sehr er das Klima hasste, die Abgelegenheit, die Frauen, die Männer und die sauschlechten Gladiatorenauftritte.
    »Londinium hat sich also ein eigenes kümmerliches Amphitheater zugelegt? Wenn ich das sagen darf, es ist ein bisschen weit draußen – und liegen Amphitheater nicht für gewöhnlich in der Nähe des Kastells? Na ja, obwohl ich das hier nicht gerade als Kastell bezeichnen würde!«
    »Ein neues soll gebaut werden, um die Fraternisierung einzudämmen.«
    »Als ob jemand das tun würde! Und, wie gefällt den Jungs die Arena?«
    »Mieses Ding, Falco. Nur Schaukämpfe und hübsche Mädchen in Rüstung.«
    »Heiße Sache! Sex und Schwerter … Was ihr für ein Glück habt!« Wir tranken. »Erzähl mir, wie die Stimmung hier zurzeit ist.«
    »Stimmung?«
    »Tja, als ich das letzte Mal in Londinium war, hatte Boudicca gerade voll zugeschlagen.«
    »Ach, das waren noch Zeiten!«, meinte Silvanus hämisch. Was für ein Schwachkopf. Er konnte damals nicht hier gewesen sein. Selbst einem so beschränkten Mann wie ihm hätte sich der Schmerz in die Seele gegraben.
    Falls er mich fragen sollte, in welcher Legion ich gedient hatte, würde ich lügen. Ich konnte es nicht ertragen, wenn dieses Leichtgewicht erfuhr, dass ich in der Zweiten Augusta war. Meine tragische Legion, zu der Zeit angeführt von einem kriminellen Idioten, hatte ihre Kameraden beim Ansturm der Stämme in Stich gelassen. Lieber nicht daran denken, was ein momentan dienender Zenturio daraus machen würde.
    Auch hatte ich nicht vor, Silvanus zu fragen, welcher Legion er zur Zierde gereichte. Der Zwanzigsten oder Neunten, wahrscheinlich; beide hatten gegen Boudicca gekämpft, und keine würde mir freundlich gesonnen sein. Dieser Tage befand sich eine der zusammengestoppelten neuen flavischen Legionen in Britannien, die Zweite Adiutrix. Die schloss ich aus. Silvanus kam mir nicht wie ein Mann aus einer neuen Legion vor; er sah ganz nach einem altem Hasen aus, von seinen zerkratzten Stiefeln bis zu seiner Schwertscheide, geschmückt mit individuellen Fransen, die wie Teile toter Ratten aussahen. Zumindest wusste ich, dass er nicht zu der grässlichen, hämischen Vierzehnten Gemina gehörte. Die war nach Germanien versetzt worden, um Manieren zu lernen, falls das überhaupt möglich war. Ich war ihnen dort begegnet – sie schubsten immer noch Leute rum und prahlten sinnlos.
    »Das Kaff hätte nie wieder aufgebaut werden sollen.« Silvanus wollte über die Stadt schimpfen, was mich wenigstens davon abhielt, über die Armee nachzudenken.
    »Katastrophen haben nun mal diese Wirkung, Mann. Vulkanausbrüche, Überflutungen, Lawinen – blutige Massaker. Die Toten werden begraben, dann wird im Gefahrengebiet wieder aufgebaut … Londinium hatte nie Charakter.«
    »Händler«, grummelte Silvanus. »Wein, Häute, Getreide, Sklaven. Verdammte Händler. Machen alles kaputt.«
    »Von denen kann man keine hohe Kunst und Kultur erwarten.« Ich nuschelte genauso wie er. Was mir leicht fiel. »Das hier ist nur eine Straßenkreuzung. Ein paar Handwerksbetriebe am Südufer, zwei mickrige Fähren, die den Fluss überqueren. Auf der Nordseite ein paar niedrige, stinkende Lagerhäuser … alles spricht dafür, dass hier nichts los ist.«
    »Das Ende der Straße!«, rief Silvanus aus. Von einem betrunkenen Zenturio genuschelt, klang es noch weniger verlockend als Petronius’ Genörgel.
    »Habt ihr dadurch Ärger?«
    »Lässt sich saumäßig schwer überwachen.«
    »Wieso das? Die Einheimischen scheinen doch friedlich zu sein.«
    »Wenn sie sich nicht gegenseitig in Brunnen stopfen?« Seine Stimme brach vor Häme, und ich merkte, wie sich mir die Nackenhaare aufstellten. Ich hatte Verovolcus gekannt, selbst wenn ich ihn nicht gemocht hatte. Silvanus entging mein Gesichtsausdruck. Er verbreitete sich über seine

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