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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Theorie. Ich sagte mir, das sei genau das, was ich wollte. »Die Stadt zieht allen möglichen Abschaum an, Falco.«
    »Wie kommt’s?«
    »Jeden Glücksjäger, der sich verloren hat oder sich finden will.«
    »Bestimmt ist es hier zu abgelegen für verträumte Touristen?«
    »Nicht für die Unzulänglichen. Für jeden Spinner mit einer verschrobenen Persönlichkeit. Wenn sie alle anderen Provinzen am Arsch der Welt abgeklappert haben, halten sie die Nase in den Wind und lassen sich hierher wehen. Kein Geld, keine Möglichkeit zum Arbeiten, kein Verstand.«
    »Hier ist es kalt und unwirtlich – was den Gammlern doch sicherlich nicht gefällt, oder?«
    »Oh, Sonne und Verführung sind nichts für Verlierer. Sie sehnen sich nach leerem, offenem Raum, sie wollen Entbehrungen ertragen, sie glauben, in der Wildnis zu leiden, wird ihr Leben verlängern.«
    »Also entscheiden sie sich für den Nebel am Rande der Welt, unter den legendären, blau gefärbten Männern? Und jetzt habt ihr diese Bevölkerung mit dem wilden Blick, die in armseligen Hütten haust – nutzlose, entwurzelte Typen, die plötzlich durchknallen könnten.«
    »Genau. Die passen nicht her.«
    »Sind welche davon auf der Flucht vor dem Gesetz?«
    »Manche.«
    »Das macht Spaß.«
    »Wahnsinnigen Spaß.«
    »Die lungern also hier rum und suchen nach einem neuen Anfang.«
    »Geraten mit den unschuldigen Briten aneinander, die den Besuchern bloß Schiefertabletts verkaufen wollen. Die Briten wollen hier nur Importeure von billigem Wein sehen, der sich als Falerner ausgibt. Und jetzt«, rief Silvanus, der kurz davor war, hinüber zu sein, was theoretisch das war, was ich brauchte, »kriegen wir auch noch die anderen.«
    »Wer sind die denn?«, murmelte ich.
    »Oh, diese Leute wissen genau, was sie tun«, blubberte er.
    »Und auf die muss man ein Auge haben, oder?«
    »Du sagst es, Falco.«
    »Und wer sind diese Leute?«, fragte ich geduldig.
    »Diejenigen, die gekommen sind, um die anderen auszunehmen«, sagte er. Dann legte er seinen Kopf auf die Arme, schloss seine verquollenen Augen und begann zu schnarchen.
     
    Ich hatte ihn betrunken gemacht. Jetzt musste ich ihn wieder nüchtern machen. Weil die Theorie nämlich nicht stimmt. Wenn man einen Zeugen bis an den Punkt bringt, wo er gleich wegkippt, weiß er nicht, dass er einem vorher noch alles erzählen soll – er sackt schlicht und ergreifend einfach zusammen.
    Diese Schenke war ein farbloser, kalter, sauberer Schuppen, eingerichtet für die Soldaten. Briten, Germanen und Gallier kennen normalerweise kein Straßenleben mit offenen Imbissbuden und Weinschenken. Daher war diese Schenke Roms großes Geschenk an eine neue Provinz. Wir brachten den Barbaren bei, auswärts zu essen. Wenn Soldaten in einem neuen Gebiet eintrafen, schickte die Armee sofort jemanden los, um einen geeigneten Ort zum Abhängen für die Jungs zu finden. »Ich will einen guten, sauberen Raum mit Bänken, die nicht umkippen, und einem funktionierenden Klo im Hof …« Zweifellos kam der örtliche Kommandant immer noch einmal im Monat her, um die Getränke zu kosten und die Schankkellnerinnen auf Krankheiten zu untersuchen.
    Die Einrichtung war wie üblich nichts sagend. Nackte Borde, gescheuerte Tische aus Weißholz, von denen sich die Kotze leicht abwischen ließ, und eine dreisitzige Latrine im Hinterhof, auf der Besoffene mit Verstopfung stundenlang sitzen und rührselig an zu Hause denken konnten. Die Schenke war nahe genug am Lager, dass die Jungs leicht zurückschlurfen konnten, wenn sie beduselt waren. Es war Jahre her, seit ich in einer Schenke wie dieser Gift getrunken hatte, und es hatte mir nicht gefehlt.
    Der Wirt war höflich. So was hasse ich.
    Als ich ihn um einen Eimer Wasser bat, wurde ich an den Brunnen geführt. Wir befanden uns hier auf viel höherem Gelände als der »Goldene Regen« und sicherlich um einiges über dem Grundwasserspiegel. Der Wirt bestätigte, dass es in diesem Teil der Stadt keine Quellen gab. Diesmal war die Brunneneinfassung ein ekliger Steinhaufen, grün von jahrzehntealten Algen. Zappelnde Dinger stießen gegen die Wasseroberfläche, und Mücken schwirrten zwischen den Steinen. Wenn Verovolcus hier hineingestopft worden wäre, hätte er nicht mehr als eine eklige Haarwäsche bekommen. Wir mussten den Eimer seitwärts halten und bekamen ihn nur halb voll.
    »Mehr geht nicht?« Ich hatte im Vorjahr diese böse Erfahrung mit einem Brunnen in Rom gemacht. Mir brach der Schweiß aus.
    »In der

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